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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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an. »Kannst du laufen?«
    »Ich glaube schon.« Während er das sagte, hatte Richard den Blick auf Katharina geheftet, und in seinen Augen standen die unterschiedlichsten Gefühle zu lesen. Behutsam, jederzeit bereit, ihn aufzufangen, falls er wieder ohnmächtig werden würde, ließ Arnulf ihn los. Als der Nachtrabe sicher war, dass Richard allein stehen konnte, bückte er sich, nahm das blutige Schwert an sich.
    »Dann ab!«, kommandierte er.Richard hatte sich das Wiedersehen anders vorgestellt.
    Die ganzen vergangenen Wochen, seit er sich entschieden hatte, zurück nach Nürnberg zu reisen, und auch während der Reise selbst hatte er sich wieder und wieder ausgemalt, wie er Katharina gegenüberstehen würde. An ihrer Tür würde er läuten, und sie würde ihm öffnen. Erschrocken würde sie aussehen, aber dann würde ein Strahlen über ihr Gesicht gleiten, er würde sie in den Arm nehmen. Und später dann, vielleicht nicht allzu viel später, würde er sie auf ihr Bett legen …
    Stattdessen hing er hier nun wie ein nasser Lappen zwischen Arnulf und diesem jungen Mann mit der Kerbe im Ohr und kämpfte gegen Übelkeit, Schmerzen und Ohnmachtsanfälle.
    »Ich … bin nicht bezecht«, murmelte er. Er wollte, dass Katharina es hörte. Sie ging zwei Schritte hinter ihnen, und er ahnte, dass seine Stimme zu schwach dafür war. Die Einzigen, die ihn verstehen konnten, waren Arnulf und Jonas.
    »Wissen wir«, sagte Arnulf. Er sah grimmig aus. Grimmig und besorgt.
    Scham ergoss sich über Richard wie eine Sturzflut. Er musste sich zusammennehmen! Auf keinen Fall wollte er Katharina wieder verlieren, bevor er überhaupt Gelegenheit gehabt hatte, sie zurückzugewinnen. Er knirschte mit den Zähnen.
    Sie kehrten der Insel Schüdt den Rücken. In der Nähe des Katharinenklosters verließen Richard plötzlich die Kräfte, und er geriet ins Taumeln. Seine Begleiter zogen ihn wieder auf die Füße, und Arnulf wehrte den neugierigen Blick einer alten Frau ab, indem er sie mit seinem finstersten Nachtrabengesicht anstierte. Nachdem die Alte sich eilig getrollt hatte, setzten sie ihren Weg fort und erreichten schließlich ohne weitere Zwischenfälle das Fischerhaus.
    Dort empfing sie eine ältere Frau, die einen entsetzten Schrei ausstieß, als sie Richards ansichtig wurde. »Jesus, Maria und Josef! Was ist geschehen?«
    Katharina ging an den Männern vorbei als Erste ins Innere des Hauses. Während Jonas mit seinem Hund an der Haustür zurückblieb, half der Nachtrabe Richard, die wenigen Stufen des Haussteins zu überwinden.
    »Es sieht schlimmer aus, als es ist, Hiltrud!«, sagte Katharina zu derälteren Frau. »Aber er braucht unsere Hilfe.« Sie wandte sich an Arnulf. »Bring ihn in die Küche!«
    Er tat, was sie verlangte, und führte Richard in den hinteren Teil des Hauses, in einen großen Raum mit Herd und einem Holztisch. Dort half er ihm, sich auf eine Bank zu setzen. Damit Katharina ihn besser untersuchen konnte, schob er kurzerhand den Tisch zur Seite.
    »Eine Schüssel«, befahl Katharina der Frau, die sie Hiltrud genannt hatte. »Und Tücher. Schnell!«
    Die Frau nickte und machte sich daran, das Gewünschte zu bringen. Aus einem Eimer neben dem Herd schöpfte sie Wasser in eine Metallschüssel und brachte sie an den Tisch. Während Arnulf Katharina half, Richard seine blutigen Sachen auszuziehen, eilte die Alte los, um Tücher zu holen. Richard bemerkte, dass sie stark humpelte.
    Sein Reitmantel fiel als Erstes zu Boden, dann sein blutiges Hemd. Mit einem Anflug von Befangenheit dachte Richard daran, wie oft er in seinen Träumen schon derart entblößt vor Katharina gestanden hatte. Ihre Nähe, ihr warmer Atem, der über seine nackte Haut strich, verursachten ihm einen Schauder.
    Arnulf schnaubte leise. Er hatte seinen Hut abgenommen und achtlos auf den Tisch geworfen.
    Während Katharina seinen Oberkörper noch einmal genauer nach Wunden absuchte, saß Richard schwankend auf der Bank und hielt die Augen geschlossen.
    »Jetzt rede endlich!«, knurrte Arnulf. »Was ist passiert?«
    Langsam schüttelte Richard den Kopf. Die Berührungen von Katharinas Fingerspitzen auf seiner Haut fühlten sich an wie Liebkosungen. Er zwang sich, sich davon nicht einlullen zu lassen, sondern versuchte, seine Erinnerungen zurückzuholen. Sie waren dunkel und verschwommen.
    »Das Letzte, was ich noch sicher weiß, ist, dass wir zusammen in der ›Diele‹ saßen.«
    »Stimmt.« Arnulf zog sich einen Schemel heran, setzte sich jedoch

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