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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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dass ihnen weitere folgten. »Es tut mir leid«, sagte sie mit erstickter Stimme, und dann rannte sie davon, und ihre guten Schuhe trippelten über die rosa Steine.

Siebenunddreißig
    Wenn er Pfife in ihrem hübschen Mantel auf der Straße erblickte, sah sie immer so frisch und lebenslustig aus. Wenn er mit ihr sprach, legte sie den Kopf zur Seite, kniff die Augen zusammen und hörte ihm zu. Sie hörte mit ihrem ganzen Körper zu, und so sprach sie auch. Wenn sie etwas über seine Arbeit sagte, hatte er das Gefühl, sie verstand, was er zu tun versuchte und weshalb es von Bedeutung war. All das gefiel ihm, aber er hatte nicht vorgehabt, einen Schritt weiter zu gehen. Hadley hatte sich mit Halsschmerzen ins Bett gelegt, und die beiden waren noch aufgeblieben und hatten geredet. Als es Zeit für sie war, zu gehen, brachte er sie nach Hause, statt sie in ein Taxi zu setzen. Es waren mindestens fünf Kilometer, doch sie brachten die Strecke in einer Art Trancezustand hinter sich. Sie lächelten sich immer wieder merkwürdig an, und ihre Schritte hallten auf dem Kopfsteinpflaster wider. Sie wurden immer langsamer, je näher sie ihrer Haustür kamen, aber schließlich mussten sie stehenbleiben.
    Sie drehte sich zu ihm um und sagte: »Du darfst mich küssen.«
    »In Ordnung«, erwiderte er und küsste sie innig auf den Mund. Dann lief er, von Verlangen durchströmt, allein nach Hause und fragte sich, ob Hadley einen Verdacht schöpfen würde.
    Ein paar Tage später trafen sie sich zufällig im Dingo wieder. Zumindest war es für ihn ein Zufall. Sie tranken beide einen Pernod, und dann bemerkte sie: »Wenn wir hierbleiben, werden irgendwann ein paar unserer Freunde auftauchen, und dann müssen wir den ganzen Abend bleiben.«
    »Wo sollen wir denn hingehen?«
    Sie warf ihm einen ernsten Blick zu und bezahlte dann selbst die Rechnung, woraufhin sie sich rasch auf den Weg zu ihrer Wohnung in der Rue Picot machten. Ihre Schwester war ausgegangen, und sie machten nicht einmal das Licht an oder gaben vor, sie wären aus irgendeinem anderen Grund hier. Ihn überraschte ihre Heftigkeit – schließlich war sie doch ein sehr katholisches Mädchen, und er hätte erwartet, dass sie schüchtern und schuldbewusst sein würde. Doch die Schuldgefühle kamen erst viel später. Für den Augenblick war da nur ihre wunderbare und vollkommen überzeugende Fremdartigkeit. Ihre engen Hüften und langen weißen Beine ähnelten denen seiner Frau nicht einmal ansatzweise. Ihre Brüste waren wie feste halbe Pfirsiche, und sie war insgesamt ein ganz neu zu entdeckendes Land. Er war sehr glücklich, bei ihr zu sein, solange er nicht darüber nachdachte, was es bedeutete.
    Als er nach Hause zu seiner Frau zurückkehrte, fühlte er sich deswegen erbärmlich und schwor sich, dass es nie wieder geschehen würde. Und als es dann doch wieder und wieder und mit immer mehr Planung und Absicht geschah, fragte er sich, wie er je wieder aus diesem Schlamassel herauskommen sollte. Wenn Hadley davon erführe, würde es sie gleich doppelt umbringen, da sie von zwei Menschen zugleich betrogen wurde. Wenn sie es aber nicht erführe – nun, das wäre eigentlich sogar noch schlimmer. So war es ja noch nicht einmal real für ihn, da sie doch sein Leben war und nichts von Bedeutung sein konnte, wenn es ohne ihr Wissen geschah.
    Er liebte sie beide, und das bereitete ihm unendlichen Schmerz. Er trug ihn mit sich herum wie ein Fieber, und ihm wurde schlecht, wenn er nur daran dachte. Manchmal, nach schlaflosen Stunden, kam ihm der Gedanke, dass er lediglich sein Leben ändern musste, damit es zu den neuen Umständen passte. Pound hatte das hinbekommen. Er besaß sowohl Shakespear als auch
Olga, und niemand zweifelte daran, dass er sie beide liebte. Er musste nicht lügen; alle wussten alles, und es funktionierte, weil er nicht lockergelassen und keine Zugeständnisse gemacht oder sich selbst verleugnet hatte.
    Das war der Trick dabei, oder nicht? Ford war beinahe so alt wie sein Vater, aber auch er hatte es hinbekommen. Als seine erste Ehefrau sich nicht von ihm scheiden lassen wollte, hatte er einfach seinen Namen geändert und Stella geheiratet, die so schön und wahrhaftig und doch auch nie genug war. Er hatte etwas mit Jean Rhys angefangen und sie mit in ihr Haus ziehen lassen, in dem Stella in einem Zimmer malte und das Baby in einem anderen schrie. In einem dritten Zimmer redigierte er Jeans Bücher und schlief mit ihr. Alle nannten Jean »Fords Mädchen« und

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