Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
Held gewesen. Eine internationale Berühmtheit. Ich hielt ihn für unglaublich mutig und stark und hoffte, davon etwas geerbt zu haben. Nun wurde mir klar, dass ich ihn immer noch liebte, ob ich wollte oder nicht. Das Gefühl war in jede Faser meines Körpers eingebrannt. Und wenn man jemanden liebt, öffnet man sich automatisch. Man kann nichts dagegen tun, dass man dem anderen vertraut. Ich wollte nicht länger gegen meinen Vater ankämpfen. Unsere Feindschaft tat mir im Herzen weh. Ich wollte ihm einfach nur die Wahrheit sagen.
»Es gibt ein paar Dinge, die du wissen musst«, sagte ich und er nickte schnell. Wir hatten nicht viel Zeit. Also erzählte ich ihm eine Kurzfassung – dass im Center mit Gehirnwäsche gearbeitet wurde, dass man uns Panikattacken einpflanzte, um uns zu kontrollieren, dass wir unter Drogen gesetzt und seelisch gefoltert wurden.
»Das kann ich nicht glauben«, sagte er. »Wir haben Teenager getestet, nachdem sie aus einem Umerziehungscenter kamen, und keine Beweise für Misshandlungen gefunden, weder seelisch noch körperlich. Uns wurde auch nie Medikamentenmissbrauch gemeldet.«
Ich stöhnte. »Dad, könntest du für einen Moment aufhören, Menschen als statistische Einheiten zu betrachten? Ich bin kein Punkt auf einem Kurvendiagramm. Schau mich an. Du kannst doch selbst sehen, was hier mit uns angestellt wird. Im Center bringen sie uns um. Sie vergiften unsere Psyche. Jetzt ist keine Zeit, über Einzelheiten zu streiten. Mach die Augen auf und schau dich um. Das DS -System ist zu weit gegangen, siehst du das nicht? Ich bin der lebende Beweis. Wir sind keine Terroristen. Wir sind die Opfer.«
Mein Vater stieß einen ungeduldigen Seufzer aus. »Wenn du dich nicht mit Leuten wie Justin Solvi eingelassen hättest, wäre nichts von alledem passiert. Sie haben dich auf die schiefe Bahn gebracht, damit du dich ihrem radikalen Kult anschließt. Vielleicht erkennst du nun endlich, dass ich recht hatte.«
Ich funkelte ihn an. »Nichts davon ist Justins Schuld. Er ist der einzige Grund, warum ich in dieser Hölle überlebt habe«, gab ich zurück. »Meine Freunde helfen mir, das Ganze durchzustehen. Ich hätte schon vor Monaten fliehen können, aber ich habe darauf verzichtet, weil ich etwas erreichen will.«
Er schüttelte den Kopf. »Echte Freunde würden dich wohl kaum ermutigen, hierzubleiben und zu verrotten.«
»Kapierst du es nicht? Kennst du mich tatsächlich so wenig? Ich habe ganz allein entschieden, dass ich bleiben will. Dazu musste mich niemand ermutigen. Außerdem scheinst du zu vergessen, dass du derjenige warst, der mich hat einliefern lassen«, erinnerte ich ihn.
»Mir blieb keine andere Wahl. Paul hat dich erkannt. Die Medien haben sich auf die Story gestürzt. Ich konnte nichts tun.«
»Weil du Angst um dein Image hattest«, stellte ich fest.
Er holte tief Luft und blinzelte heftig. »Eines Tages wirst du mir hoffentlich verzeihen können«, sagte er. »Eines Tages wirst du verstehen, warum ich so handeln musste.«
Ich hasste solche Floskeln. ›Eines Tage wirst du verstehen‹ ist ein typischer Erwachsenenspruch. Eigentlich bedeutet er nur, dass sie sich nicht die Mühe machen wollen, uns zu verstehen.
Plötzlich wurde sein Blick ungläubig, als habe er erst jetzt gehört, was ich gesagt hatte. »Du behauptest, du hättest längst fliehen können, bist aber freiwillig geblieben? Warum?«
»Weil ich lieber unter schrecklichen Bedingungen um die Zukunft kämpfe, die ich mir erträume, als in Freiheit nur halb lebendig zu sein. Wenigstens weiß ich, was ich will. Das können heute die wenigsten Leute von sich behaupten.« Ich presste die Lippen zusammen und mein Blick wurde genauso störrisch wie seiner. Mit gedämpfter Stimme redete ich weiter. Damit ging ich ein großes Risiko ein. Aber er sah zum ersten Mal richtig verängstigt aus, und ich hoffte, dass mir eine Tür offen stand, durch die er mich nur selten einließ. Er zeigte mir seine verletzliche Seite, sodass ich durch seine meterdicken mentalen Mauern direkt zu seinem Herzen vordringen konnte. Ich hatte geglaubt, dieser Pfad sei mir verschlossen, doch anscheinend hatte ich mich geirrt. Er liebte mich immer noch. Und wenn man jemanden liebt, dann hilft man ihm, ob man will oder nicht.
»Meine Freunde arbeiten Tag und Nacht an einer Lösung. Wir wollen die gefangenen Teenager befreien, bevor es zu spät ist. Ohne ihre Hilfe wäre ich schon längst ein gehirntoter Zombie. Sie riskieren ihre Freiheit und treffen
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