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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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»Die Sonne geht auf. Ich möchte so schnell wie möglich das Fleisch kaufen, um zu sehen, ob es Brunhild hilft.« Sie überlegte kurz, dann schien sie einen Entschluss zu fassen. »Und wir müssen zu Gertrud.«
    Donatus schaute sie überrascht an. »Warum das?«
    Gertrud war die Marktfrau, bei der sie die Eier zu kaufen pflegten.
    Katharina trat auf den Flur hinaus und griff nach ihrer Haube und ihrem Mantel. »Weil ich sie warnen will, dass ihre Eier möglicherweise vergiftet sind.«
    Donatus folgte ihr. Skeptisch sah er sie an. »Ob das ein so guter Einfall ist?«, murmelte er. Aber insgeheim fühlte er Bewunderung angesichts ihrer Unerschrockenheit.

5. Kapitel
    Es war Ende Oktober, der Herbst war lang und feucht gewesen, und nun hatte es in der Nacht Frost gegeben. Das Pflaster der Gasse und auch die Dächer der gegenüberliegenden Häuser waren mit einer dünnen Schicht Raureif überzogen. Gut! Ein Lächeln glitt über Katharinas Gesicht, als sie aus dem Haus trat und sich umdrehte.
    »Warum grinst du?«, erkundigte Donatus sich. Er wirkte noch ein wenig betreten, weil er eben so hartnäckig gewesen war. Katharina wusste, dass er befürchtete, in ihrem Haus nicht mehr willkommen zu sein, und sie verspürte den Wunsch, ihm zu versichern, dass er sich keine Sorgen machen musste. Nachdem sie ihn von der Straße aufgelesen hatte, wo er nach seinem Hinauswurf aus Heilig-Geist einige Monate gelebt hatte, hatte er sich schnell als guter Bader erwiesen. Mehr noch: Er war nahezu unentbehrlich für das Fischerhaus geworden. Aber selbst, wenn das nicht der Fall gewesen wäre, würde Katharina ihn niemals zurück in die Gosse schicken können, und sie ahnte, dass er das in der Tiefe seines Herzens wusste. Warum sonst sollte er in der letzten Zeit immer öfter den Mut fassen, sie nach Egbert oder gar nach Richard zu fragen?
    Seufzend gestand sie sich ein, dass sie ihm bald nicht mehr würde ausweichen können. Vielleicht war es an der Zeit, endlich ein paar Geheimnisse miteinander zu teilen, wenn sie schon so eng zusammenarbeiteten. Sie sah ihn an und bemerkte, dass er noch auf eine Antwort auf seine Frage wartete.
    »Ich lächele …« Sie betonte das Wort. »… weil ich mich über den Frost freue.«
    Donatus runzelte fragend die Stirn, und so erklärte sie es ihm.
    »Kalte Luft ist ein gutes Mittel zur Bekämpfung der melancholia .«
    Er sah nicht besonders überzeugt aus. »Genauso wie Licht?«, fragte er. Er klang ein wenig aufsässig, als er nun über die Schulter zu den Fenstern im oberen Stockwerk hinaufwies. Die meisten von ihnenwaren des Nachts hell erleuchtet, und auch jetzt brannten in den dahinterliegenden Zimmern Kerzen, auch wenn man dies nach Einsetzen der Morgendämmerung nur noch erahnen konnte.
    »Ja. Genauso wie Licht.« Katharina zog den Kragen ihres dunklen Mantels fester um den Hals und ließ ihren Blick von Donatus’ Gesicht zu dem Haus schweifen. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass in den Schatten auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein großer Mann in schwarzer Kleidung lehnte. Mit einem schwachen Nicken grüßte sie ihn, dann konzentrierte sie sich wieder auf Donatus. »Müssen wir das schon wieder diskutieren?« Es war nicht das erste Mal, dass er dieses Thema ansprach. Sie wollte sich auf den Weg zum Markt machen, aber Donatus blieb einfach stur stehen, so dass ihr nichts anderes übrigblieb, als es ihm gleichzutun.
    Jetzt rümpfte er missbilligend die Nase. Er hatte den Mann in Schwarz nicht bemerkt. »Reine Verschwendung«, sagte er und kratzte sich in den Haaren. Im Grunde hatte er recht. Es war nicht billig, die Räume die ganze Nacht über so hell zu erleuchten, aber Katharina selbst hatte Anweisung dazu gegeben. Nur zu gut wusste sie, wie sehr der nahende Winter mit seiner früh hereinbrechenden abendlichen Dunkelheit auf das Gemüt drücken konnte. In den oberen Räumen wohnten Frauen, die unter der melancholia litten, und das Licht gehörte zu den Mitteln, mit denen Katharina diese Krankheit bekämpfte.
    Sie schüttelte den Kopf. »Keine Verschwendung«, widersprach sie. »Sondern notwendige Medizin.«
    Störrisch winkte Donatus ab. Die Muskeln an seinem Hals traten deutlich sichtbar hervor. »Licht ist keine Medizin«, brummte er. »Licht ist Licht. Und die Lampen kosten viel Geld.« Anders als bei ihrem Gespräch soeben drinnen wirkte er jetzt nicht befangen oder verunsichert.
    Katharina unterdrückte ein Lächeln. Er sorgte sich um ihre Finanzen, dachte sie, und auf gewisse

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