Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
wissen, schließlich sind Freunde normalerweise ehrlich zueinander.«
Sie nickte zögernd. »Tut mir leid. Ich wollte dir davon erzählen, aber über Kristin wird einfach nicht geredet. Nie. Justin verliert kein Wort über sie, und wir anderen versuchen nicht, das Thema anzuschneiden. Das ist wie ein ungeschriebenes Gesetz. Aber ich war ehrlich überzeugt, dass Justin mir dir reden würde.«
»Tja, das war ihm wohl zu persönlich.« Ich lehnte den Kopf an die Wand und seufzte. Den nächsten Gedanken brachte ich nur schwer über die Lippen. »Wieso versucht er, mich absichtlich im Dunkeln zu halten?«
Clare versicherte, das sei nur seine Art, mit allem fertig zu werden.
»Gibt es denn niemanden, den er an sich heranlässt?«, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf und lächelte traurig. »Ich habe dich gewarnt: Du hast dir eine schwierige Liebe ausgesucht.«
»Justin zu lieben, ist überhaupt nicht schwierig«, stellte ich fest. »Das tun doch alle. Er ist umwerfend.«
Sie dachte darüber nach. »Okay, stimmt. Das Problem ist, ihn dazu zu bringen, dass er jemanden zurückliebt.«
»Wie ist er mit Kristins Tod klargekommen?«, fragte ich.
»Das war ziemlich schlimm«, sagte sie. »Er hat sich von allen zurückgezogen. Ist einfach verschwunden. Wir haben monatelang nichts von ihm gehört. Als hätte ein Schwarzes Loch ihn verschluckt.«
»Justin gibt sich selbst die Schuld«, vermutete ich, weil ich ihn kannte, auch wenn ich fast nichts über seine Vergangenheit wusste.
Clare nickte. »Ich bin sicher, dass er sich verantwortlich fühlt. Schließlich hat er damals den Protest organisiert und Kristin überredet, sich anzuschließen. Nach der Explosion musste er zwischen den Trümmern nach ihrer Leiche suchen. Und er musste ihren Eltern die Nachricht überbringen.«
In meinen Augen brannten Tränen. Ich schlug mir die Hände vors Gesicht.
»Maddie? Das ist schon Jahre her. Er hat seinen Frieden mit der Vergangenheit gemacht. Da bin ich sicher, weil ich ihn nämlich noch nie so glücklich gesehen habe wie jetzt mit dir. Ich glaube, er hat nur Angst, wieder jemanden an sich heranzulassen … Nicht, um sich selbst zu schützen, sondern weil er sich um dich sorgt. So viele Menschen, die ihm nahestanden, sind entweder tot oder im Gefängnis oder im Exil. Da würde ich mir an seiner Stelle auch Gedanken machen. Deshalb war ich total überrascht, als er dich an sich herangelassen hat. Das hat er sich sonst nie getraut.«
Ich wischte mir mit dem Ärmel über die Augen. Die Tränen waren eine Erleichterung. Sie schwemmten alles heraus, was mir auf dem Herzen gelegen hatte, und nahmen den Druck von meiner Brust.
»Am Anfang habe ich gedacht, dass Justin zu gut für mich ist«, gab ich zu. »Als ich ihn traf, hatte er schon das ganze Land bereist und alles Mögliche getan, von dem ich kaum zu träumen wagte. Ich hatte das Gefühl, er hätte genug Erfahrungen für fünf Leben gesammelt, während ich nicht einmal ein einziges ausfüllen konnte.«
»Das ist nicht wahr«, sagte Clare.
»Ich weiß. Aber zu dieser Einsicht musste ich erst einmal kommen. Am Anfang dachte ich, er könne mir so unglaublich viel beibringen, und ich selbst hätte ihm nichts zu geben. Aber in Wirklichkeit hat Justin sein Leben nicht besser im Griff als ich. In vieler Hinsicht ist er viel naiver.«
»Dann rede mit ihm darüber«, sagte Clare. »Vielleicht hast du recht und er braucht jemanden, bei dem er seine Trauer herauslassen kann. Ich hatte einfach nie den Mut, das Thema anzuschneiden. Aber du bist mutiger als wir alle zusammen.«
Kapitel Achtzehn
----
»Du bist jetzt genau vier Monate bei uns«, informierte mich Dr. Stevenson im Therapieraum zwischen den Imaginärschirmen. Ich hatte meine erste Sitzung seit Wochen. Was auch bedeutete, dass ich seit Wochen keine Tabletten mehr verabreicht bekommen hatte. Die Albträume waren fast verschwunden. Ich entwickelte sogar wieder Appetit.
»Nun ist es an der Zeit, dich wieder auf eigene Füße zu stellen«, ließ sie mich wissen. Ich setzte mich auf meinen Klappsitz und sie schaltete die Wandschirme an. Statt mir einen MindReader zu reichen, wie ich erwartet hatte, lud sie ein unbekanntes Programm hoch. Der Titel lautete DCLA : FIRST SETUP und erschien in blinkenden orangefarbenen Buchstaben an der Wand.
Sie erklärte mir, dass ich ungefähr zwei Stunden brauchen würde, um dieses Programm zu durchlaufen. »Wenn du dich registriert hast, kannst du es in Zukunft auch von deinem Zimmer aus
Weitere Kostenlose Bücher