Madonna
dumm. Bedeutungsvoll schüttelte er den Beutel, in dem es klapperte. »Er wurde mit Kürbis hergestellt statt mit Salbei, weil, wie jeder weiß, Kürbis die Lust des Mannes steigert, während der Salbei …« Er hielt Sibilla den Beutel unter die Nase. Irritiert, weil Sibilla keinen Finger rührte, starrte er sie an. »Was ist …«
»Geht mir vom Hals mit Euren Zaubermitteln!«, zischte sie ihn mit solchem Zorn in der Stimme an, dass er blass wurde.
»Aber, ich sagte Euch doch …« Er wollte nach ihr greifen.
Herrisch riss sie den Arm hoch und schlug seine Hand zur Seite. »Fasst mich nicht an! Und jetzt seht zu, dass Ihr mit Eurem unheiligen Zeug das Weite sucht!«
Hilfesuchend blickte Sutorius Arnulf an, doch der hatte nun auch genug von dem Kerl. Übergangslos ließ er die Maske des ungebildeten Idioten fallen und verschränkte mit einer kühlen Geste die Arme vor der Brust. »Tut lieber, was sie sagt«, meinte er mit sanfter Stimme.
Sutorius’ Augäpfel traten hervor. »Ich … wie Ihr meint …« Er begann, seine Utensilien zusammenzuraffen. Seine Bewegungen waren dabei so fahrig, dass ihm mehrere Fläschchen und auch einer der Liebeszauberbeutel zu Boden fielen. Der Gaukler, der inzwischen von seinem Karren gesprungen war und sich neugierig zu ihnen gesellt hatte, half ihm, die Fläschchen aus dem Dreck zu klauben.
Mit einem gestotterten Dank nahm Sutorius sie an und verstaute sie in den Schubladen des Bauchladens. Dass Harald den Beutel in einem Ärmel verschwinden ließ, bemerkte er nicht. Eilig schlang er sich den Schulterriemen um den Leib, klappte die Beine des Ladens ein und lud sich das ganze Gebilde auf. »Gehabt Euch wohl!«, murmelte er ineinem letzten Aufbegehren von Trotz. »Möge der Herrgott Euch Euren Unglauben verzeihen.«
Arnulf wartete, bis der Mann in einer Gasse verschwunden war. Dann ließ er das Lachen heraus, das er die ganze Zeit im Hals stecken gehabt hatte. »Was für ein Quacksalber!«, grinste er. Dann wandte er sich Sibilla zu. »Du hast ihm ganz schön Angst eingejagt!«
»Du nicht oder was?« Sie lächelte nicht, sondern wirkte noch immer recht finster. »Du solltest darauf achten, dass Kerle wie der sich hier nicht festsetzen. Ihre unheiligen Tränke und Tinkturen sind des Teufels!« Sie schauderte.
Arnulf dachte an das seltsame Gefühl, das ihn überkommen hatte, als er selbst den Beutel in die Hand genommen hatte. »Meinst du, das waren tatsächlich wirksame Zaubermittel?« Er streckte die Hand nach Harald aus.
Der Gaukler tat überrascht, aber als Arnulf ihm einen Blick zuwarf, seufzte er, ließ den roten Samtbeutel aus seinem Ärmel rutschen und gab ihn dem Nachtraben. Der wog ihn in der Hand. Die kleinen Knochen daran klimperten leise.
Sibilla antwortete nicht sofort. Sie starrte in die Gasse, in der Sutorius verschwunden war. »Was ist Medizin, was Zauberei, Arnulf? Sag mir das, dann kann ich dir deine Frage vielleicht beantworten!« Ihr Blick richtete sich auf ihn, und er konnte erkennen, wie sehr sie mit sich rang. »Ist es nicht schon Zauberei, wenn wir eine von Gott gesandte Krankheit mit einem Kräutersud aus unserem Garten zu lindern versuchen?«
Arnulf war verwundert. So hatte er die alte Sibilla bisher noch nie reden hören, ganz im Gegenteil. Sie war im ganzen Viertel als Engelmacherin bekannt, und sie galt als Meisterin ihres Fachs. Die Huren gingen gern zu ihr, wenn sie in Schwierigkeiten waren, denn Sibilla konnte sich rühmen, dass ihr nur sehr wenige ihrer Patientinnen wegstarben. Was nun allerdings das düstere Gerede der Alten sollte, begriff Arnulf nicht. Wieder musste er an den Schauder denken, der ihn überfallen hatte, als er den Beutel in der Hand gehalten hatte.
»Glaubst du wirklich, das war ein Zauberer?«, mischte sich Harald in ihr Gespräch ein. Er wirkte beunruhigt – so, als fürchte er, der Mann könnte im nächsten Moment wieder auftauchen.
Sibilla antwortete nicht, dafür meinte Arnulf: »Er war ebenso wenig ein Zauberer, wie er ein Medicus war!«
Harald zog lautstark die Nase hoch. »Was macht dich so sicher?«
Arnulf lächelte. »Sein Name. Gerhardus Sutorius. Sutorius! Das heißt so viel wie Flickschuster. Der Mann ist nichts weiter als ein Scharlatan!«
Katharina hatte die Tür hinter Arnulf soeben wieder geschlossen und war auf dem Weg nach oben zu ihrer Kammer, als die Türglocke läutete.
In der Annahme, dass er etwas vergessen hatte, eilte sie zurück nach unten und öffnete, doch es war nicht der Nachtrabe, der
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