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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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Cocotte war angereist, um sich um Bumby zu kümmern, und ich war erleichtert, als ich die Villa zum ersten Mal verlassen konnte.
    Ernest sah bei seiner Ankunft blass und müde aus. In Madrid war es kalt gewesen, und er hatte an den meisten Tagen bis spät in die Nacht hinein gearbeitet. Ich war immer noch erschöpft von meinen Sorgen um Bumby und wusste auch nicht, was Ernest mir gegenüber empfand, doch er begrüßtemich mit einem schönen langen Kuss und erklärte, dass er mich vermisst habe. Ich ließ mich küssen und fragte ihn nicht, was er beschlossen hatte, wegen der Sache mit Pauline zu tun. Ich traute mich nicht, ihren Namen auch nur zu erwähnen, und da ich es nicht konnte, obwohl unser gemeinsames Leben auf dem Spiel stand, fühlte ich mich absolut machtlos. »Du hast mir auch gefehlt«, sagte ich und zog mich für die Party an.
    Gerald hatte keine Kosten gescheut, um Ernest in der Stadt willkommen zu heißen, und warum auch? Die Murphys hatten ihr Geld geerbt und nie ohne welches leben müssen. In Glasschüsseln trieben Kamelien im Wasser, und es gab Berge von Austern und Maiskolben, auf denen Zweige frischen Basilikums lagen. Es schien durchaus möglich, dass die Murphys auch den tiefvioletten Himmel über dem Mittelmeer und die Nachtigallen, die in den Hecken eine Serie von Crescendos zwitscherten, extra bestellt hatten. Langsam ging es mir auf die Nerven. Musste denn immer alles so choreographiert und kultiviert sein? Wer konnte dem Ganzen denn noch vertrauen?
    Während wir auf Scott und Zelda warteten, erzählte Ernest der Tischgesellschaft von seiner Korrespondenz mit Sherwood Anderson über
Die Sturmfluten des Frühlings
, die soeben in den Staaten erschienen waren.
    »Ich musste ihm schreiben«, erklärte er. »Das Ding sollte in den nächsten Tagen erscheinen, und ich wollte ihm erklären, wie es dazu gekommen war und warum ich mich nach allem, was er für mich getan hatte, nun wie ein Arschloch verhielt.«
    »Gut gemacht, Hem«, rief Gerald.
    »Ja, genau. Das würde man denken, oder?«
    »Er hat es nicht gut aufgenommen?«, wollte Sara wissen.
    »Er schrieb, es sei der beleidigendste und herablassendste Brief, den er je bekommen habe, und das Buch selbst sei der letzte Mist.«
    »Das hat er doch wohl nicht wirklich geschrieben?«, fragte ich.
    »Nein, er schrieb, dass es vielleicht lustig gewesen wäre, wenn es ein Dutzend statt hundert Seiten gehabt hätte.«
    »Ich fand es wahnsinnig komisch, Hem«, sagte Gerald.
    »Du hast das Buch gar nicht gelesen, Gerald.«
    »Nein, aber nach allem, was du gesagt hast, muss es doch sehr, sehr lustig sein.«
    Ernest wandte sich mürrisch von Gerald ab und seinem Glas Whisky zu. »Von Stein habe ich auch einiges zu hören bekommen«, sagte er, als er das Glas wieder abgesetzt hatte. »Sie meint, ich sei ein Scheißkerl und ein übler Hemingstein und solle zur Hölle fahren.«
    »Ach herrje«, rief Sara. »Tut mir leid, das zu hören.«
    »Ach, zum Teufel mit ihr.«
    »Komm, Tatie, das meinst du nicht so. Sie ist immerhin Bumbys Taufpatin.«
    »Dann ist er schlecht dran, oder?«
    Ich wusste, dass Ernests Tapferkeit nur vorgetäuscht war, aber ich fand den Gedanken schrecklich, dass wir wegen seines Stolzes und seiner Launenhaftigkeit nun schon so viele gute Freunde verloren hatten. Das hatte bereits mit Kenley in Chicago begonnen. Lewis Galantière, unser erster Freund in Paris, sprach nicht mehr mit Ernest, seit dieser seine Verlobte eine »elende Beißzange« genannt hatte. Bob McAlmon hatte irgendwann genug von Ernests Prahlerei und Grobheit gehabt und wechselte in Paris mittlerweile die Straßenseite, um uns aus dem Weg zu gehen. Harold Loeb hatte sich nie von Pamplona erholt, und nun führten Sherwood und Gertrude, Ernests ehemals größte Förderer, diese lange, traurige Liste an. Wie viele würden noch hinzukommen, fragte ich mich, als ich den Blick über den kerzenbeschienenen Tisch schweifen ließ.
    »Hemmy, mein Junge!«, rief Scott, als er und Zelda die Stufen vom Strand heraufkamen. Scott hatte Socken und Schuhe ausgezogen und seine Hosen hochgekrempelt. Die Krawatte hing ihm locker um den Hals, und seine Jacke war ganz zerknittert. Er wirkte voll wie eine Strandhaubitze.
    »Warst du schwimmen, Scott?«, fragte Ernest.
    »Nein, nein. Ich bin so trocken wie ein Knochen.«
    Zelda ließ ein kleines grunzendes Lachen hören. »Ja, ja, Scott. Du bist völlig trocken, und deshalb hast du auch gerade dem armen Mann am Pier den gesamten Longfellow

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