Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
wurden benutzt, um verlorene Erinnerungen neu zu installieren. Aber die Behandlung war riskant und die Gedächtnisinhalte stellten sich immer als fehlerhaft heraus. Außerdem ließ sich das Verfahren zu leicht zur Gehirnwäsche missbrauchen. Wegen der vielen ethischen Bedenken hat man es schließlich verboten.«
»Kannst du diese Theorie testen?«, fragte Justin. Molly nickte zögernd.
»Ich kann eine Simulation durchführen. Aber solange ich die Inhaltsstoffe der Droge nicht kenne, dürfte das Ergebnis nicht hundertprozentig verlässlich sein.«
»Vielleicht kann ich euch das Medikament besorgen«, meldete sich plötzlich Gabe zu Wort. »Pat hat recht, in Maddies Blut werdet ihr nie etwas finden. Dafür sorgt das Center schon. Aber ich würde selbst gerne wissen, woraus das Zeug besteht.«
Molly fragte, wie er an eine Probe herankommen wolle.
»Manche Ärzte lassen die Pillen einfach auf ihrem Tisch herumliegen. Früher wurde über jede einzelne Tablette genau Buch geführt, aber in den letzten Jahren ist das Center nachlässig geworden. Da ich den Job habe, die Räume zu putzen …« Er brauchte den Satz nicht zu Ende zu bringen. Wir verstanden ihn auch so.
»Aber was ist, wenn jemand bemerkt, dass Pillen fehlen?«, fragte ich. »Was ist, wenn du erwischt wirst?«
»Mit Glück findet ihr rechtzeitig einen Weg, die Centerinsassen zu befreien, und dann spielt es keine Rolle mehr«, sagte er.
»Wieso hilfst du uns eigentlich?«, wollte Clare wissen. Sie klang nicht misstrauisch oder anklagend – das lag nicht in ihrer Natur – sondern dankbar. Die Antwort interessierte uns alle. Gabe wurde rot, als sich sämtliche Blicke auf ihn hefteten.
»Das ist doch keine große Sache«, murmelte er und sank auf seinem Stuhl in sich zusammen.
Clare ließ nicht locker. »Du hast doch bestimmt Hunderte von Teenagern im Center kommen und gehen sehen. Aber ausgerechnet bei Maddie hast du beschlossen zu helfen. Wieso?«
Er schaute sie an, als sei die Antwort offensichtlich. »Weil es in der ganzen Zeit nur drei Teenager gab, die mir nach ihrer ersten Therapiesitzung noch ins Gesicht schauen konnten. Maddie war Nummer Drei. Ihr habt ja keine Ahnung, wie selten Augenkontakt im Center ist. Und sie hat sogar mit mir gesprochen, ohne in Panik zu geraten.« Er zeigte auf mich. »Normalerweise wirkt das Mittel so schnell, dass die Patienten sofort in eine Art Schockstarre verfallen. Die erste Dosis reicht, um ihr Gehirn lahmzulegen und sie in Zombies zu verwandeln. Bei manchen ist es so schlimm, dass sie ihr Zimmer nicht mal verlassen, um auf Toilette zu gehen.«
Diese Einzelheit ließ uns alle das Gesicht verziehen.
»Wer ins Center kommt, wird ausradiert. Man hat das Gefühl, die Patienten hätten ihren eigenen Willen schon vorne am Tor abgegeben. Sie versuchen nicht einmal, sich zu wehren. Aber du hast dich benommen, als sei deine Gefangennahme nur ein lästiges Ärgernis«, sagte er zu mir. »Ich kann dir garantieren, dass nicht viele Patienten mir erzählen, sie würden bei erster Gelegenheit ausbrechen.«
»Das hast du gesagt?«, fragte Molly.
Ich warf einen Blick auf Justin, der nur die Augen verdrehte. »Was hatte ich schon zu verlieren? Ich habe siebzehn Jahre lang alle meine Worte zensiert. Mein richtiges Leben hat erst vor einem halben Jahr angefangen, weil ich endlich aufgehört habe, mich nach der Meinung anderer Leute zu richten. Wenn man sich selbst ständig ausbremst, tut man damit niemandem einen Gefallen. Ich will nicht irgendwann von der Welt verschwinden, ohne den geringsten Eindruck hinterlassen zu haben.«
»Also, auf mich hast du jedenfalls Eindruck gemacht«, sagte Gabe. »Ich hätte dich fast meinen Vorgesetzten gemeldet.«
Justin fragte Gabe, wie lange er schon im Center arbeitete. Zuerst zögerte er mit der Antwort, aber dann beschloss er, sich zu öffnen. Schließlich standen wir alle auf derselben Seite.
»Seit sechs Jahren«, sagte er. »Als ich ins Center kam, war ich elf. Ich gehöre zu den Kindern, die man in den Medien als ›Unberührbare‹ bezeichnet.«
»Nicht schlecht«, sagte Justin bewundernd.
»Was bedeutet das?«, fragte ich.
»So nennt man Kinder, die ganz ohne Computer aufwachsen«, gab Justin zur Antwort.
Gabe nickte und erklärte, dass seine Eltern eine Farm in Nordkalifornien besessen hatten. Sie hatten östlich der Cascade-Berge in einem kleinen Ort gewohnt, dessen Bewohner ökologische Landwirtschaft betrieben und als Selbstversorger lebten.
»Wir haben kein Geld
Weitere Kostenlose Bücher