Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
einzubrechen. Er wusste, dass wir die Gefangenen befreien wollten. Allerdings hatte ich ihm keinen Zeitpunkt genannt, und mir war nicht klar, wie er an diese Information gekommen war. Es gab keine Daten, keine Computerspuren, keine Kommunikationspfade, in die er hätte eindringen können. Ich hatte das unheimliche Gefühl, als könne mein Vater sich in meinen Kopf einschleichen und meine Gedanken lesen.
Neben mir regte sich Pat. Stöhnend versuchte er sich aufzusetzen. Er blinzelte verwirrt, als er unser winziges Fahrzeug und die Küste in der Ferne sah. Sein Gesicht war ein einziges Fragezeichen. Er schaute mich an, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Bisher hatte ich noch nie einem Freund in den Hals geschossen. Aber wir waren in diesem Moment wohl beide nicht ganz bei Verstand gewesen und hatten aus purer Verzweiflung gehandelt.
»Das Motorboot war dir wohl nicht klein genug?«, fragte er und starrte auf unser Dinghi.
Ich war erleichtert, dass er schon wieder Witze machen konnte. Vielleicht würde unsere Freundschaft die Sache doch überstehen.
»Das nennt man Downsizing«, scherzte ich. »Unsere Flucht war mir nicht abenteuerlich genug.« Als er grinste, erklärte ich, dass ich unser Schnellboot dem Wellenkraftwerk geopfert hatte. »Die Rotoren wollten es als Wegzoll.«
Er drückte die Hand auf die Stelle, wo vor ein paar Stunden der Betäubungspfeil gelandet war, und zuckte zusammen. »Wieso habe ich einen steifen Hals?«, fragte er. »Ich habe schon oft genug Paintball mit Betäubungswaffen gespielt. Einen steifen Hals habe ich nie bekommen.«
Ich erklärte, was in den letzten zwei Stunden alles passiert war, und entschuldigte mich dafür, dass ich ihm fast das Genick gebrochen hatte, als ich ihn vom Boot auf das Dinghi bugsieren musste.
»Ich habe nur versucht, dir das Leben zu retten«, sagte ich. Er schwieg für ein paar Minuten und versuchte, meine Geschichte zu verdauen. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er mich anschreien und stinkwütend sein würde. Aber er wirkte eher erleichtert. Staunend schaute er auf die Küste in der Ferne, die mit flimmernden Lichtpunkten übersät war.
»Wow«, sagte er, »du hast es tatsächlich geschafft. Ich hätte nicht an dir zweifeln sollen.«
Ich lehnte mich vor, legte eine Hand auf seinen Arm, und war froh, dass er nicht zurückzuckte. »Tut mir leid, Pat«, sagte ich. »Wahrscheinlich wäre es vernünftiger gewesen, aufzugeben, aber das konnte ich einfach nicht tun.«
»Ja, offensichtlich«, sagte er und vermied meinen Blick. »Dich einen Sturkopf zu nennen wäre noch eine Untertreibung.«
»Bist du wütend?«, fragte ich.
»Wütend? Worüber denn? Dass du auf mich geschossen hast?« Er grinste. »Wofür hat man denn Freunde?«
»Danke, dass du es so leichtnimmst«, sagte ich. Dann schwiegen wir beide. Eigentlich wollte ich nicht darüber reden, was Pat auf dem Ponton gesagte hatte. Ich hatte Angst, dass wir wieder in Streit geraten würden. Aber ich musste wissen, ob er seinen Plan ernst gemeint hatte.
»Du hast mich im Stich gelassen, Pat. Du wolltest einfach aufgeben.«
Er sagte nichts und hielt den Blick auf das Wasser gesenkt.
»Hattest du im Ernst vor, Justin der Polizei auszuliefern?«, fragte ich.
Pat seufzte und schaute endlich zu mir hoch. »Nein, nicht wirklich. Du hattest recht, Maddie«, gab er zu, »und ich hatte unrecht. Ich war ein Esel. Vor lauter Panik konnte ich nicht mehr klar denken. Genau deshalb leite ich solche Aktionen nie. Ich bin nicht zum Anführer geschaffen. Dazu fehlen mir im Übrigen auch der Ehrgeiz und das Engagement. Als ich jünger war, habe ich Justin gerne geholfen, aber ich war immer nur ein Mitläufer. Mir hat der Adrenalinkick gefallen, die politischen Ziele waren mir egal.«
Er starrte wieder auf das Wasser. Die Wellen wiegten unser Boot leicht auf und ab.
»Unglaublich friedlich, oder?«, meinte er. »So sollte es immer sein.«
Ich grinste ihn an. »Du möchtest für den Rest deines Lebens auf dem Pazifischen Ozean herumdümpeln?«
Er lächelte zurück. »Nein, aber ich möchte mich eine Weile einfach treiben lassen. Kein Ziel verfolgen, nur das Glück suchen. Darin liegt doch der Sinn des Lebens, oder? Ich bin es satt, mich kaputt zu machen, um die Welt zu verbessern. Also steige ich lieber aus, bevor ich alle anderen mit runterziehe.«
Ich nickte, denn ich hatte erwartet, dass so etwas kommen würde.
»Ich fange an zu glauben, dass man im Leben schon viel erreicht, wenn man selbst Frieden und
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