Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
wissen, dass ich lebe«, sagte ich.
Clare zuckte mit den Schultern. »Wir haben ihm eine Nachricht geschickt. Aber die hat ihn nicht wieder hervorgelockt. Er ist vor einer Stunde verschwunden und nicht mehr aufgetaucht.«
»Verschwunden? Wohin?«
Aber ich brauchte gar nicht auf ihre Antwort zu warten. Ich machte auf dem Absatz kehrt und marschierte auf den Flugzeughangar zu.
Kapitel Fünfunddreißig
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In der Flugzeughalle war ein Großteil der Flüchtlinge untergebracht, bis sie zurück nach Hause konnten oder eine andere Unterkunft für sie gefunden worden war. Klappbetten standen in ordentlichen Reihen nebeneinander aufgebaut. An einer Wand stapelten sich Wäschekörbe mit frischer Kleidung. Kaum zu glauben, dass es Clare gelungen war, das alles in nur einer Woche zu organisieren. Freiwillige waren damit beschäftigt, Sandwiches, Früchte und Snacktüten zu verteilen. In manchen der Betten lagen Teenager und schliefen bereits.
Hunderte von Menschen schienen um mich herumzuwuseln. Aber ich wusste, dass Justin nicht dazu gehörte. Seine typische Energie fehlte.
Also suchte ich weiter, denn ich würde mich erst entspannen können, wenn ich mit ihm gesprochen hatte. Ich bog um die Halle herum und stand plötzlich auf einem Gelände, das man nur als Maschinenfriedhof bezeichnen konnte. Überall waren Flugzeugteile zu rostigen Haufen aufgeschichtet. Motoren, Räder, Propeller und vollständige Wracks lagen zu beiden Seiten einer verlassenen Startbahn. Unkraut und hohe Gräser wucherten durch den Asphalt. Ich blieb stehen und lauschte. Mein Gefühl sagte mir, dass er in der Nähe war. Ein elektrisches Kribbeln lag in der Luft. Oder vielleicht spürte ich nur, dass ich beobachtet wurde.
Ich drehte mich um und sah ihn. Er hockte im Schatten einer Gebäuderuine. Seine Haare waren so verwuschelt, als hätte er sie sich stundenlang gerauft. Er hatte die Knie angezogen und die Arme darum geschlungen. Im Vergleich zu sonst wirkte er seltsam zerbrechlich. Als hätte man einen Haufen Scherben notdürftig zusammengeflickt, ohne die Risse und Sprünge völlig überdecken zu können. Er hob den Kopf, und in seinen Augen schimmerte silbrige Feuchtigkeit. Die Pupillen wirkten unnatürlich groß. Er starrte mich an, als würde er einen Geist sehen.
»Hast du gehört, dass wir es geschafft haben?«, fragte ich.
Er nickte langsam. Offenbar stand er immer noch unter Schock. »Man erlebt nicht jeden Tag, dass jemand von den Toten aufersteht«, sagte er tonlos. Ich erkannte seine Stimme gar nicht wieder.
Mühsam rappelte er sich auf und lehnte sich an die Wand. Wir schauten uns an. Sein Blick wanderte über mein Gesicht, aber seine Augen waren stumpf und glasig. Von dem inneren Feuer, das ich so liebte, war nur Asche übrig. Oft war er mir überlebensgroß vorgekommen wie eine Statue, und nun musste ich zuschauen, wie er zerbröckelte. Ich blieb stehen und kam nicht näher, denn sein Zustand erinnerte mich an meine Zeit im DCLA . Wann immer ich aus einem Albtraum erwacht war, hatte ich mich gefühlt wie innerlich verbrüht, überall schmerzend und übersensibel. Meine Gefühle hatten immer eine Weile gebraucht, um der Flammenhölle zu entkommen und abzukühlen.
»Ich habe dich allein gelassen und mit Pat losgeschickt«, sagte er. Seine Augen waren verquollen und auf seinen Wangen glitzerte es feucht. Er zerrte sich eine Hand durch die Haare. »Als Scott mich benachrichtigt hat, dass die Polizei euch sucht«, fuhr er fort, »habe ich vorgeschlagen, dass ihr zum Fluss flüchtet. Das war meine Idee.«
»Und sie hat funktioniert«, sagte ich. Meine Stimme klang zitterig. Justin in diesem Zustand zu sehen, machte mir Angst. »Mir geht es gut. Wir haben es geschafft.«
Er hörte nicht zu. Sein Blick war leer und starrte durch mich hindurch. Er war immer noch in seinem Albtraum gefangen. »Ich dachte, dort könntet ihr euch lange genug verstecken. Dann wollte ich zurückkommen und euch aufsammeln. Ich dachte, der Canyon sei ein sicherer Ort.«
»Wir sind ja auch entkommen. Hör auf, dir für etwas die Schuld zu geben, das gar nicht passiert ist.«
Er wandte den Kopf ab und starrte auf die Flugzeugwracks. Sein Gesicht wirkte wie betäubt. Er grinste, aber ohne jeden Humor. »Ich wollte nur, dass du in Sicherheit bist. Zum Abschied habe ich gesagt, du sollst deinen Instinkten vertrauen und Risiken eingehen. Damit habe ich dich fast umgebracht.«
Langsam geriet ich in Panik. Ich musste ihn aus dieser Trance reißen, in der er
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