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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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Aufteilung des Osmanischen Reiches infolge des Krieges vor drei Jahren, doch mit diesem Feuer brach der Konflikt endgültig los. Niemand wusste, wer dafür verantwortlich war. Die Griechen beschuldigten die Türken und andersherum; das Einzige, das feststand, waren die tragischen Auswirkungen. Der Hafen und viele der griechischen und armenischen Stadtviertel waren mit Petroleum in Brand gesetzt worden. Menschen wurden aus ihren Häusern auf die Straßegetrieben. Dutzende ertranken im Hafen, andere wurden an Ort und Stelle niedergemetzelt. Viele flohen in die Berge. Wir saßen in sehr gedrückter Stimmung in diesem Café bei unserem vorzüglichen Mittagessen, da wir bislang so wenig von diesem Konflikt mitbekommen hatten.
    »Ich werde es wohl noch früh genug selbst sehen«, mutmaßte Chink mit ernster Miene.
    »Das werde ich vielleicht ebenfalls«, erwiderte Ernest, und mich durchfuhr ein eisiger Schauer.
    »Das meinst du doch nicht ernst«, sagte ich.
    »Ich weiß nicht. Es wäre möglich.«
    »Ich wollte schon immer mal nach Istanbul«, verkündete Chink.
    »Wobei
Konstantinopel
einfach der bessere Name ist«, fiel Ernest ein. »Oder
Byzanz

    »Stimmt«, bestätigte Chink. »Nun, wie es auch heißt, gerade scheint es vor die Hunde zu gehen.«
     
    Als wir wieder in Paris waren, hatten wir noch nicht einmal unsere Koffer ausgepackt, da bekam Ernest schon ein Telegramm vom
Star
. Wie er es erwartet hatte, schickte John Bone ihn in die Türkei, um von den Kämpfen dort zu berichten. Er musste in drei Tagen fahren. Er hatte die Neuigkeit gerade erst verkündet und hielt den Umschlag noch in der Hand, als ich spürte, wie ich völlig resignierte.
    »Was hast du denn?«, wollte Ernest wissen, als er meinen Gesichtsausdruck sah. »Ich werde nicht lange weg sein. Wie damals in Genua. Und dann komme ich nach Hause, und wir sind wieder zusammen.«
    Ich hatte ihm nie gesagt, wie schlecht es mir ging, als er in Genua war; dass damals jeder Tag ohne ihn zu einem Kampf mit mir selbst wurde.
    »Ich will nicht, dass du gehst«, erklärte ich.
    »Was?«
    »Sag ihnen, dass du nicht kannst, weil ich krank bin.«
    »Was redest du da für einen Unsinn?«
    »Aber ich
bin
krank, siehst du das denn nicht? Endlich sage ich dir einmal, wie es wirklich ist.«
    »Nein, du führst dich einfach nur kindisch auf. Das hier ist bloß ein Trotzanfall, und ich möchte, dass du sofort damit aufhörst.«
    Da begann ich zu weinen, was das Schlimmste von allem war, da er Tränen verabscheute.
    »Bitte hör auf«, sagte er. »Wir hatten doch gerade so eine schöne Zeit in Köln, oder nicht? Warum können wir nicht einfach glücklich sein?«
    »Das ist doch alles, was ich will«, erwiderte ich, konnte aber nicht aufhören zu weinen. Ich öffnete meinen Koffer. Statt mit dem Auspacken zu beginnen, schloss ich ihn jedoch wieder und ging in die Küche, um Wasser für einen Tee aufzusetzen. Ich dachte, Ernest sei vielleicht ins Schlafzimmer gegangen, doch er war mir gefolgt und fing nun an, im Raum auf und ab zu schreiten.
    »Es ist zu weit weg«, sagte ich schließlich.
    »Wir sollten froh sein, dass es noch so weit weg ist. Schließlich will man doch nicht, dass einem der Krieg direkt im Nacken sitzt.«
    »Können wir nicht so tun, als wäre das Telegramm niemals gekommen?«
    »Nein, das können wir nicht.« Seine Gesichtszüge wurden plötzlich hart. Ich hatte ihn gerade darum gebeten, mich vor seine Arbeit zu stellen. »Zum Teufel mit dem Tee«, rief er, doch ich machte weiter, wog die Blätter für die Kanne in der Hand ab und goss Wasser durch das Porzellansieb. Er ging hinter mir in der Küche auf und ab und wartete auf eine Entschuldigung. Als er die nicht bekam und ich mich noch nichteinmal zu ihm umdrehte, stürmte er schließlich wütend aus der Wohnung.
    Ich wusste, dass er in ein Café gegangen war. Es wäre nicht schwer gewesen, ihn zu finden, und dann wäre vielleicht alles wieder gut gewesen. Wir hätten Brandy mit Wasser trinken und uns darauf einigen können, das Ganze zu vergessen. Oder wir hätten den Kellner bitten können, uns Absinth zu bringen, der dann alles Vorgefallene wunderbar ausgelöscht hätte. Doch ich blieb, wo ich war, und trank den verfluchten Tee, obwohl ich längst keine Lust mehr darauf hatte.
    Als Ernest nach Hause kam, war ich betrunken und stellte mich schlafend. Ich hatte den Tee aufgegeben und stattdessen eine Flasche Whiskey hervorgeholt. Ohne etwas zu essen, hatte ich mehrere Gläser davon pur getrunken. Als

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