Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
Getränkeautomaten, bestellte drei Flaschen Wasser und trank die erste in durstigen Zügen leer. Schon begannen die Einzelheiten des Traums zu verschwimmen. Doch obwohl er in meinen Gedanken verblasste, blieb mein Körper in Alarmbereitschaft. Der Schock saß mir noch in den Knochen und meine Schultern waren steif vor Angst.
Ich hörte Schritte näher kommen und zuckte in Panik zusammen. Meine halb geschlossenen Augenlider flogen auf, mein Puls begann zu rasen. Ich klammerte mich an den Tresen, und kämpfte gegen den Instinkt, mich zu verstecken. Der schlaksige DCLA -Mitarbeiter kam um die Ecke. Als er mich sah, blieb er stehen und hielt Abstand. Er schien zu wissen, dass er sich nicht schnell nähern durfte, sondern mir Zeit lassen musste, mich zu beruhigen. Anscheinend war er Panikreaktionen gewöhnt.
»Du bist also mal wieder draußen?«, fragte er.
Ich löste meinen Klammergriff und mein Herzschlag verlangsamte sich. »Das ist hier nicht gerade üblich, was?«, sagte ich mit rauer Stimme. Mein Hals schmerzte.
»Du siehst ziemlich schlecht aus«, stellte er fest.
Ich lachte bitter. Seit Tagen hatte ich nicht mehr in einen Spiegel geschaut und konnte mir nur ausmalen, wie heruntergekommen ich wirkte. Wenn man den Verstand verliert, wird der Körper eher Nebensache. Ich rieb mir über den dröhnenden Schädel und schüttelte ihn leicht, wodurch mir erst richtig übel wurde.
»Komm mit«, sagte er. Ich griff nach den Wasserflaschen und folgte ihm wortlos. Statt mich zurück in mein Zimmer zu bringen, wie ich erwartet hatte, öffnete er den Vorratsraum und winkte mich hinein. Drinnen ging automatisch das Licht an. Er zog die Tür hinter uns zu und scannte seine Fingerabdrücke. Daraufhin öffnete sich eine weitere Tür am Ende des kleinen Raumes. Ein blendender Lichtstrahl fiel durch die Öffnung.
Ich musste meine Augen mit der Hand vor der Helligkeit abschirmen und blinzelte noch eine Weile. Dann folgte ich dem Jungen auf einen Balkon mit Metallgeländer, der grob zusammengeschustert wirkte, als sei er in den ursprünglichen Gebäudeplänen nicht vorgesehen gewesen. Von der winzigen Plattform aus blickte man auf das verlassene Industriehafengelände hinter dem Elektrozaun. Die Aussicht war nicht gerade spektakulär, nur leere Docks und staubiger Erdboden, auf dem Unkraut wuchs. Ich hob langsam die Hand in die Höhe und ließ sie von der warmen Sonne bescheinen. Ein leichter, trockener Wind wehte um uns herum.
»Was für ein Programm ist das?«, fragte ich und sog die frische Luft ein.
»Das ist kein Programm«, sagte er. »Wir sind wirklich draußen.«
Zum ersten Mal seit Wochen lächelte ich. Der Gesichtsausdruck fühlte sich seltsam an. Ich brauchte dazu Muskeln, die ich schon fast vergessen hatte. Wir hockten uns auf den Balkonboden, der aus einem Metallgitter bestand.
»Hast du keine Angst, dass jemand uns entdecken könnte?«, fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Auf dieser Seite des Grundstücks habe ich noch nie jemanden gesehen. Ich glaube, früher hat das Personal den Balkon für Raucherpausen benutzt, aber inzwischen kommt keiner mehr hier raus.« Er saß im Schneidersitz und stützte die Ellbogen auf die Knie. »Ich heiße übrigens Gabe.«
Ich hob mein Gesicht dem Sonnenschein entgegen, trank einen großen Schluck aus der Wasserflasche und lauschte dem Wind, der die Luft aufwirbelte. Dann streckte ich eine Hand aus, damit die Brise um meine Fingerkuppen spielen konnte. Ich fühlte Gabes Blick, wusste aber nicht, was ich sagen sollte. Einerseits brauchte ich dringend einen Freund, und meine Mutter hatte immer gesagt, dass man Leuten erst einmal Vertrauen schenken sollte. Andererseits glaubte ich an diesen Grundsatz nicht mehr, schließlich hatten mich sogar Menschen verraten, die mir nahestanden. Ich war schon fast zu dem Schluss gekommen, dass ich nur mir selbst vertrauen konnte und sonst niemandem.
Also beschloss ich, Gabe zu testen. Um herauszufinden, ob er mir vertraute.
»Gabe«, fragte ich, »weiß die Überwachungskamera nicht, dass wir hier draußen sind?«
Er schüttelte den Kopf und schaute mich direkt an. Seine Augen waren hellblau, hatten einen dunklen Ring um die Iris und wirkten wie tiefe, stille Seen. Er betrachtete mich genauso intensiv. Vermutlich hatte er in seinem Leben noch weniger Augenkontakt gehabt als ich. »Nein, die Vorratskammer liegt um die Ecke und damit außer Sichtweite. Das sollte ich dir eigentlich nicht verraten.« Seine Ehrlichkeit war erfrischend. Ich
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