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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Kapitel
    Mit weit ausgreifenden Schritten, denen sein Gehilfe Klaus Eberlein kaum zu folgen vermochte, schritt Gernot Silberschläger die Burgstraße entlang in Richtung Pegnitz. Er hatte schlechte Laune, weil er die vergangene Nacht wegen dieses elenden Predigermönchs und der Vereinbarung über Katharina Jacob, zu der er sich hatte überreden lassen, schlecht geschlafen hatte. Sein Magen schmerzte noch immer von dem Branntwein, den er vor dem Zubettgehen getrunken hatte. Und zu allem Überfluss hatte man heute Morgen eine weitere Leiche mit aufgeschlitzter Kehle gefunden. Eben dahin war er jetzt auf dem Weg.
    Er unterdrückte einen lästerlichen Fluch. Wenn er wenigstens dem Gedanken, mit dem er kurz vor Sonnenaufgang aufgewacht war, nachgegeben und sich mit einer seiner Dienstmägde ein wenig vergnügt hätte. Dann wäre der Druck in seinem Innersten nun nicht ganz so groß gewesen. Aber er hatte sich dagegen entschieden, das Mädchen zu sich zu rufen, weil ihm wieder Katharinas Gesicht erschienen war und er plötzlich keine Lust mehr auf die dümmlichen Hühner gehabt hatte.
    »Wo liegt diese Leiche?«, schnaufte Eberlein neben ihm und riss ihn damit aus seinen Selbstvorwürfen. Das breite Gesicht des Büttels war übersät mit roten Flecken, von denen die meisten jedoch nicht vom schnellen Laufen, sondern eher von zu viel Branntweingenuss kamen.
    »Im Gerberviertel«, gab Silberschläger zurück.
    Grimmig versuchte er, sich auf seine Pflicht zu konzentrieren. Erst würde er sich um diese Leiche kümmern, und dann wollte er zu Kramer gehen, ihm sein Geld zurückgeben und ihm sagen, er solle sich jemand anderen suchen, der ihm half, Katharina ins Lochgefängnis zu werfen. Und danach würde er sie vielleicht vor diesem Kerl warnen …
    Eberlein stolperte über einen hochstehenden Pflasterstein. »Im Gerberviertel?«, meinte er erstaunt. »Eine Frau von dort?«
    Silberschläger nickte. »Offenbar ein Marktweib.« Er wusste, warum Eberlein so verwundert aussah. Wenn es einen Mord im Spittlertor oder im Gerberviertel gab, schickte Silberschläger gewöhnlich seine Männer dorthin. Denn was er an seiner Arbeit als Lochschöffe überhaupt nicht mochte, war die Tatsache, dass er sich auch um Morde zu kümmern hatte, die in den Armutsvierteln geschahen. Dabei konnte man sich kaum Sporen verdienen, und wenn es ihm tatsächlich ab und an gelang, den Täter unter diesen erbärmlichen Gestalten ausfindig zu machen, ließ sich daraus meist nicht einmal persönlicher Profit schlagen. Was der Grund dafür war, dass Silberschläger es so oft wie nur möglich vermied, sich mit solchen Fällen selbst zu befassen.
    Missmutig trat er einen Kieselstein aus dem Weg. »Es wurde gemeldet, dass der Frau die Kehle aufgeschlitzt worden ist«, sagte er.
    »Die Kehle aufgeschlitzt!« Verstehend nickte der Büttel.
    Silberschläger wusste, was er dachte. »Ja. Genau wie dem Spitalmeister. Und dem Kerl von neulich.«
    Ein paar Wochen vor dem toten Konrad Rotgerber hatten sie schon eine Leiche entdeckt, der man die Kehle von einem Ohr zum anderen aufgeschlitzt hatte: die Leiche eines Mannes, der nicht aus Nürnberg stammte, sondern fremd in der Stadt gewesen war. Da in diesem Fall der Friede der Stadt nicht gestört worden war, hatte man zwar den Toten ins Lochgefängnis geschafft, wie es bei Mordopfern üblich war, dann aber die Sache auf sich beruhen lassen.
    Bis gestern. Konrad Rotgerber war alles andere als fremd hier. Und er hatte als Mann von tadellosem Leumund gegolten.
    »Ein Fremder, ein Spitalmeister und ein Marktweib?« Eberlein kratzte sich am Kinn. »Wie passt das zusammen?«
    Silberschläger zuckte die Achseln. Genau das hatte er sich auch schon gefragt.
    »Ist es derselbe Mörder?«, sann Eberlein.
    »Möglich.« Silberschläger schauderte. »Aber selbst wenn es so ist, müssen wir versuchen, jeden Anschein davon zu vermeiden.«
    Eberlein war anzusehen, dass er sich fragte, warum, aber Silberschläger zog es vor, sich ihm nicht zu erklären. Auf keinen Fall durften die Leute denken, dass schon wieder ein wahnsinniger Mörder in Nürnberg sein Unwesen trieb. Zweimal war dies allein in den letzten zwei Jahren der Fall gewesen, und jedes Mal war es dabei zu äußerstunschönen und gefährlichen Ausschreitungen gekommen. Einmal waren diese Ausschreitungen allerdings auch der Grund für seine Begegnung mit Katharina Jacob gewesen.
    Katharina …
    Konzentrier dich!, mahnte er sich. Ein jedes Ding zu seiner Zeit.
    Seine Aufgabe war es,

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