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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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ihn keiner begleiten wollte. Ernest rollte sich auf die Seite und strich mir über meine nackte Schulter. Seine Berührung ließ mich wohlig erschaudern. Dann zog er mich an sich, drehte mich wortlos auf den Bauch und bedeckte meinen Körper mit seinem. Er war schwer und warm, und ich spürte seine Lippen und seine Stirn in meinem Nacken.
    »Beweg dich nicht«, sagte er.
    »Ich atme kaum.«
    »Gut.«
    »Das Langsame gefällt mir.«
    »Ja.« Er legte seine Arme rechts und links neben mich, um mich nicht komplett zu zerdrücken, dabei wollte ich ganz gern ein wenig zerdrückt werden.
    Als wir hinterher im Dunkeln lagen, drang immer noch Gelächter von der Straße zu uns herauf. Die Musik war lauter und wilder geworden. Ernest war erneut schweigsam, und ich fragte mich, ob er an Schio dachte, an alles, was er dort nicht gefunden hatte, und an die Traurigkeit, die er von dort mitgenommen hatte.
    »Soll ich das Fenster zumachen?«
    »Es ist viel zu heiß, und es würde sowieso nichts nutzen. Versuch einfach zu schlafen.«
    »Dich beschäftigt doch etwas. Willst du es mir sagen?«
    »Reden bringt jetzt auch nichts.«
    Seinem Tonfall hörte ich an, dass er äußerst niedergeschlagen war, doch ich war so naiv zu glauben, ich könnte ihm beim Verarbeiten helfen, wenn ich ihn nur zum Reden brächte. Also drängte ich ihn sanft weiter, und schließlich platzte es aus ihm heraus: »Wenn du es unbedingt wissen willst, es geht um Sex. Irgendwie fühle ich mich danach immer so leer und einsam.«
    »Wie schrecklich«, sagte ich. Seine Worte hatten mir einen Stich versetzt. Wir waren uns doch gerade erst so nah gewesen, oder zumindest hatte ich es so empfunden.
    »Es tut mir leid. Es hat nichts mit dir zu tun.«
    »Natürlich hat es das. Wir machen es einfach nie wieder, uns zwingt schließlich niemand dazu. Und mir macht es nichts aus.«
    »Uns macht es aber etwas aus. Das siehst du doch.«
    »Nein.«
    Er zog mich an sich. »Bitte, mach dir keine Sorgen, sag mir einfach nur, dass du mich liebst.«
    »Ich liebe dich«, sagte ich, küsste ihn auf die Hände und Augenlider und versuchte, seine Worte zu vergessen. Doch das konnte ich nicht. Ich konnte nie etwas vergessen, das er zu mir sagte. So war es nun einmal.
    »Schlaf jetzt.«
    »In Ordnung«, sagte ich.
    Er stand auf und zog sich an. Es musste drei oder vier Uhr morgens sein.
    »Du wirst doch jetzt nicht etwa arbeiten?«
    »Vielleicht nicht«, erwiderte er. »Aber ich werde es zumindest versuchen.«
    Ich hörte, wie er die Wohnung verließ, und lauschte seinen Schritten auf der Treppe, bis er unten angelangt war, dann schlief ich für ein paar Stunden ein. Als ich aufwachte, war er immer noch fort, und die Luft in der Wohnung war bereits aufgeheizt und stickig. Ich trat die Bettdecke von mir, zog meinen Morgenrock über, ging in die Küche und machte mir einen Kaffee. Die Musikanten vom vorigen Abend waren immer noch auf der Straße, und sie nur zu hören machte mich schon müde. Wie brachten sie es bloß fertig, so lange zu spielen? Schliefen sie etwa im Stehen, an einen Türrahmen gelehnt? Schliefen sie überhaupt?
    Nach dem Frühstück wusch ich mich und zog mich an. Dann setzte ich mich für ein paar Stunden ans Klavier, doch es war keine befriedigende Beschäftigung. Der Tag war zu heiß, und meine Gedanken schweiften immer wieder zur vergangenen Nacht ab. Ich legte mich wieder hin, bis ich irgendwann Marie Cocotte in der Küche den Abwasch machen hörte. Wir hatten sie über die Concierge in unserem Haus gefunden, und nun kam sie jeden Morgen als
femme de ménage
und wusch und kochte für zwei Francs pro Stunde. Marie war nicht mehr ganz jung und hatte keine Kinder; sie war zierlich, aber stark und hatte flinke und geschickte Hände. Ihren Spitznamen
cocotte
, ein saloppes französisches Wort für »Prostituierte«, hatte sie erhalten, weil sie für uns oft ein herrliches Gericht mit dem Namen
poulet en cocotte
zubereitet hatte. An einigen Tagen in der Woche kam sie am späten Nachmittag ein zweites Mal, um unser Abendessen vorzubereiten, und da sie so vorzüglichkochte, hatte ich sie gebeten, mir ein paar französische Rezepte beizubringen. Doch nun, im Hochsommer, wollte ich mich überhaupt nicht in der Küche aufhalten und aß vor Ernests Rückkehr meist nur etwas Obst oder gar nichts. Wenn es dann dunkel und etwas kühler wurde, und es sich wieder normal anfühlte, etwas zu essen oder auch nur Hunger zu haben, gingen wir auf einen Aperitif in ein Café.
    »Guten Morgen,

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