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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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stehst du da schon?«, fragte sie. Ihre Stimme klang brüchig.
    Er rührte sich nicht. »Lange genug, um zu wissen, dass du ihn liebst.«
    Jetzt wandte sie sich zu ihm um, sah den mitleidigen Ausdruck in seinen Augen. Der Flur, die Möbel, sogar das Sonnenlicht, das in schrägen Bahnen durch die Fenster ins Haus fiel, alles hatte einen grauen Farbton angenommen.
    Sie machte einen Schritt vorwärts. Es kostete sie beinahe mehrKraft, als sie aufbringen konnte. »Jetzt rede schon!«, sagte sie barsch zu Donatus. »Was ist mit Tobias?«
    Er sah sie skeptisch an, und kurz fühlte sie sich wie ein Patient unter dem gestrengen Blick eines Medicus. Sie zwang sich, ihre Aufmerksamkeit auf Tobias und seine Probleme zu richten. Vielleicht würde das die melancholia ein bisschen mildern.
    Endlich nickte Donatus. »Er ist seit heute Morgen verschwunden, jedenfalls sagt das Hiltrud. Ich habe ihn schon überall gesucht, aber er ist … weg.« Er holte Luft, bevor er das letzte Wort aussprach.
    Katharina trat zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wovor hast du Angst?«, fragte sie.
    »Dass er sich umbringt, so wie Kilian, und dass ich es nicht verhindert habe.« Er wirkte auf einmal um viele Jahre jünger, und Katharina erschauderte bei dem Gedanken daran, wie er ihr von den Misshandlungen in Heilig-Geist erzählt hatte.
    »Du hast dich auch nicht umgebracht«, erinnerte sie ihn.
    Er schien nicht zu verstehen, was sie ihm damit sagen wollte, also erklärte sie es ihm.
    »Es gibt Menschen, die mit dem Furchtbaren besser fertig werden als andere. Du bist so jemand. Vielleicht ist es auch Tobias.« Während sie diese tröstenden Worte aussprach, wanderten ihre Gedanken zu Richard. Wie viel Furchtbares würden sie beide noch aushalten müssen, bevor Gott ihnen ein bisschen Frieden schenkte?
    Um sich von diesen ketzerischen Gedanken abzulenken, verschränkte sie die Arme vor der Brust und krallte die Fingernägel in ihre Oberarme.
    Donatus schüttelte langsam den Kopf. »Du hast mich falsch verstanden«, flüsterte er.
    »Was meinst du?«
    »Du glaubst, das … das Schwein hat auch mir …«, er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, »… Gewalt angetan.«
    »Du hast mir davon berichtet.«
    Jetzt nickte er. Es war eine ebenso langsame Bewegung wie zuvor das Kopfschütteln. Er wirkte plötzlich wie in einem Alptraum gefangen. »Aber es waren keine eigenen Erfahrungen. Kilian hat mir das alles erzählt, kurz bevor er sich umgebracht hat.« Er rieb sich die Nase. »Sie haben mich aus dem Spital geworfen, weil sie meinten, ich würdees mit meinen dreckigen Lügen beschmutzen. Sie haben gedroht, mich beim Rat anzuzeigen, weil ich … Kilian …« Nun rannen ihm Tränen über das Gesicht. »Aber ich habe ihn nicht … ich habe ihm nie weh getan, wie dieses Schwein, das ihn mit dieser beschissenen Melodie … mitten in der Nacht …« Er brach ab. Sein massiger Körper schüttelte sich unter Schluchzen.
    Katharina nahm ihn beim Arm und führte ihn zurück in die Stube. Auf dem Sofa, auf dem eben noch Richard gesessen hatte, drückte sie ihn nieder. »Was ist es, was dich wirklich quält?«, fragte sie leise und kniete sich vor ihm nieder.
    Nach einer Weile erst vermochte er zu antworten. »Dass ich schuld bin, dass Kilian tot ist!«
    Katharina nickte. »Du hast ihn geliebt.«
    »So wie du diesen Sterner.«
    Eine Weile sagten sie beide gar nichts, hingen den eigenen Gedanken und Erinnerungen nach. Katharina war erleichtert, als Donatus wieder das Wort ergriff. »Wenn ich den Gerüchten damals Glauben geschenkt hätte, wäre Kilian noch am Leben. Und wenn ich nicht so unfähig gewesen wäre, rauszufinden, wer das Schwein ist, würde Tobias jetzt nicht da draußen …« Er hieb sich mit der flachen Hand vor die Stirn.
    Katharina nahm seine Hand, hielt sie fest. »Du hast das Böse nicht getan«, sagte sie sanft. »Du darfst dir nicht die Schuld daran geben!« In ihrem Innersten lachte eine leise, gemeine Stimme sie hämisch aus ob dieser Worte. Kurz schloss sie die Augen. »Wie kann ich dir helfen?«, fragte sie abermals.
    »Es wird bald dunkel«, murmelte er. »Und Tobias ist immer noch irgendwo dort draußen.« Er zog die Schultern bis zu den Ohren. »Hilf mir, ihn zu finden!«
    »Kind!« Bestürzt sah Dr. Spindler Katharina an, als sie ihm auf den Fluren des Pfründerinnenhauses von Heilig-Geist begegnete. »Was macht Ihr hier?« Draußen war es inzwischen längst dunkel geworden, der Gang von wenigen Talglichtern

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