Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
beschloss, einen Versuch zu wagen.
»Ich habe Albträume«, sagte ich. Damit erzählte ich ihm sicher nichts Neues, aber ich öffnete ein kleines Fenster zu meiner Seele und erlaubte ihm einen Blick hinein.
Er nickte. »Das ist nur eine vorübergehende Phase. Wenn du dich an das Leben hier angepasst hast, verschwinden sie bald.«
Ich dachte darüber nach, was angepasst bedeutete. Aus seinem Mund klang das Wort so beiläufig, aber für mich hieß es, mich selbst aufzugeben. Innerlich zu zerbrechen. Den Kampf zu verlieren.
»Passiert das allen?«, fragte ich.
Er nickte. »Ja, das gehört zum Heilungsprozess. Die Albträume sind eine normale Reaktion auf die Anfangszeit im Center.«
»Normal?«, wiederholte ich.
»Natürlich«, sagte er. »Denk mal darüber nach, was für Veränderungen du gerade verarbeiten musst. Dein Leben wurde völlig aus der Bahn geworfen und auf den Kopf gestellt. Du bist plötzlich von deiner Familie abgeschnitten, von deiner Vergangenheit, von einfach allem. Auf solche Erschütterungen reagiert der Körper natürlich mit Albträumen. Die Symptome sind ähnlich wie bei einer posttraumatischen Störung.«
Ich trank einen weiteren Schluck. »Weißt du was? Wenn ich eine Menge psychologischen Schwachsinn hören will, kann ich einfach Dr. Stevenson fragen.«
Gabe bewegte sich unbehaglich neben mir. »Also, du hast echt Nerven!«, stellte er fest.
Ich nickte, denn damit hatte er recht. Im Moment war meine Dickköpfigkeit alles, was mir noch blieb. Ich hielt mich daran fest, um nicht völlig den Boden unter den Füßen zu verlieren. »In meinem bisherigen Leben hatte ich nie Albträume«, erklärte ich stur. »Wieso sollte ich jetzt plötzlich damit anfangen? Noch dazu sind die Träume unglaublich real, aber ich vergesse sie sofort, wenn ich aufwache.«
Seine Lippen wurden schmal. »Keine Ahnung, ich bin kein Psychiater.«
Wir schwiegen beide einen Moment. Ich war mir sicher, dass Gabe etwas zurückhielt. Er wusste mehr, als er zugeben wollte. Aber noch vertraute er mir nicht genug.
»Wie lautete denn deine Theorie?«, fragte er. »Woher kommen die Albträume?«
Ich seufzte und rieb mir die Stirn.
»Bestimmt hätte ich eine Theorie, wenn ich klar denken könnte. Aber die meiste Zeit fühlt sich mein Gehirn halb betäubt an. Zumindest weiß ich, dass ich bei der Therapie unter Drogen gesetzt werde. Ich weiß, dass ich halluziniere. Mein Bewusstsein ist jedoch überzeugt, dass alles wirklich passiert. In meinen Albträumen kann ich Schmerzen fühlen, als wären sie real. Ich spüre sie körperlich und seelisch. Inzwischen weiß ich nicht mehr, wo die Grenzen zwischen Traum und Realität sind. Mir kommt es vor, als ob man mir mit Gewalt fremde Erinnerungen in den Kopf stopft. Sobald ich aufwache, wird in meinem Bewusstsein ein Schalter umgelegt, und ich vergesse alles.«
»Okay, wieso sollte man dich mit künstlichen Albträumen quälen, nur damit du sie gleich wieder vergisst? Das ergibt doch keinen Sinn«, sagte er, als hätte er sich diese Frage schon seit Jahren gestellt, aber nie jemanden gehabt, mit dem er darüber sprechen konnte.
»Weiß ich auch nicht«, sagte ich. »Aber meine Freunde könnten mir helfen, das herauszufinden.« Ich schaute Gabe in die Augen. Er hielt meinem Blick stand.
»Was genau könnten deine Freunde tun?«, fragte er.
»Mich medizinisch untersuchen, mein Blut testen … uns Antworten liefern. Mit dem Center stimmt etwas nicht, das weißt du genauso gut wie ich.«
Damit ging ich ein enormes Risiko ein. Gut möglich, dass Gabe vom DCLA den Auftrag hatte, uns Patienten auszuspionieren und zu prüfen, wer noch immer an Widerstand dachte. Aber jetzt war der Moment, in dem ich mich entscheiden musste, ob ich einem Fremden vertrauen wollte oder nicht. Also setzte ich alles auf eine Karte, auch wenn ich mit meinem Leben spielte. Ich hatte nichts zu verlieren. Hier drinnen gehörte mir mein Leben sowieso nicht mehr.
Er zögerte und ich schöpfte Hoffnung.
»Gabe, ich weiß, dass du mir helfen kannst. Bestimmt darfst du das Gebäude ab und zu verlassen? Dann kannst du Kontakt zu meinen Freunden aufnehmen. Sie werden sowieso versuchen, ins Center einzudringen und mich rauszuholen, ob du mir nun hilfst oder nicht«, fügte ich hinzu, denn ich hatte nie aufgehört, an Justin zu glauben.
Er hob die Augenbrauen. »Ach, wirklich? Wer sind deine Freunde denn? Die Elite der Rebellen?« Die Frage war ironisch gemeint, aber ich nickte.
»Ja«, sagte ich.
Er starrte auf
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