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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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musterte Richard genau. »Du siehst nicht besonders gut aus, mein Lieber!«
    Richard ging nicht auf den letzten Satz ein. »Ich dachte, ich helfe dir, was auch immer du vorhast!« Er richtete den Blick auf die Leiche. Es war die eines Mannes von vielleicht dreißig Jahren, die ursprünglich in ein festes Leintuch eingeschlagen gewesen war. Dieses Leintuch hatte jemand – Arnulf vermutlich – mit dem Dolch vom Kopf bis zum Bauch aufgeschlitzt. Die Haut des Toten wirkte fleckig. An den Fingern war das Fleisch bereits in Verwesung übergegangen und hatte sich schwarz verfärbt. Der Mann trug schmale, schwarze Hosen und ein weißes Hemd, dessen weiter Kragen mit einer Borte aus Brokat besetzt war. Die dicke gold-schwarze Kordel eines Umhangs lief quer über die Brust des Toten. Der Umhang selbst war jedoch von der Leiche und dem Rest des Leintuches verdeckt. Das blonde Haar des Mannes, sein Hals, seine Brust und auch große Teile des Hemdes und der Kordel waren von dunklem Blut bedeckt, das aus einem weit klaffenden Schnitt in der Kehle geronnen war.
    Richard schloss für einen Moment die Augen. Plötzlich schmerzte seine Schulterwunde wieder heftiger.
    »Dengler!« Arnulfs Stimme füllte die enge, stickige Zelle.
    »Ja?«
    »Bring uns etwas Starkes zum Trinken!«, befahl der Nachtrabe. »Um den Gestank aus der Kehle zu spülen.«
    Dengler wollte protestieren, aber ein Blick in Arnulfs Gesicht belehrte ihn eines Besseren. Er nickte, dann verschwand er. Richard glaubte, in dem finsteren Gemurmel, das er von sich gab, die Worte »Bin ich Euer Mundschenk?« auszumachen. Er unterdrückte ein Grinsen.
    »Was hast du vor?«, fragte er Arnulf. Dabei fiel sein Blick auf die beiden anderen Leichenbündel. Eines lag rechts an der Wand, das andere links, beide waren sie unter die schmalen Sitzbänke geschoben, die hier angebracht waren, und beide waren, wie der Mann auf der Pritsche, in Leintücher eingeschlagen. Eines dieser Bündel, das wusste Richard, war die Marktfrau, deren Tod er wieder und wieder vor sich sah. Er vermied den Anblick der dunklen Flecken auf den Tüchern und wandte sich stattdessen ganz zu Arnulf.
    Der starrte auf den Toten auf der Pritsche nieder. »Das hier scheint der Fremde zu sein, den der Mörder als Erstes umgebracht hat.« Sein Blick wanderte zu dem größeren der beiden Bündel auf der Erde. »Eigentlich hatte ich nur vor, mir Rotgerbers Leiche anzusehen.«
    Richard trat näher an die Pritsche heran. »So, wie er aussieht, ist er schon seit längerem tot.«
    »Hilf mir mal!« Arnulf beugte sich zu dem größeren Bündel nieder und schnitt die Seile durch, mit denen das Leintuch an Ort und Stelle gehalten wurde. Richard half ihm, indem er das Tuch ein wenig anhob. Als der Nachtrabe die Klinge hindurchstieß und begann, es aufzuschlitzen, ertönte ein reißendes Geräusch.
    Wie eine Klinge, die in eine Kehle gestoßen wurde …
    Richard fuhr mit einem Ruck in die Höhe.
    Arnulf schaute ihn von unten her fragend an. »Geht es dir gut?«
    Richard rieb sich über die Stirn. »Ja, ja.« Er kniete sich wieder hin und griff erneut nach dem Leintuch, sodass Arnulf weitermachen konnte.
    Vor ihnen lag die Leiche eines weiteren Mannes.
    »Der Spitalmeister«, sagte Arnulf.
    Die Leiche hatte einen mächtigen, fassartig sich hervorwölbenden Bauch und eine Halbglatze. Und auch in ihrer Kehle klaffte ein tiefer, grausig aussehender Schnitt. Im Unterschied zu dem Mann auf der Pritsche jedoch hatte dieser hier gelblichen Schaum im Gesicht. In den Mundwinkeln, auf den Lippen und auch am Kinn war er festgetrocknet. Vorsichtig roch Richard daran.
    »Erbrochenes«, sagte er.
    Arnulf nickte. »Er hat gekotzt, kurz bevor er ermordet wurde.« Er wies auf Rotgerbers starre Züge. »Du bist doch der Gelehrte von uns beiden. Kannst du irgendwas feststellen?«
    »Du meinst Gift?« Richard schnupperte noch einmal an den Resten auf Rotgerbers Lippen, doch er konnte nichts anderes riechen als säuerliches Magensekret. »Ich weiß nur wenig über Gifte«, meinte er. Er spürte, wie der Gestank der Verwesung und der ekelhafte Geruch des Erbrochenen ihm den Magen umdrehten. Um nicht zu würgen, trat er einen Schritt zurück und presste die Hand auf Mund und Nase.
    In diesem Moment kehrte Dengler mit einem irdenen Krug und zwei hölzernen Bechern zurück. Beides stellte er auf der Sitzbank auf der rechten Seite der Zelle ab. Dann nickte er Arnulf knapp zu und suchte schnellstmöglich das Weite.
    Richard nahm den Krug. Er enthielt

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