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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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auf sich zukommen, wusste nicht, ob es vor oder nach der Entdeckung der schwerverletzten Frau gewesen war. Er spürte, wie er zu Boden gerissen wurde, und jetzt überkam ihn die Scham darüber, dass er zu schwach gewesen war, um sich wie ein Mann zur Wehr zu setzen, mit aller Kraft.
    Er senkte den Kopf. Mit wenigen Worten beschrieb er, woran er sich erinnerte.
    »Wie kam es zu der Schulterwunde?«, fragte Arnulf.
    Richard wollte die Achseln zucken, aber das war keine gute Idee. Mit einem Stöhnen griff er sich an die Wunde. Katharina hielt seine Hand fest. »Nicht!«
    Einen langen Moment schaute sie ihm in die Augen, und er vergaß alles um sich herum, ihr Gespräch, Arnulf, sogar den Schmerz. Ihre Lippen pressten sich aufeinander, Richard schluckte bei dem Anblick. Dann besann er sich auf Arnulfs Frage. »Ich weiß es nicht. Ich bin zwischendurch einmal aufgewacht, weil eine Frau gekreischt hat.« Die Erinnerungen kamen jetzt in Wellen, hämmerten sich in seinen Verstand. »Die Frau, die ich zuvor hatte schreien hören, sie lag da. Tot. Da war eine Menge Blut, und das Messer steckte …« Er unterbrach sich, schaute auf seine Schulter, sodass Katharina und Arnulf begriffen, was er hatte sagen wollen. »Und mein Schwert lag in der Blutlache.«
    Draußen auf dem Flur ging die Haustür, Schritte ertönten, und ein Mann betrat die Küche. Er war massig, seine kurzen Haare semmelblond, und ganz offensichtlich gehörte er zu diesem Haushalt, denn Katharina nickte ihm nur zu. Richard verspürte einen Stich der Eifersucht. Zwischen dem Blonden und Arnulf gab es ein kurzes Blickgefecht.
    »Was ist hier los?«, fragte der Blonde. Trotz seiner kräftigen Oberarme hatte er etwas Weiches, Weibliches an sich.
    Katharina richtete sich auf, trat einen Schritt zurück. »Donatus«, sagte sie. »Das ist Richard Sterner.«
    Sie schien ihm von ihm erzählt zu haben, denn Donatus’ Augenbrauen zuckten in die Höhe, und mit jäh erwachtem Interesse musterte er Richard.
    Richard hätte ein Vermögen dafür gegeben, zu erfahren, was er dachte.
    »Ich dachte, er ist in der Toskana.« Donatus’ Blick huschte zu Katharina, dann zu Arnulf, wieder zu Katharina und endlich zu Richard. »Gut, dass Ihr da seid«, sagte er. Zu Richards Überraschung klang er so, als meine er es ehrlich.
    Arnulf grinste nur.
    Katharina strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Dabeischmierte sie einen blutig roten Streifen quer über ihre Wange. Sein Blut. Mit dem Knöchel seines Daumens rieb Richard sich über die Stirn.
    Katharina nahm die Schüssel vom Boden auf. »Wo warst du?«, fragte sie Donatus.
    Er winkte ab. »Später! Kümmere dich erst mal um ihn.« Und als sei es das Selbstverständlichste von der Welt, durchquerte er die Küche und verschwand kurz in der kleinen Kammer, aus der Hiltrud zuvor die Seife geholt hatte. Als er zurückkehrte, hielt er eine Flasche in der Hand, die er in Richards Reichweite auf den Tisch stellte.
    »Eure Wunden sehen übel aus«, sagte er. »Ihr solltet davon trinken, das wird das Fieber in Schach halten.«
    Richard blickte auf die Flasche, dann in Katharinas Gesicht. Sie nickte. »Es ist eine Medizin, die ich von Dr. Schedel bekommen habe. Sie hilft, Wundfieber zu unterdrücken.« Sie nahm einen irdenen Becher von einem Regal neben dem Herd und reichte ihn Richard.
    Er schenkte sich ein und setzte den Becher an die Lippen. Die Flüssigkeit rann ihm heiß und brennend die Kehle hinunter. Er schmeckte Kräuter – Rosmarin vor allem – und starken Branntwein. Er unterdrückte ein Husten. »Danke«, sagte er und gab Donatus die Flasche zurück.
    Der Mann nickte nur. Er stellte die Flasche auf dem Herd ab, dann trat er zur Seite, lehnte sich gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust. Misstrauisch sah er Arnulf an.
    Die Anspannung zwischen ihm und dem Nachtraben war deutlich zu spüren, doch Arnulf schien sie nicht zu kümmern. Er wandte sich wieder Richard zu und brachte das Gespräch zurück auf die Ereignisse des vergangenen Abends. »Viel Blut?«, wiederholte er Richards Worte. »Weißt du, wo das war?«
    »Im Gerberviertel. In irgendeinem Hinterhof.« Ein Summen entstand in Richards Kopf.
    »Scheiße!« Arnulfs Fluch kam so von Herzen, dass Richard ein mulmiges Gefühl bekam. Leichter Schwindel erfasste ihn.
    »Was ist?« Es war Katharina, die diese Frage stellte. Sie stand noch immer mit der Schüssel im Arm da, hochaufgerichtet, die Schultern zurückgenommen wie eine Statue.
    »Jonas hat mir mit

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