Madonna
ihn, dir ein paar saubere Sachen für mich mitzugeben.« Er sah an sich herunter. »Ein Hemd vor allem und einen vernünftigen Mantel.«
Jonas grinste. »Eine saubere Hose und Stiefel könnten auch nicht schaden!«
Richard musste lächeln. »Du hast recht. Bring alles zu Dr. Schedel, und sag ihm, dass ich ihn heute noch aufsuchen werde.«
»Gut.« Jonas tätschelte Rubius’ Kopf. »Komm, Junge. Gehen wir!«
19. Kapitel
Nachdem Jonas sich auf den Weg gemacht hatte, stiegen Richard und Dengler die schmale und überaus steile Treppe hinunter, die ins Lochgefängnis führte. Sie umrundeten eine Biegung, die die Treppe auf den letzten Stufen machte, und Richard bückte sich unter einem niedrigen Sturz hindurch. Als er sich wieder aufrichtete, spürte er, wie sein Kopf die tiefhängende Decke streifte.
Der Gestank hier unten raubte ihm den Atem. Unsichtbarer Jauche gleich legte die Luft sich auf seine Zunge, auf seine Haut. Drang in seine Kleidung. Gut, dass er sich noch nicht umgezogen hatte!
Dengler schien den Gestank nicht wahrzunehmen. Tief holte er Luft, dann drängte er sich an Richard vorbei und ging voraus.
Sie bogen um mehrere Ecken, gingen an Zellentüren mit winzigen Gucklöchern vorbei, aus denen Richard ein ums andere Mal glühende Augen anstarrten. Doch keiner der Eingekerkerten sprach ihn an. Es schien, als hätten sie allesamt Angst davor, hier unten die Stimme zu erheben. Die drückende Stille, die herrschte, war beklemmend. Es war so still, dass Richard das leise Zischen der Talglampen hören konnte, die in regelmäßigen Abständen auf kleinen Mauervorsprüngen brannten. Und als sie an einem der Gitter vorbeikamen, die nach oben auf die Gasse führten, hörte er Schritte über sich. Ein paar Wortfetzen drangen zu ihm nach unten.
»… uns noch kümmern.«
Und: »Sei ohne Sorge …«
Das alltägliche Leben, das oben weiterging, schien unendlich weit entfernt. Die Enge und die Trostlosigkeit dieses Ortes schnürten Richard die Brust zusammen, und er empfand sie mit einer Intensität, die schmerzlich war. Als er sich vorstellte, wie es sein musste, hier unten eingekerkert zu sein, ohne Aussicht vielleicht, jemals die Sonne wiederzusehen, da wuchs seine Beklemmung noch.
Rasch eilte Richard Dengler nach, vorbei an der Zelle, über derenTür eine schwarze Katze gemalt war und in der Gefangene eingesperrt wurden, die der Zauberei angeklagt waren. Die Zelle daneben schien besetzt. Richard sah eine blasse, schmale Hand, die sich durch das kleine Fensterchen in der Tür reckte, aber auch der bedauernswerte Mensch, der hier einsaß, brachte keinen Laut über die Lippen.
Richard schluckte. Langsam begann er sich zu fragen, was Dengler mit den Gefangenen anstellte, dass keiner von ihnen es wagte, den Mund aufzumachen.
Der Lochwirt, der bemerkte, dass Richards Blick auf die schmale Hand gefallen war, lachte leise. »Eine Brandstifterin«, erklärte er, obwohl es nicht nötig gewesen wäre. Richards Blick wanderte zu dem roten Hahn, der über den Türstock gemalt war. Er wusste, was er zu bedeuten hatte.
Dengler schlug gegen die Finger der Frau, und rasch zogen diese sich zurück. »Sie hat ihre eigene Wohnung angesteckt, nachdem sie dort ein Kind geboren hat. Das arme Wurm! Ist in den Flammen geröstet worden.« Er grinste Richard zufrieden an. »Aber lange dauert es nicht mehr, dann wird die da drinnen ihre gerechte Strafe bekommen. Kommt jetzt! Hier ist es!«
Die nächste Zellentür stand offen, und wenn Richard nicht gewusst hätte, was sich dahinter befand, so hätte der üble Verwesungsgeruch es ihm verraten, der sich nun mit dem allgegenwärtigen Gestank von Kot und Urin und Körperausdünstungen mischte.
Dengler streckte den Kopf in die Zelle. »Hier ist Besuch für Euch!«, sagte er, dann zog er sich so rasch zurück, als fürchte er, für seine Botschaft erdolcht zu werden.
»Hm?« Das dunkle Brummen, das die Antwort auf seine Ankündigung war, wurde überlagert von dem feinen Geräusch einer Klinge, die von einem steinernen Untergrund hochgehoben wurde.
Dengler machte Platz, sodass Richard zu Arnulf hineingehen konnte. Die Zelle war durch mehrere Talglampen weitaus heller als gewöhnlich erleuchtet. In dem flackernden Schein der Flammen stand der Nachtrabe vor einer Leiche, die man an der hinteren Wand der Zelle auf einer hölzernen Pritsche abgelegt hatte. Als er Richard sah, zog er erstaunt die Augenbrauen in die Höhe. »Was machst du hier? Ich dachte, du bist bei Katharina!« Er
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