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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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Stella »Fords Frau«, und damit war offensichtlich alles geklärt.
    Warum konnte Pfife nicht einfach sein Mädchen sein? Vielleicht wäre das ein tödliches Arrangement, aber das konnte die Ehe doch schließlich auch sein, wenn sie das Feuer in einem erstickte. In der Ehe konnte man verstummen. Ein neues Mädchen brachte einen zum Reden, und wenn man ihr alles erzählte, wurde es wieder neu und frisch. Sie brachte einen hinaus aus seinem Kopf und ließ das Gefühl verschwinden, dass der beste Teil von einem Stück für Stück abrasiert wurde. Das hatte man ihr zu verdanken. Und daran würde man sich stets erinnern, was auch immer noch Schreckliches geschehen mochte.

Achtunddreißig
    »Lass mich nach ihr sehen«, sagte Jinny und folgte Pauline zum Rand des Gartens auf einen von Weiden umwachsenen grünen Böschungsabsatz. Ich konnte nicht hören, worüber sie sprachen, doch ich sah, wie Pauline ihren Kopf in den Händen vergrub und vor und zurück schaukelte. Da kam mir plötzlich in den Sinn, wie tapfer es von Pauline gewesen war, mich einzuladen, mehrere Tage an ihrer Seite zu verbringen, obwohl sie unsterblich in meinen Mann verliebt war. Sobald sich dieser Gedanke in meinem Kopf verfestigt hatte, wusste ich, dass ich nicht die eifersüchtige Ehefrau war. Es war nun einmal so und konnte nicht geändert werden. Sie war durch den Garten gelaufen und hatte das Gefühl gehabt, alles darin spräche zu ihr von dem Glück, das ihr nicht vergönnt war. Ernest und ich waren der Garten, wir konnten sie nur zerstören und hatten bereits damit begonnen.
    Jinny beugte sich vor, flüsterte ihr sanft und eindringlich etwas ins Ohr, und Pauline schien sich ein wenig zu beruhigen. Doch als Jinny versuchte, sie zurück zu der Stelle zu führen, an der ich wartete, weigerte sie sich. Schließlich trat Jinny allein zu mir.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Sie ist Pandoras Büchse der Launenhaftigkeit. Und sie war schon immer so, auch als Kind.«
    »Bitte sag mir die Wahrheit, Jinny. Hat es etwas mit Ernest zu tun? Hat Pauline sich in ihn verliebt?«
    Jinny sah mich überrascht an. Ihre Augen leuchteten braun und klar unter den akkuraten Fransen ihres Ponys. »Ich glaube, sie lieben einander.«
    Da erst erkannte ich den Teil, der mir zuvor verborgen geblieben war, und fühlte mich deswegen schrecklich dumm. »Oh«, machte ich, und mir fiel nichts weiter dazu ein.
     
    Den Rest der Reise verbrachte ich wie in Trance. Vor uns lag noch ein weiterer, nicht enden wollender Tag, den ich leidend hinter mich brachte. Ich konnte mich nicht zusammenreißen und so tun, als wäre alles in Ordnung. Ich brachte es kaum fertig, mich höflich mit Pauline und Jinny zu unterhalten. Es war zu offensichtlich, dass die beiden Schwestern viel gelassener waren und sich gar zu amüsieren schienen, seit Paulines Geheimnis enthüllt war. Ich begann zu glauben, sie hätten die Reise überhaupt nur geplant, damit ich auf die eine oder andere Weise von der Affäre erführe.
    Wir fuhren auf demselben Weg zurück, auf dem wir gekommen waren, und sahen viele der Schlösser noch einmal aus der Entfernung, vom Sonnenlicht beschienen oder im Nebel schwebend, als bestünden sie aus Helium. Doch ihre Schönheit berührte mich nicht mehr. Mein Kopf schwebte ebenfalls hoch über meinem Körper, während ich mich fragte, wie weit die Sache zwischen Ernest und Pauline schon gegangen war und wie weit es für uns alle noch gehen würde. Hatten sie das Verhältnis begonnen, als Ernest vor und nach seiner New-York-Reise in Paris war, oder sogar schon früher, noch in Schruns? Mir wurde schlecht, wenn ich mir die beiden dort zusammen vorstellte. Das war unser Garten. Unser Lieblingsplatz. Doch womöglich war mittlerweile gar nichts mehr sicher.
    In Paris brachten Jinny und Pauline mich zur Sägemühle, wo sie mich einfach aussteigen ließen. Sie fragten nicht, ob sie noch mit hinaufkommen könnten, und ich bot es ihnen auch nicht an. Wenn Pauline zum Fenster im zweiten Stock hinaufschauen wollte, um zu sehen, ob Ernest zu ihr hinunterblickte, dann widerstand sie diesem Bedürfnis. Sie saß mit ihrem hellgrauenHut einfach nur da und richtete ihren Blick starr nach vorn. Wir verabschiedeten uns wie zwei Menschen, die sich kaum kennen.
    Oben lag Ernest im Bett und las, während Bumby mit Marie Cocotte unterwegs war. Er legte sein Buch nieder, als ich ins Zimmer trat, und sah mich mit wachsender Erkenntnis an, wie ich zitternd vor ihm stand, nicht in der Lage, Hut und Mantel

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