Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
Vom Netzwerk:
finden?«
    »Das allein ist es nicht. Ich weiß, dass du dir auch Sorgen um mich machst.«
    »Ein bisschen.«
    »Das brauchst du aber nicht. Alles wird gutgehen.«
    »Woher willst du das wissen? Es kann immer etwas Schlimmes passieren. Ich habe es selbst mitangesehen.«
    »Alles wird gut. Das kann ich fühlen.«
    »Trotzdem habe ich mir überlegt, dass wir das Baby vielleicht in Toronto bekommen sollten. Die Krankenhäuser sollen dort nämlich sehr gut sein, und ich könnte Vollzeit für den
Star
arbeiten, dann hätte ich ein regelmäßiges Einkommen. Das Geld werden wir ganz bestimmt brauchen.«
    »Was für ein guter Papa du doch jetzt schon bist«, sagte ich und küsste ihn sanft auf den Mund.
    »Ich versuche nur, mich darauf einzulassen und all die beunruhigenden Gedanken abzuwehren.«
    »Und noch so viel wie möglich zu erleben, bis das Baby da ist?«
    »Ja, das auch.«
     
    In den kommenden Wochen wurde Ernest von der Planung für die Spanienreise in Beschlag genommen. Er traf sich häufig mit Strater und Bob McAlmon in einem Café, um die Route festzulegen, und aus irgendeinem Grund kehrte Ernest immer schlecht gelaunt und verärgert von diesen Treffen zurück. McAlmon war Dichter und sowohl mit Ezra als auch mit Sylvia befreundet. Er war mit der amerikanischen Schriftstellerin Annie Ellerman verheiratet, die unter dem Pseudonym Bryher schrieb. Es war kein Geheimnis, dass Annie lesbisch war und Bob selbst lieber Männer als Frauen mochte. Ihre Verbindung war lediglich eine Scheinehe. Annie führte eine wechselhafte Beziehung mit der Dichterin H. D., die zu Pounds »Schülern« gehörte, und auch wenn es Bob nichts auszumachen schien, ging es Ernest unter die Haut. Ich konnte nicht genau sagen, weshalb. Wir waren umgeben von allen nur erdenklichen Pärchen- und Dreiecksbeziehungen, es konnte also kaum die Homosexualität allein sein, die Ernest zu schaffen machte. Es hatte wahrscheinlich mehr mit der Verteilung der Machtverhältnisse zu tun. Annie war Erbin. Ihr Vater war ein Schiffsmagnat und der reichste Mann Englands. Bob hatte zwar selbst etwas Geld, aber nicht einmal ansatzweise so viel wie seine Frau. Es schien, als hielte sie ihn an der kurzen Leine, und er brauchte sie, um seinen neuen Verlag namens »Contact Editions« am Laufen zu halten. Bob war also von Annie abhängig, und Ernest konnte eines Tages von Bob abhängig sein, wenn er bei ihm veröffentlicht werden wollte. Contact Editions war zwar neu im Geschäft, doch der Verlag weckte große Erwartungen und hielt umtriebig nach den frischesten, kraftvollsten Texten Ausschau.
    Gerade weil Ernest wusste, dass er bei Bob Eindruck schinden
sollte
, verspürte er den unwiderstehlichen Drang, ihn zu kränken. Als Bob, Ernest und Mike Strater schließlich nach Spanien abreisten, sprachen Ernest und Bob schon kaum mehrmiteinander. Die Reise verlief in vielerlei Hinsicht unangenehm. Bob bezahlte (mit Annies Hilfe) alle Rechnungen, und dieser Umstand brachte das Schlechteste in Ernest zum Vorschein. Er war Reichen gegenüber seit jeher skeptisch und hasste es, sich jemandem verpflichtet zu fühlen. Später erfuhr ich von Mike, dass Ernest sich obendrein von Anfang an zum »Experten« der Reise ernannt hatte und den beiden unablässig Vorträge hielt. Den Stierkampf liebte er vom ersten Augenblick an. In seinen Briefen an mich schrieb er ausschließlich von der Tapferkeit der Toreros und auch der Stiere. Das Ganze war eine große, bewegende Tragödie, die man sehen und spüren konnte. Man war so nahe dran, dass es einem die Haare im Nacken aufstellte.
    Eine Woche später kehrte er voller Begeisterung zurück. Mit einem Tischtuch übte er in unserer Wohnung die theatralischen Bewegungen, die er in Ronda und Madrid studiert hatte.
    Er stellte sich vor unserem Tisch auf, der für den Moment als Stier herhalten musste. »Der Matador bleibt unglaublich ruhig, wenn der Stier auf ihn zukommt. Er denkt nur über seinen nächsten Schritt nach und nicht über die Gefahr, in der er schwebt. Darin liegt so viel Würde. Und natürlich auch die große Schwierigkeit.«
    »Ich würde es wahnsinnig gern einmal sehen«, sagte ich.
    »Du könntest es wahrscheinlich nicht gut ertragen«, gab er zu bedenken.
    »Vielleicht, aber es hört sich nach etwas an, das man selbst erlebt haben muss. Die Kämpfe könnten sogar einen guten Einfluss auf unser Baby haben«, erwiderte ich.
    »Ja, er wäre dann schon ein richtiger Mann, noch bevor er auf die Welt gekommen ist.«
    »Was macht dich

Weitere Kostenlose Bücher