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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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worden. Tote Fische lagen am Ufer und verstopften kleine Wasserlachen. Es war kaum zu ertragen, aber wir blieben dennoch einige Tage dort und wollten es an den kleineren Flussläufen in der Umgebung probieren. Doch keiner von uns fing auch nur einen einzigen Fisch.
    Bill Smith, ein Freund aus Chicagoer Zeiten, begleitete uns auf der Reise, nachdem Ernest ihm von den erstklassigen Angelmöglichkeiten und den darauf folgenden Stierkämpfen vorgeschwärmt hatte. Wir hatten ihn das letzte Mal im Domizil gesehen. Nachdem Kenley und Ernest sich zerstritten hatten, war die Spannung in all unseren Beziehungen zum Smith-Clan zu spüren gewesen, doch mittlerweile schrieben wir uns wieder regelmäßig Briefe mit Kate, die in Chicago als Journalistin arbeitete. Und als Bill uns in Paris besuchen kam, stellten wir erfreut fest, dass er sich kaum verändert hatte, immer noch viele lebhafte Geschichten auf Lager hatte und für jeden Spaß zu haben war. Er hatte all seine Fliegen nach Spanien mitgebracht, mit denen sie in den Sommern in Michigan beim Fischen im Sturgeon oder im Black River immer so erfolgreich gewesen waren. Ich befürchtete schon, Ernest würde gleich beginnen zu weinen, als Bill seine Anglerkiste öffnete, um ihm die Fliegen zu zeigen, da diese nun vollkommen nutzlos waren.
    Das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte, verließ uns auch in Pamplona nicht. Wir waren umgeben von Freunden, und es hätte eine fröhliche Angelegenheit sein müssen, doch das war es nicht. In Paris waren Ernest und Duff zwar auch schon umeinander herumgestrichen, aber es war die meiste Zeit über harmlos gewesen. Dann war jedoch etwas dazwischengekommen, und zwar in Form von Harold. Er hatte sich mächtig in Duff verliebt und war mit ihr für eine Woche nachSt.-Jean-de-Luz gefahren. Als Kitty mir von der Affäre berichtete, sagte sie, Harold habe sich in der letzten Zeit so merkwürdig verhalten, dass sie schon etwas in der Art vermutet hatte. Ich hatte die Beziehung zwischen Harold und Kitty nie ganz verstanden, und ich war ebenfalls erstaunt darüber, wie heftig Ernest reagiert hatte. Es hätte ihm eigentlich nichts ausmachen dürfen, schließlich hatte er, was Duff betraf, nicht das Recht, eifersüchtig zu sein. Doch er war es, und bald wusste es jeder.
     
    An dem Morgen, an dem die Kämpfe begannen, standen wir alle in der Dämmerung auf, um uns den Stierlauf anzusehen. Als ich ihn das erste Mal erlebt hatte, in dem Sommer, in dem ich mit Bumby schwanger war, schien er so schnell vorüber zu sein, dass ich mich kaum daran erinnern konnte, was ich gesehen hatte. Dieses Mal war Bumby bei Madame Cocotte in Paris in Sicherheit, und auch wenn ich geglaubt hatte, ich könnte eine Pause von meinem Rund-um-die-Uhr-Job als Mutter gut gebrauchen, wusste ich doch nicht genau, wie ich mich nun fühlen sollte, da ich wieder mein eigener Herr war.
    Die Straßen waren an diesem Morgen rutschig. Vor Anbruch der Dämmerung war ein leichter Regen gefallen, und man konnte sehen, wie die Stiere auf dem Kopfsteinpflaster nach Halt suchten. Einer von ihnen glitt aus und musste sich wieder hochkämpfen, wobei er den Hals reckte und seine Augen zurückrollte, bis nur noch das Weiße darin zu sehen war. Das Ganze schien in Zeitlupe abzulaufen.
    Wir standen direkt hinter einer niedrigen Mauer und waren nahe genug dran, um den animalischen Schweiß der Stiere und die Aufregung der Zuschauer riechen zu können. Wobei ein paar von uns nicht zusehen mochten oder konnten.
    »Diese Stiere gibt es schon seit Ewigkeiten«, hatte Ernest Bill am Abend zuvor im Café erklärt. »Seit sechshundert Jahrenwerden sie gezüchtet, um das hier zu tun, um in die Arena zu rennen und alles aufzuschlitzen, was ihnen auf ihrem Weg in ihren eigenen sicheren Tod in die Quere kommt. Das ist verdammt schön mitanzusehen. Warte nur, bis du es selbst erlebst.«
    »Ich bin bereit«, behauptete Bill, doch unten auf der Straße mit bester Sicht aufs Geschehen schien seine Überzeugung ins Wanken zu geraten. Wir sahen, wie ein junger Mann zu nahe an einen kräftigen Stier herankam und nur fünf Meter von uns entfernt gegen die Mauer gestoßen wurde. Wir hörten, wie der hinter seinem Rücken eingeklemmte Arm gebrochen wurde. Er schrie auf und versuchte die Mauer zu erklimmen. Es war furchtbar, die Angst in seinem Gesicht mitanzusehen.
    »Zu viel für dich, alter Junge?«, fragte Ernest, der bemerkt hatte, dass Bill den Blick abwandte.
    »Kann schon sein«, erwiderte Bill.
    Ernest stand mit

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