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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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des Angriffs überrascht, auf dem Hintern saß, stand Matthias mit blitzenden Augen über ihm.
    »Rühr sie nie wieder an!«, schrie er. »Sie ist nicht besessen! Hörst du mich? Sie ist nicht besessen!«
    Ihr Vater brauchte einen Moment, bis er seine Überraschung überwunden hatte. Dann hatte er sich aufgerappelt und sich nach seinem Gürtel gebückt. Katharina befürchtete, dass er sich nun Matthias vorknöpfen würde, aber er hatte nur schweigend den Kopf geschüttelt und war fortgegangen.
    Zwei Tage war er nicht nach Hause gekommen, und als er schließlich doch noch zurückgekehrt war, hatte er Matthias eine solche Abreibung verabreicht, dass der Junge fast eine Woche lang im Stehen essen musste.
    Diese Auflehnung ihres geliebten Bruders gegen die Macht des Vaters war der Beginn von Katharinas langem Weg gewesen, sich von der Angst, sie könnte besessen sein, zu befreien. Mühsam hatte sie sich Stück für Stück von diesem Glauben freigemacht, hatte durch Taten und Gedanken darum gerungen, ihre Angst zu überwinden. Und nun? Hatte sie all diese Mühen, all die finsteren Nächte voller Grübelei und Hadern nur dafür auf sich genommen, dass sie jetzt mit Spindlers Hilfe erkannte, dass ihre melancholia eigentlich von einer ganz anderen Ursache herrührte?
    Vom Fehlen göttlicher Gnade?
    Ein Windhauch ging durch die Friedhofsbüsche, die den Weg auf der anderen Seite der Grabstellen säumten. Katharina fröstelte.
    »Matthias«, murmelte sie erneut.
    Der Wind legte sich wieder, und für einen ganz kurzen Moment hatte Katharina das Gefühl, jemand stünde hinter ihr. Sie glaubte, eine warme Hand zu spüren, die über ihrer Schulter schwebte, sie jedoch nicht berührte.
    Rasch drehte sie sich um.
    Doch da war niemand.
    Tränen traten ihr in die Augen. Matthias war fort. Für immer. Bei ihm konnte sie keinen Trost mehr finden, und der einzige Mann, bei dem sie es seither gekonnt hatte, war weit, weit entfernt in der Toskana.
    »Richard«, flüsterte Katharina.
    Dann erhob sie sich. Sie klaubte die verwelkten Blumen auf, warf sie auf den Haufen in der Ecke des Friedhofes, der dafür vorgesehen war. Schließlich machte sie sich auf den Weg nach Hause.
    Sie hatte Hiltrud und die anderen einfach mit all ihren Pflichten alleingelassen. Es wurde Zeit, dass sie sich zusammenriss und sich endlich wieder um die Menschen kümmerte, die ihr anvertraut waren.
    Arnulf erwachte, weil jemand lautstark an die Tür klopfte.
    Neben ihm regte sich etwas, die Decken und Kissen des Bettes gerieten in Bewegung, und dann kam ein verstrubbelter Haarschopf zum Vorschein. »Wer ist das?«, murmelte Mina verschlafen.
    Arnulf hatte sich aufgesetzt. Jetzt schlang er das Laken um seine Hüften, mit dem Mina selbst gerade versuchte, ihre Blöße zu bedecken. »He!«, protestierte sie, überließ ihm das Laken jedoch. Ohne sich um ihre Nacktheit zu scheren, drehte sie sich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Wer es auch ist: Schick ihn wieder weg!«
    Arnulf ging zur Tür, schob den Riegel zur Seite und spähte auf den Gang hinaus.
    »Ausgeschlafen?« Die Stimme von Niklas, dem Wirt der »Krummen Diele« klang spöttisch.
    »Nein«, gab Arnulf ebenso spöttisch zurück. »Von einem Narren aufgeweckt worden, der nicht weiß, dass er mit seinem Leben spielt.«
    Gleichgültig zuckte Niklas die Achseln. »Ich wollte dich eigentlich nur fragen, wie weit du mit deinen Nachforschungen bist.« Unten in der Küche fiel irgendetwas Schweres zu Boden und schepperte dabei laut. Niklas verzog missbilligend die Augenbrauen, richtete seine Aufmerksamkeit dann jedoch wieder auf Arnulf.
    »Bisher war ich noch nicht sehr erfolgreich«, gab der Nachtrabe zur Antwort. »Aber ich tue mein Bestes.«
    Wenn Niklas ahnte, dass er angelogen wurde, so zeigte er es zumindest nicht. »Gut«, murmelte er. Dann zog er sich zurück.
    Arnulf schob die Tür ins Schloss und legte den Riegel wieder vor. Als er sich zu Mina umdrehte, hatte sie sich aufgesetzt und die graue Decke um ihren Leib geschlungen. Gegen den dunklen Stoff wirkte ihre helle Haut weich und weiß wie Milch.
    Der Anblick ihres Körpers ließ das Blut in Arnulfs Adern schneller fließen.
    »Was wollte er?«, fragte sie.
    Er ging zum Bett zurück und ließ sich auf der Kante nieder, ohne dabei das Laken, das noch immer um seine Hüften geschlungen war, loszulassen. »Ich habe ihm versprochen, ein paar Dingen nachzugehen.«
    Mina beugte sich zu ihm herüber. Mit dem Fingernagel des

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