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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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so ein Lärm, dass wir in den Tiefen der Wohnung ein Kind aufschreien hörten, woraufhin eine englische Nanny mit der molligen kleinen Scottie auf dem Arm im Türrahmen erschien. Sie trug aufwändige Schlafkleidung mit einer dicken Schleife, die auf eine Seite ihres feinen blonden Haars fiel. Ihr Gesicht war ganz reizend zerknittert vom Kopfkissen.
    »Oh, da ist ja mein Liebling«, rief Zelda und stand auf, um sich das Mädchen zu schnappen. »Bist du mein kleines süßes Lämmchen?« Das Mädchen lächelte verschlafen und schien zufrieden, doch sobald Zelda sich mit ihr in einen goldumrandeten, abgenutzten Ohrensessel gesetzt hatte, war sie schon wieder so abgelenkt, dass das Mädchen von ihrem Schoß auf den Fußboden fiel. Zelda schien es noch nicht einmal zu bemerken. Die Nanny huschte ins Zimmer und brachte die nun heulende Scottie hinaus. Zelda wandte sich mir zu und fragte: »Was hast du gerade gesagt?« Ihr Blick schien zerstreut und abwesend, als befände sich ihr Geist auf einem völlig anderen Planeten. »Weißt du, ich will unbedingt, dass meine Scottie ein richtiger Flapper wird. Hübsch und unergründlich und ganz in Silber gewandet.«
    »Sie ist wirklich entzückend«, sagte ich.
    »Nicht wahr? Und sie wird niemals hilflos sein. Das kann man jetzt schon sehen, oder?« Sie sprach plötzlich mit erschreckender Heftigkeit.
    »Ja«, bestätigte ich und fragte mich, ob Ernest recht gehabt hatte. Aber wer konnte schon echten Wahnsinn von dem Rauschzustand unterscheiden, den der überall in Strömen fließende Champagner auslöste?
    Nach allem, was ich mitbekam, fand die Party für die beiden kein Ende. Weniger als eine Woche darauf tauchten sie um sechs Uhr morgens in der Sägemühlenwohnung auf und waren immer noch betrunken von der vorangegangenen Nacht.Wir schliefen tief und fest, als sie anfingen, gegen unsere Tür zu hämmern und unsere Namen laut zu trällern. Es schien ihnen nichts auszumachen, dass wir ihnen im Pyjama öffneten. Wir machten Kaffee, den sie jedoch unberührt ließen. Sie lachten und schworen einem Balletttänzer ewige Treue, den sie am Abend zuvor im Café getroffen, von dem wir allerdings noch nie etwas gehört hatten.
    »Zelda ist nämlich sehr feinsinnig, was Kunst angeht«, erklärte Scott. »Mein Mädchen, sie ist einfach nicht von dieser Welt.«
    Auf Zeldas Gesicht zeigte sich gespieltes Entsetzen. »Du wirst es ihnen doch wohl nicht sagen, oder?«
    »Vielleicht wäre es aber besser, Darling. Sie werden es doch sowieso erraten.«
    »Nun denn.« Ihre Augen weiteten sich. »Kürzlich war ich sehr in einen anderen Mann verliebt. Es hat mich beinahe umgebracht und Scott ebenso.«
    Scott stand hinter ihr und machte eine Bewegung, als glättete er ihr Haar, wobei er es jedoch nicht berührte. »Es hat uns beinahe umgebracht, aber den Kerl brachte es tatsächlich um. Furchtbar. Es stand in allen Zeitungen. Ihr müsst davon gehört haben.«
    Ich schüttelte den Kopf und sagte: »Es tut mir sehr leid, dass ihr all das durchmachen musstet. Das hört sich wirklich schrecklich an.«
    »Ja, nun«, machte Zelda und änderte blitzschnell ihr ganzes Gebaren, als hätte ein unsichtbarer Regisseur gerade »Cut« gerufen. »Der Mann wollte eben für mich sterben. Und Scott und ich sind uns dadurch so viel näher gekommen.«
    Ernest zuckte zusammen, sagte jedoch nichts und starrte nur in seine Kaffeetasse. Ich sah, dass er sich noch nicht sicher war, was er von den beiden halten sollte. Sie schienen definitiv nicht zu uns zu passen, andererseits wusste ich gar nichtmehr genau, wer überhaupt noch zu uns passte. Die Regeln änderten sich anscheinend ständig.
    »Ich wusste, dass sie nicht alle Tassen im Schrank hat«, sagte Ernest, als sie fort waren. »Aber jetzt bin ich mir bei ihm auch nicht mehr sicher. Sie scheint ihn auszusaugen wie eine Art Vampir.«
    »Sie scheint Scott zumindest an der kurzen Leine zu führen«, gab ich zu.
    »Ich würde mir das nicht bieten lassen.«
    »Das müsstest du doch auch gar nicht«, verteidigte ich mich barsch.
    »Schon gut, Tatie. Das habe ich doch nicht so gemeint. Du bist ganz und gar nicht wie diese Zelda. Sie ist so eifersüchtig auf Scotts Arbeit; ich glaube, sie wäre glücklich, wenn er nie wieder auch nur ein einziges Wort schreiben würde.«
    »Wovon sollten sie leben, wenn er nicht mehr schreibt?«
    »Er hat mir erzählt, dass sie letztes Jahr einfach so dreißigtausend Dollar ausgegeben haben.«
    »Sie leben von dreißigtausend im Jahr und wir von

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