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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Bürgermeister. Was führt Euch zu mir?«
    Silberschläger legte die Hände auf dem Rücken zusammen und lächelte. Er trug einen kostbaren Mantel mit rotem Pelzbesatz und darunter ein vielfach gefälteltes weißes Hemd. Ein intensiver Geruch nach Sandelholz ging von ihm aus, der Katharina in der Nase kitzelte. »Frau Jacob!«, schnurrte er. »Wie schön, Euch einmal wiederzusehen. Es ist schon eine ganze Weile her, nicht wahr?«
    Katharina nickte knapp. »Ja.« Sie wies auf die vorderste der Bänke. »Wollen wir uns setzen?« Ihr war bewusst, dass es unhöflich war, Silberschläger nichts anzubieten. Eigentlich hatte sie vorgehabt, ihren Gast mit in die Stube zu nehmen, aber jetzt, da sie sah, mit wem sie es zu tun hatte, beschloss sie, ihre Pläne zu ändern. Silberschläger brauchte nichts von Richards Anwesenheit zu erfahren. Er konnte gut hier in der Kapelle mit ihr sprechen.
    Wenn der Bürgermeister das als Beleidigung empfand, so ließ er es sich nicht anmerken. Mit einem freundlichen Lächeln bedankte er sich und ließ sich auf der Bank nieder.
    »Was führt Euch nun zu mir?«, fragte Katharina erneut und setztesich gleichfalls. Alles in ihr erzitterte vor der Antwort, die er geben mochte.
    Seine Augen huschten in den Höhlen hin und her, seine Blicke tasteten über Katharinas Körper, sodass sie sich vorkam, als würde er sie betatschen. »Nun«, meinte er. »Es gibt Hinweise darauf, dass Ihr in Verbindung steht mit einigen Morden hier in der Stadt.« Er lächelte entschuldigend.
    Sie hatte es kommen sehen!
    »Das ist unmöglich!«, behauptete sie, doch ihre Gedanken eilten auf der Stelle zu Richard im Nebenzimmer, zu seinen blutbesudelten Händen, dem blutigen Schwert. Und wie an einem Faden gezogen sprangen sie von Richard zu Arnulf und hin zu Rotgerber. »Was für Hinweise?«, gelang es ihr, zu fragen. Sie wusste, dass Silberschläger ihr ihren Schrecken ebenso deutlich ansehen konnte, wie er den belegten Tonfall ihrer Stimme hörte. Sie räusperte sich. Reiß dich zusammen!, schalt sie sich.
    »Heute Morgen«, begann Silberschläger, »wurde im Gerberviertel eine Frauenleiche gefunden.«
    Katharina schloss die Augen. Ihr Magen fühlte sich an wie ausgehöhlt. »Was hat das mit mir zu tun?«, fragte sie knapp.
    »Nun, die Tote trägt den Namen Gertrud«, erklärte Silberschläger. Sein Blick lag auf Katharinas Gesicht, während er weitersprach. »Sie verkaufte Eier auf dem Refmarkt.«
    Das hohle Gefühl in ihrem Magen verwandelte sich in einen Eisklumpen, die Gedanken hämmerten wie Schläge durch ihr Gehirn. Rotgerber und Arnulfs Warnung. Gertrud. Ihr Streit um die verdorbenen Eier. Richard, der Gertrud hatte sterben sehen …
    »Ihr kennt diese Gertrud, stimmt es?«, fragte Silberschläger.
    Katharina nickte langsam. Er wusste es ohnehin, es würde keinen Zweck haben, es zu leugnen. »Ich kaufe gewöhnlich meine Eier bei ihr.«
    »Gewöhnlich?«
    »Die letzten waren schlecht.« Katharina atmete tief durch. »Wir hatten einen Streit deswegen.« Sie schaute Silberschläger unverwandt an. »Ich vermute, das ist der Grund, warum Ihr hier seid, oder?«
    Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Schneidezähne. »Nun, ich fürchte, ja. Es ist meine Pflicht, Euch zu befragen, sobald Euer Namein Zusammenhang mit einem Mord fällt.« Er hob in einer bedauernden Geste die Hände. »Aber seid unbesorgt. Ich bin auf Eurer Seite!«
    Katharina wurde nicht schlau aus ihm. Was genau wollte er von ihr? Sie richtete den Blick auf das Kreuz. Die Christusfigur daran war aus Holz geschnitzt, und einer ihrer Arme war einmal abgebrochen gewesen. Jemand hatte ihn mehr schlecht als recht mit Leim repariert. »Ihr glaubt nun aber nicht, dass ich wegen ein paar verdorbener Eier zum Dolch greife und Menschen ermorde.«
    Überrascht blickte der Bürgermeister sie an. »Woher wisst Ihr, dass der Täter einen Dolch benutzt hat?« Entspannt lehnte er sich zurück und legte seinen Arm auf die Rückenlehne der Bank.
    Seine Hand befand sich nur noch eine knappe Spanne von Katharinas Schulter entfernt. Sie rührte sich nicht. »Ich habe es nur vermutet.«
    »Vermutet.« Er lächelte. »Ihr seid eine kluge Frau, meine Liebe. Wisst Ihr das?«
    In Katharina wuchs die Verunsicherung. Wenn es hier nicht um den Mord an dieser Gertrud ginge, hätte sie glauben können, Silberschläger versuche, ihr auf seine unbeholfene, ekelhafte Art den Hof zu machen. »Es gehört nicht allzu viel dazu, zu vermuten, dass man einen Dolch benötigt, um

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