Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
den staubigen Hof. »Wenn du versuchst, auszubrechen, und das Center herausbekommt, dass ich dir geholfen habe …« Er verstummte.
»Ich verspreche, dass ich nicht weglaufen werde. Gib mir ein paar Stunden draußen, dann komme ich zurück.« Ich lehnte mich vor. »Bitte, du musst mir helfen. Du bist doch auch nicht damit einverstanden, was hier geschieht. Sonst würdest du nicht mit mir auf diesem Balkon sitzen.«
Man konnte ihm ansehen, dass er mit sich kämpfte. Er starrte auf seine Hände, dann nickte er langsam.
Ich sagte, er müsse sich mit Justin Solvi in Verbindung setzen. »Damit er weiß, dass ich okay bin.«
Bei meinen Worten hob sich seine Laune schlagartig. »Einer deiner Freunde ist Justin Solvi?«
Ich nickte. »Du hast von ihm gehört?«
»Könnte man sagen. Im Center taucht der Name regelmäßig auf. Ist dir klar, wie gerne die Regierung ihn sich schnappen würde?«
Ich lächelte. »Bisher hatten sie damit wenig Glück.«
Er schüttelte den Kopf. »Man kann ihm nie etwas nachweisen. Gerüchte und Storys gibt es genug, aber keine echte Spur. Genauso gut könnte man versuchen, einen Geist festzusetzen.«
»Justin ist sehr lebendig, das kannst du mir glauben«, sagte ich. »Aber online wirst du ihn nie finden. Er geht nicht ins Netz, hat dort keine ID s. Heutzutage reicht das schon, um zu einem Geist zu werden.«
»Ich habe in den Nachrichten verfolgt, was über ihn berichtet wird«, sagte Gabe. »Er bringt eine Menge Leute dazu, sich gegen das DS -System zu wehren. Aber was nützt ihnen das? Am Ende landen sie nur hier.«
»Justin versucht, so viele wie möglich abzufangen, bevor sie in der Umerziehung landen«, verteidigte ich ihn. »Er will bloß helfen.«
Gabe schwieg ein paar Sekunden. »Du solltest zurück in dein Zimmer gehen«, sagte er dann. »Das Wachauge wird merken, wenn du zu lange fortbleibst.«
Kapitel Dreizehn
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»Sind wir mal wieder so weit, mein Gehirn durch die Mangel zu drehen?«, begrüßte ich Dr. Stevenson beim nächsten Sitzungstermin. Ich war völlig erschöpft und hätte mich am liebsten auf einem Kissen zusammengerollt, um einzuschlafen, tat aber so, als würde ich voller Energie stecken. Sie sollte nicht denken, dass sie gewonnen hatte.
»Wie hast du dich in letzter Zeit gefühlt?«, erkundigte sie sich, während sie meinen Puls maß.
Wieso machte sie sich die Mühe, danach zu fragen? Konnte sie mich nicht in ihre Gerätschaften stecken und das Ergebnis ablesen? Ich dachte, dass sei der Zweck dieser ganzen bequemen Technologie?
»Mir geht es gut«, sagte ich kurz.
»Hast du Fragen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Probleme?«
Ich begegnete ihrem Blick. Ihre Augen waren klein und schmal, die Farbe erinnerte an nassen Sand. Sie versuchte mich damit einzuschüchtern und zum Reden zu bringen. Aber ich war mit einem Vater aufgewachsen, dessen Blicke wie Pistolenschüsse waren, und hatte Übung darin, sie abzuwehren.
Wir starrten einander an. Natürlich hatte ich Hunderte von Fragen, aber ich war überzeugt, dass ich von ihr nur verlogene Antworten bekommen würde. Wieso habe ich Albträume, die sich anfühlen, als würde das Center mir einen Mechanismus einpflanzen, der das Angstzentrum in meinem Gehirn anregt? Wieso wache ich schweißgebadet auf, weiß aber hinterher nicht mehr, was ich erlebt habe? Das ist doch absurd! Wohin verschwinden meine Erinnerungen? Warum füttern Sie mein Gehirn mit fremden Erlebnissen, die so schrecklich sind, dass man sie niemandem wünschen würde?
Ich entschloss mich, ihr eine Antwort zu geben, die sie nicht erwartete.
»Vielleicht gibt es tatsächlich ein Problem, bei dem Sie mir helfen können«, sagte ich. Sie nickte, als wüsste sie schon, was nun kommen würde, nämlich die Albträume.
»Ich vermisse das Gefühl, unter Menschen zu sein«, sagte ich. »Ich vermisse meine Freunde. Vielleicht könnte ich wenigstens ab und zu Kontakt zu anderen Patienten haben.«
Sie hatte schon den Mund zu einer Antwort geöffnet, zögerte dann aber und nickte stumm. Mir war klar, wieso sie stutzte. Mit dieser Bitte hatte sie nicht gerechnet.
»In ein paar Monaten kannst du dir wieder Kontakte suchen und so viel chatten, wie du willst«, sagte sie.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich vermisse echte Begegnungen. Menschen wirklich zu treffen, ist viel intensiver.« Ich machte eine Pause und musste mich zwingen, nicht zu grinsen. Auf Dr. Stevensons Stirn erschien eine steile Falte. Mein unerwartetes Bekenntnis hatte sie aus dem Konzept
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