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auch wenn es nicht echt ist. Das ist mir völlig egal!
Der letzte Schrei sind Eigenfett-Unterspritzungen: Unter die faltige Gesichtshaut wird Fettgewebe eingespritzt, das dem eigenen Körper an einer anderen Stelle entnommen wurde. So geliftete Personen erkennt man also nicht nur an den neuerdings straffen Wangen, sondern auch daran, dass ihr Hintern plötzlich schlabbert.
Ich selber bin viel zu feige, um zum Schönheitschirurgen zu gehen: Ich hätte Angst vor der Narkose. Ich hätte Angst vor der Operation. Ich hätte Angst vor den Schmerzen. Ich bin nicht perfekt, aber ich habe gelernt, damit zu leben. Und wenn ich ehrlich bin, möchte ich morgens im Spiegel Kaya Yanar sehen – und nicht seinen kleinen Bruder!
Freiwillige Operationen sind also nicht meine Sache. Mein Körper mag keine Schmerzen. Zumindest nicht, wenn es nicht sein muss. Im Beruf ist das etwas anderes: Wenn ich beim Slapstick von der Bühne falle, mir zur Erheiterung meines Publikums ein Scheinwerfer auf den Kopf fällt oder sich Cindy aus Marzahn in einer TV-Show versehentlich auf mich draufsetzt – ich lächele!
Wenn ich allerdings bei einer Arztpraxis klingeln muss – und sei es nur, weil der Herr Doktor meine Garageneinfahrt zuparkt –, dann sterbe ich tausend Tode!
Ich bin jetzt 37 Jahre alt. Da häufen sich die Arztbesuche. 37 ist das Alter, in dem der Körper beginnt, sich zu verändern. Bei mir fing es eigentlich schon ab Mitte dreißig an: Die Haare fielen aus, die Knochen wurden schwerer, und morgens beim Aufstehen knarzte ich lauter als das Bett! Plötzlich begann ich, Geräusche zu machen, wenn ich mich nach etwas umdrehte: „Haiiiiiiiiii oh!”
Ich klang wie ein Kung-Fu-Meister, der einen Betonklotz zerschlägt. Ich fühlte mich aber wie ein türkischer Comedian , der versucht, einen Betonklotz zu zerschlagen – und zwar mit der Wirbelsäule!
Aber das wäre alles nur halb so schlimm, wenn mich nicht die Sollbruchstelle des menschlichen Körpers quälen würde, diejenige Stelle, die als Erstes kaputtgeht: Bei Jeans sind die Sollbruchstellen Knie und Reißverschluss, bei modernen Autos ist es die Komfort-Elektronik (Fensterheber, Sitzheizung, Milchaufschäumer), und beim Menschen sind es die Zähne!
Mein Zahnarzt sagt, ich hätte einen zarten Zahnschmelz. Das klingt wie ein Kompliment, ist es aber nicht! Zarte Haut ist prima – zarter Zahnschmelz eine Katastrophe! Ich habe schon immer schlechte Zähne gehabt. Darum gehe ich auch äußerst ungern zum Zahnarzt.
Es gibt sicherlich Menschen, die gern zum Zahnarzt gehen – das ist billiger als eine Domina, und die Ehefrau fängt nicht an zu packen, wenn sie den Termin in seinem Kalender findet. Ich gehöre nicht zu diesen Menschen. Ich bin schon mit sechs Jahren traumatisiert worden. Seitdem zeige ich beim Zahnarzt immer das gleiche Verhalten: Wenn der Zahnarzt mit seinem Bohrer, seinem Kratzhaken oder einer Sonde auf mich zukommt,
rutsche ich ganz tief in den Sitz rein. Und bin dann weg. Verschwunden in dem Ritz zwischen Rückenlehne und Sitzfläche. Als ich noch ein Kind war, hörte ich dann gedämpft durch das Kunstleder des Zahnarztstuhls: „Komm raus, Kaya! Das ist doch albern!” Eine eigenartige Situation, aber immerhin war ich vor dem Bohrer sicher. Heute klappt das nicht mehr: Heute bin ich privat versichert – da folgt mir der Zahnarzt in die Ritze!
Ich habe die Vermutung, dass jeder Zahnarzt ein Sadist ist. Wer macht schon so was: Von Schmerzen anderer den eigenen Porsche finanzieren? Und auch die Dramaturgie eines Zahnarztbesuchs lässt darauf schließen, dass der Arzt Spaß am Leiden anderer hat.
Wenn ich die Praxis betrete, rieche ich schon klinisch-antiseptisch den Schmerz, das Leiden und den Tod. Darum lasse ich mir die erste Spritze immer schon von der Empfangsschwester geben, sonst schaffe ich den Weg ins Wartezimmer nicht. Der einzige Nachteil von Spritzen ist, dass ich danach immer labere wie Sylvester Stallone. Aber was macht das schon? Hauptsache, schmerzfrei!
Dann sitze ich im Wartezimmer und habe Angst. Und um mich herum sitzen zehn weitere Opfer … ich meine natürlich: Patienten, die auch Angst haben. In der Not greife ich sogar zu Frauenzeitschriften und versuche, mich mit Adelsgeschichten, Frikadellenrezepten oder Trendfrisuren abzulenken – doch es hilft nichts, die Bohrgeräusche durchdringen alles! Niemand mag Bohrgeräusche – außer Menschen, die in einem verschütteten Minenstollen auf Rettung warten! Ich will einfach nur raus.
Die
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