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Madame Zhou und der Fahrradfriseur

Madame Zhou und der Fahrradfriseur

Titel: Madame Zhou und der Fahrradfriseur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Landolf Scherzer
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Forscher auf der »Novara«, der 1861 die Verschiffung der chinesischen Kulis beschrieben hat!
    »Wir haben […] die abgezehrten, hageren Jammergestalten gesehen, welche trotz des unsicheren Schicksals, das ihrer harrt, sich an portugiesische und spanische Seelenmäkler verdingen. Sie machen sich kontraktlich anheischig, gegen kostenfreie Verpflegung und Überfahrt nach ihrer Ankunft in Havanna acht Jahre hindurch bei irgendeinem ihnen angewiesenenDienstherrn für vier Dollar monatlich zu arbeiten. Ein Lohn, welcher bedeutend geringer als derjenige ist […], den man im Land für angemietete Sklaven bezahlt. Die erhebliche Differenz kommt […] jenen Spekulanten zugute, welche die Importation von Chinesen besorgen und für jeden einzelnen eine sehr hohe Prämie ausbezahlt erhalten. Die Überfahrt, welche in der Regel vier bis fünf Monate dauert […], geschieht gewöhnlich auf französischen, portugiesischen, englischen und leider auch auf deutschen Schiffen. Welchen Qualen die armen Immigranten schon während der Reise ausgesetzt sind, geht aus der Tatsache hervor, dass nicht selten eine Anzahl dieser Unglücklichen über Bord springt, um durch den Tod in den Wellen ihren Leiden ein Ende zu machen. Es sind Fälle vorgekommen, dass durch schlechte Kost und Misshandlung 38 Prozent der eingeschifften Immigranten während der Überfahrt starben!« (Aus: Karl Ritter von Scherzer, »Reisen der österreichischen Fregatte ›Novara‹ um die Erde«, 1861.)
    Die Demütigung der Chinesen fand nach dem »ungleichen Vertrag« von Peking noch kein Ende. Andere Länder versuchten sich ebenfalls ein Stück vom chinesischen Kuchen abzuschneiden. Auch die Deutschen hatten China gezwungen, ihnen das Recht auf Reisefreiheit im ganzen Land zu gewähren, und nutzten diese Chance. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. erklärte, nachdem deutsche Forscher sich umgeschaut und das Gebiet der Bucht von Jiaozhou als ein gutes Einfalltor für die Kolonialisierung auserkoren hatten, 1898 das Gebiet Jiaozhou mit der Stadt Qingdao zur deutschen Kolonie. (Es war und blieb die einzige deutsche Kolonie im fernen Osten.)
    Weil die europäischen Kolonialherren sich den Chinesen gegenüber wie Kolonialherren benahmen – auch die Deutschen ließen in Qingdao sofort getrennte Wohnviertel für Europäer und Chinesen errichten und bestraften jeden Chinesen, der unberechtigt das Viertel der Weißen betrat, mit 100 Stockschlägen –, wuchs der Hass der Chinesen auf die Ausländer.1898 begann in Shandong ein Aufstand von verarmten chinesischen Bauern, die sich mit den sogenannten Geisterboxern zu einer Bewegung der »Verbände für Gerechtigkeit und Harmonie« zusammenschlossen. Die europäischen Missionare hatten inzwischen nicht nur den Opium-Handel befördert, sondern nach dem erzwungenen Recht auf Missionierung in China auch chinesische Diebe, korrupte Diener, Drogen- und Kulihändler und sogar bestrafte Verbrecher aufgenommen, das heißt, sie unter den Schutz der christlichen Kirche (und damit auch des dazu verpflichteten chinesischen Kaisers) gestellt. Von den »Boxern« angeführt, vertrieben und töteten die aufständischen Bauern chinesische Christen, kämpften gegen die europäischen Kolonialsoldaten und belagerten später in Peking das Gesandtschaftsviertel, in dem sich ausländische Diplomaten und Soldaten und chinesische Christen verschanzt hatten. Am 19. Juni 1900 forderte die chinesische kaiserliche Regierung die europäischen Gesandten auf, das Land binnen 24 Stunden zu verlassen. Und als einen Tag später der deutsche Gesandte Baron Clemens von Ketteler (der am Tag zuvor in einem Wutanfall einen kleinen chinesischen Jungen getötet haben soll) auf offener Straße in seiner Sänfte erschossen wurde, stellten 6 europäische Staaten, die USA und Japan sofort ein Expeditionskorps auf, das, vom deutschen Generalstabschef Feldmarschall Graf von Waldersee befehligt, die Chinesen bestrafen sollte. Als ein Teil dieser deutschen Truppen am 27. Juli 1900 von Kaiser Wilhelm II. verabschiedet wurde, rief er den Soldaten zu: »Kommt ihr vor den Feind, so wird er geschlagen. Pardon wird nicht gegeben. Gefangene nicht gemacht. Wer euch in die Hände fällt, sei in eurer Hand. […] So möge der Name Deutschland in China in einer solchen Weise bekannt werden, dass niemals wieder ein Chinese es wagt, etwa einen Deutschen auch nur scheel anzusehen.«
    Das Expeditionskorps traf erst im Oktober in Peking ein.Schon am 13. August hatten die alliierten Truppen die

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