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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Huren, die an einem Brunnen ganz in der Nähe des Weißen Turms standen, schüttelten die Köpfe, als er Richards Namen nannte.
    »Er ist wieder in der Stadt?«, sagte die eine von ihnen mit einem hoffnungsvollen Lächeln. »Nein. Wenn ich ihn gesehen hätte, würde ich mich dran erinnern. So bezecht war ich gestern Abend nicht.«
    Arnulf wandte sich in Richtung »Diele«, und als er gerade in die Gasse einbiegen wollte, stand plötzlich Jonas mit seinem Hund vor ihm.
    »Arnulf!«, grüßte der Junge. »Ich habe gehört, du suchst nach deinem Freund?«
    Wie so oft fragte sich Arnulf, wie dieser Jungspund es schaffte, stets derartig gut über die Dinge auf dem Laufenden zu sein. Er würde später einmal einen großartigen Nachtraben abgeben, wenn er erst ein wenig älter – und härter – geworden war.
    »Ja.« Arnulf warf einen Blick auf Jonas’ riesigen fuchsfarbenen Hund.
    Jonas tätschelte Rubius’ Kopf. »Darum bin ich hier. Der Dicke hier kann uns vielleicht helfen, Richard zu finden.«
    Skeptisch schaute Arnulf Jonas an. »Wie das?«
    »Rubius hat eine hervorragende Nase. Wenn ich ihm sage, dass er uns zu Richard führen soll, macht er das.«
    Arnulf lachte. »Das ist nicht dein Ernst, oder?«
    Jonas grinste breit. »Mein voller Ernst, Herr Nachtrabe! Hast du irgendwas von Richard, ein Kleidungsstück oder so?«
    »Er hat gestern Abend in der Diele seinen Hut vergessen.«
    »Perfekt!« Zackig drehte Jonas sich um und marschierte einfach los. »Komm, Rubius! Es gibt Arbeit!«
    Arnulf kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als er nun miterlebte, was geschah. In der »Diele« bat Jonas den Wirt, ihm Richards Hut zu geben, und dann hielt er ihn seinem Hund vor die Nase.
    »Rubius!«, sagte er eindringlich. »Such!«
    Mehr war nicht nötig.
    Rubius schnüffelte hörbar an dem Hut, steckte seine feuchte Schnauze fast zur Gänze hinein, dann schaute er seinen Herrn erwartungsvoll an.
    Jonas wies auf den Boden. »Such!«, befahl er noch einmal.
    Rubius senkte den Kopf und begann zu schnuppern.
    Dicht bei der Tür stieß er ein freudiges Jaulen aus.
    »Er hat eine Spur!«, verkündete Jonas und knuffte Arnulf gegen den Arm. »Los! Jetzt müssen wir schnell sein!«
    Er öffnete dem Hund die Gasthaustür, und das Tier schoss mit einem aufgeregten Winseln davon. Die Nase immer auf dem Boden, rannte er in Richtung Norden, vorbei am Alten Spital, dann nach links und am »Roten Ochsen« vorbei, bis er sie direkt in das Gerberviertelunten am Fluss führte. Sie durchquerten die Ledergasse, und gleich darauf bog der Hund in eine schmale Gasse ab.
    Mit einem lauten Jaulen hielt er an.
    Arnulf und Jonas, die ihre Mühe gehabt hatten, ihm zu folgen, holten ihn ein und blieben erschrocken stehen.
    Sie befanden sich in einem Hinterhof, der mit Hühnerställen vollgestellt war. Die Tiere machten einen Höllenlärm, als sie Rubius bemerkten, aber der große Hund kümmerte sich nicht um das Federvieh.
    Laut bellend blieb er vor einer riesigen dunklen Lache stehen.
    Jonas trat neben ihn und tätschelte ihm den Rücken. »Scheiße!«, murmelte er. »Das ist Blut!«
    Arnulfs Magen verkrampfte sich, als er der Menge gewahr wurde, die hier vergossen worden war. »Bist du sicher, dass Richard hier war?«, fragte er durch zusammengepresste Lippen.
    Jonas blickte auf seinen Hund. »Rubius ist es.« Ihm war anzuhören, dass er lieber etwas anderes gesagt hätte. Mitleidig schaute er Arnulf ins Gesicht. »Was nun?«
    Arnulf bückte sich. In der von all dem Blut noch feuchten Erde war schwach der Abdruck eines Körpers zu erkennen. Ganz in der Nähe schien der Boden aufgewühlt, gerade so, als habe dort ein Kampf stattgefunden. Mitten in dem Schlamm befand sich eine weitere, kleinere Blutlache.
    Arnulf entdeckte sie genau in dem Augenblick, in dem Rubius sich von der großen Lache abwandte und erneut den Boden zu beschnüffeln begann.
    »Schick ihn mal hierher«, bat der Nachtrabe Jonas und zeigte auf die aufgewühlte Stelle.
    Jonas gab dem Hund den entsprechenden Befehl. Rubius schnüffelte an der kleineren Lache, dann jaulte er erneut auf und rannte zum zweiten Mal los.
    »Sieht so aus«, sagte Jonas zufrieden, »als hätte Richard diesen Ort lebend verlassen.«
    Die Insel Schüdt wurde von zwei Armen der Pegnitz gebildet, die sich unmittelbar nach der östlichen Stadtmauer teilte und ein Areal einfasste, auf dem sich hauptsächlich Gärten und Wiesen befanden.
    »Hier lang!« Jonas folgte Rubius über einen der hölzernen Stege zur Insel.

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