Madame Zhou und der Fahrradfriseur
Hutongs zu ihrer Kultur gehören und dass man diese nie durch Hochhäuser ersetzen kann.
Marc H., Berufswunsch: Pilot
Wenn ich in Deutschland bin, freue ich mich, dass Facebook und YouTube wieder gehen. Deshalb würde ich mir auch wünschen, dass das chinesische Volk mehr Internetfreiheiten erhält und dass das Volk und der Staat noch enger zusammenarbeiten, so dass Einigkeit und Zufriedenheit im Land herrscht.
Bei den Chinesen gefällt es mir, weil sie sehr lustig sind. Das Essen ist lecker und das McDonald’s halb so teuer wie in Deutschland.
Ich würde auch eine Chinesin heiraten. Es wäre alles anders, aber das ist ja das Interessante im Leben, denn wenn man eine Chinesin heiratet, hat diese einen anderen Kulturhintergrund, ist anders aufgewachsen. Außerdem werden deutsche Frauen auch immer eigenständiger und eigensinniger. Mit ihnen muss man sich in einer Beziehung viel mehr auseinandersetzen.
Der Kampfwagen
ODER:
Dao zou 100 mi bi wang qian zou 1 gong li jian kang – Es ist gesünder, 100 Meter rückwärts als einen Kilometer vorwärts zu gehen
Der Komplex des in Vorbereitung auf die Olympischen Spiele gebauten supermodernen Südbahnhofs ähnelt in Funktion und Architektur einem Flughafen. Aber seine weiträumigen Warte- und Abfertigungsbereiche sind nicht mit Läden, Cafés und Reisebüros eingeengt, sondern vermitteln noch lichtdurchflutet die Vorstellung von Größe und Weite.
Herr Wu Ming und Kuni, die Dolmetscherin, warten vor der Abfertigung. Ich biete ihnen zur Begrüßung Schokoladenkekse an. Herr Wu Ming lehnt dankend ab. Die Dolmetscherin aber greift zu und bläst ihre Pausbacken im runden, mit Augen und Mund lachenden Gesicht auf. Sie ist an die dreißig, nicht groß, aber schlank und von schöner fraulicher Figur. Das Lustigste in ihrem Gesicht ist ein brauner Leberfleck auf dem Nasenrücken.
Sie arbeitet in einer deutsch-chinesischen Firma, war schon zu Praktika in Deutschland und hatte, sagt sie ein wenig traurig, längere Zeit auch einen Freund aus Deutschland.
Bevor wir in die Wartehalle gehen dürfen, in der sich das »Gate« zu unserem Zug befindet, müssen wir einchecken, das heißt, unsere Zugtickets, auf denen Zug, Waggon, Reihe und Sitzplatznummern aufgedruckt sind, an einer Sperre kontrollieren lassen. Es werden auf allen Stationen der Fernzüge nur so viele Fahrkarten verkauft, wie Sitzplätze frei sind. Stehplätze gibt es keine. Nur zum Neujahrsfest, zu dem jährlich rund eine halbe Milliarde Chinesen unterwegs ist, soll dieses ansonsten unumstößliche System zusammenbrechen. Nach der Kontrolle müssen wir durch die Sicherheitsschleuse gehen und das Gepäck durchleuchten lassen. Doch obwohl ich einlanges, feststehendes Messer zum Zerschneiden des Reiseproviants mitgenommen habe, piepst es nicht. Als wir nach den Kontrollen endlich im Warteraum vor dem Ausgang zu unserem Zug sitzen, verteilt Herr Wu Ming die Tickets, die er für die Hin- und Rückfahrt gekauft hat. Ich entziffere meine Platznummer und will meinen Augen nicht trauen. Hinfahrt Reihe 14 und Platz 4. Auf der Rückfahrt dieselben Zahlen. Ich erkläre Herrn Wu Ming, was er nicht wissen kann: »Der 14.4. ist mein Geburtsdatum.«
Doch Herr Wu Ming scheint nicht überrascht, sondern erklärt mir lächelnd, dass ich die Zahlen nicht zufällig erhalten habe. »Wahrscheinlich hat es der Abt in Tai’an vorausahnend so bestimmt.«
Ich weiß nicht, wem ich mehr misstrauen soll: dem nicht glaubhaften Zufall oder der noch unglaubhafteren Vorsehung des Abtes.
Herr Wu Ming will mir darauf nicht antworten. Er sagt nur, dass ich mit der Zeit alles verstehen werde.
Obwohl alle im Wartesaal Sitzenden garantiert ihren Platz bekommen werden, beginnt, nachdem ein Leuchtzeichen ankündigt, dass unser Zug bereitsteht und die Wartesaaltür geöffnet wird, die Schlacht jeder gegen jeden. Sie endet auch im Zug noch nicht. Die Chinesen drängeln beim Gepäckverstauen, Anstehen vor der Toilette und der Suche nach ihren Platznummern. Die Nummer 3 neben mir gehört einem Chinesen mit dem Umfang eines glücklichen Buddhas. Er setzt sich, verschränkt die Arme zufrieden auf den Bauch und schiebt mich lächelnd zur Seite. Ich wünschte, dass der taoistische Abt in seiner Vorsehung mir anstelle der Nummern 4 und 14 lieber einen schlanken Nachbarn für die 5 Stunden Fahrt organisiert hätte.
Ein junger Mann, der in seinem schwarzen Anzug und dem blütenweißen Hemd wie ein Steward aussieht, überprüft, ob die Gepäckstücke ordentlich
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