Madonna
wieder einmal seine Wirkung getan hatte.
Der Händler zog den Hut vom Kopf und vollführte damit eine Verbeugung, die recht eindrucksvoll gewesen wäre, wenn er sich dabei nicht die Stirn an seinem aufgebockten Bauchladen angestoßen hätte. »Gerhardus Sutorius. Meines Zeichens Medicus aus Salerno und Euer Diener, mein Herr!«
Arnulf kniff die Augen zusammen. »Soso«, meinte er gedehnt. »Salerno. Wo is das denn?«
Ein Schatten huschte über Sutorius’ Miene. Arnulf wusste, dass der Mann in Windeseile darüber nachdachte, wie er ihn am besten über den Tisch ziehen konnte, und er musste ein Schmunzeln unterdrücken. Das Ganze hier fing an, ihm Spaß zu machen!
»Das, mein Herr, ist eine berühmte Universität im Süden von Italien!«
Arnulf gab sich gebührend beeindruckt. »Und Ihr habt da stu … sta …?« Er verstummte, als wüsste er das genaue Wort nicht.
»Studiert, ja. Die Medizin und auch die Anatomie. Habt Ihr Bedarf an dem einen oder anderen meiner Mittel?« Während Sutorius das fragte, griff er wahllos in das Durcheinander von Fläschchen, Dosen und Beuteln in seinem Bauchladen. Er erwischte einen kleinen, roten Samtbeutel, der mit einer Kordel verschnürt war und an dem mehrere Metallplättchen und kleine Knochen klimperten. »Das hier, zum Beispiel, ist eine Liebesmedizin.«
Arnulf trat einen Schritt vor und tat so, als müsse er sich das Ganze genauer ansehen. »Und was macht die?« Hinter sich hörte er jemanden leise glucksen. Er wandte den Kopf und sah, dass eine Frau aufgetaucht war, deren schlanker Leib und üppiger Busen nicht so recht zu dem faltigen Gesicht mit den hoch aufgetürmten grauen Haaren passenwollten. Er schoss einen warnenden Blick auf die Frau ab und wandte sich mit gespanntem Gesichtsausdruck wieder dem Händler zu.
»Sie sorgt dafür, dass Eure Liebste begierig jeden Eurer Wünsche im Bett erfüllen wird«, pries Sutorius sein Wundermittel an. Er hielt es Arnulf vor die Nase, so dass diesem nichts anderes übrigblieb, als es an sich zu nehmen. Der Beutel schien mit irgendwelchen Kügelchen gefüllt, Erbsen vielleicht oder Steinchen. Die Knochen an der Kordel klimperten leise in seiner Hand, und plötzlich rann Arnulf ein Schauer über den Rücken.
Er war sich der Blicke der grauhaarigen Frau sehr bewusst. Mit einer energischen Geste gab er Sutorius den Beutel zurück. »Ich brauch keinen Liebeszauber nich!«, sagte er. Es fiel ihm zunehmend schwer, seine einfältige Maske aufrechtzuerhalten, denn langsam stieg Zorn in ihm auf. Zorn über die Dreistigkeit, mit der dieser Fremde in sein Revier kam und die Menschen hier auszunehmen versuchte.
Sutorius wirkte erschrocken. »Aber das ist doch kein Zauber!«, rief er, und wie zur Abwehr von bösen Blicken, die nun aus der Menge auf ihn abgeschossen wurden, bekreuzigte er sich rasch. »Ich bin ein guter, gottesfürchtiger Medicus!«
Arnulf tat, als beruhige ihn das ein wenig. Er streckte die Hand aus und ließ sich den Beutel wieder hineinlegen. »Und wie geht das?«, fragte er.
»Legt es am Abend unter die Bettseite, auf der Eure Liebste schläft. Es wird sie Dinge tun lassen, die keine anständige Frau auch nur in ihren Träumen tun würde.«
Arnulf tat so, als spiele er mit dem Gedanken, den Beutel tatsächlich zu kaufen. An der Art, wie Sutorius begierig die Schultern vorreckte, erkannte er, dass der Mann sich bereits als Gewinner sah. Doch dann schüttelte Arnulf den Kopf, griff nach Sutorius’ Hand und legte ihm den Beutel wieder hinein. »Ich glaub, ich kann mir so was nich leisten.«
Der Händer war enttäuscht. Seine Schultern strafften sich wieder. Er reichte Arnulf bis knapp an die Brust. »Nicht? Oh. Schade!« Sein Blick huschte über die Menge und fand die grauhaarige Frau. »Was ist mit dir, schönes Mädchen?«
Auf seinem Karren lachte der Gaukler auf. »Ja, Sibilla!«, rief er. »Wie sieht es mit dir aus? Du kannst doch bestimmt einen heißen Liebhaberbrauchen, der dich in einsamen Nächten wärmt!« Er machte einen Kussmund.
Sibilla schaute ihn nur schweigend an. Dann wandte sie sich an Sutorius. »Wirkt das Ding denn auch bei Männern?«, fragte sie. Arnulf, der sie gut kannte, unterdrückte ein Grinsen. Auch sie machte sich einen Spaß aus dem Gespräch!
»Das hier nicht.« Sutorius legte den Beutel auf den Bauchladen zurück. Dann nahm er einen anderen, der dem ersten bis aufs Haar glich. Arnulf vermutete stark, dass er auch die gleichen Dinge enthielt wie der erste. Aber der Händler war nicht
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