Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
Vom Netzwerk:
noch! Silberschläger unterdrückte einen Fluch. Besser, er verfolgte diese Spur erst einmal nicht so genau. Sowieso war es eher unwahrscheinlich, dass ein Mann von Stand solcherart Verbrechen beging, oder? Nein, er war sich ziemlich sicher, dass er den Mörder unter Gesindel und lichtscheuen Gestalten suchen musste.
    Sein Blick fiel auf die armselig gekleidete Tote. »Nun«, sagte er und mühte sich um einen beruhigenden Tonfall. »Wir werden sehen.«
    »Ihr müsst ihren Mörder finden!«, rief Lisa plötzlich. »Gertrud war zwar nur eine einfache Frau, aber es darf doch nicht sein …« Sie verstummte, schlug die Hand vor den Mund und schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Wir nehmen uns der Sache an«, versicherte Eberlein ihr. »Weißt du, ob Gertrud irgendwelche Feinde hatte?«
    »Feinde?« Lisa glotzte ihn verständnislos an.
    »Gibt es Leute, die sich mit ihr gestritten haben? Irgendwelche Drohungen?«
    »Gestritten?«, echote sie erneut, und Eberlein wollte sich schon abwenden, als sie ausrief: »Da war was!«
    Jetzt war auch Silberschlägers Neugier geweckt. »Was meinst du?«
    »Gestern Morgen!«, sagte Gertrud. »Da war eine Frau bei ihr am Marktstand. Sie hat behauptet, Gertruds Eier seien vergiftet. Sie haben eine ganze Weile miteinander gestritten.«
    Silberschläger winkte ab. »Eine Frau hat nicht genug Kraft …«
    »Katharina!«, fiel ihm Lisa ins Wort. »So hieß sie! Katharina Jacob!«
    Herr im Himmel! Silberschläger zuckte zusammen. »Sag das noch mal!«, befahl er scharf.
    Lisa erstarrte vor Schreck. »Katharina Jacob«, wiederholte sie.
    Konnte es wahr sein? War es göttliche Fügung, dass dieser Nameausgerechnet jetzt fiel, nur wenige Stunden nachdem Heinrich Kramer ihm ihren Namen ebenfalls genannt hatte? Und wenn ja: Was wollte Gott ihm dann damit sagen? Wollte er, dass dieser Mönch Katharina in die Finger bekam? Oder war es gerade das Gegenteil? Sollte er Katharina vor seinen dürren Klauen retten?
    Silberschläger unterdrückte die Erregung, die in seinen Adern zu pulsieren begann. Ein Zeichen!, dachte er. Nun musste er nur noch herausfinden, was es zu bedeuten hatte.
    Und das hieß, dass er Katharina aufsuchen musste.
    Silberschläger spürte, wie sich das Pulsieren in seinen Adern nach unten ausbreitete und es in seiner Hose eng wurde.
    Nachdem Donatus eine Weile wie ein gefangenes Raubtier im Hinterhof auf und ab marschiert war, war Hiltrud auf ihn aufmerksam geworden. Sie trat durch die Hintertür und fragte ihn, ob sie ihm helfen könne. Wortlos ließ er Hiltrud stehen, stürzte aus dem Hinterhof, rannte auf die Gasse und von dort aus weiter. Und weiter. Weiter! Die Bestürzung einfach aus dem Leib rennen. Quer durch drei Stadtviertel, atemlos vor Entsetzen und getrieben von den Dämonen, die Tobias’ Worte in ihm wachgerufen hatten. Erst als seine Schritte schwer auf den Holzbohlen des Drudenstegs polterten, wurde ihm klar, wohin es ihn getrieben hatte.
    Unvermittelt blieb er stehen, starrte in das aufgewühlte Wasser der Pegnitz, die hier durch ein Gitter in der Stadtmauer floss.
    »Kilian!« Der Schrei steckte in seinem Hals fest, drängte schmerzhaft über seine Lippen. Donatus umklammerte das Geländer und legte die Stirn auf seinen Handrücken ab.
    Hier hatten sie Kilian mit langen Stangen aus dem brodelnden Wasser gezogen.
    Wie eine riesige schneeweiße Puppe hatten sie ihn am Ufer abgelegt, und Donatus war neben ihm auf die Knie gesunken. Ungläubig hatte er auf das regungslose geliebte Gesicht gestarrt, und für einen langen Augenblick hatte er es nicht gewagt, es zu berühren. Einzelne Haarsträhnen hatten nass auf der blassen Haut geklebt, und als Donatus es endlich geschafft hatte, sie fortzustreichen, waren Wassertropfen daraus hervor geronnen und hatten Kilians Wangen genetzt. Sie hatten wie Tränen ausgesehen.
    Donatus selbst hatte nicht geweint. Nicht in diesem Moment, in dem der Schmerz sich in seinem Herzen mit dem Hass gegen jenen Menschen vermischte, der ihm das Schreckliche angetan hatte. Und auch nicht, als er erfuhr, dass Kilian als Selbstmörder ein christliches Begräbnis in geweihter Erde verwehrt werden würde. Er schwieg, als sie Kilian in einem Loch verscharrten, und auch noch, als die Gerüchte aufkamen, dass es an Heilig-Geist zu sodomitischen Praktiken gekommen war. Erst als sie behaupteten, Kilian sei wohl selbst Sodomit gewesen, da machte Donatus endlich den Mund auf. Er schrie sie alle an, all die Männer in diesem ehrwürdigen Spital, die Priester

Weitere Kostenlose Bücher