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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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zwingen, ihr zu antworten. »Sie haben behauptet, dass ich Kilian verführt habe. Er hat angeblich so sehr unter der Schuld gelitten, dass er … sich umgebracht hat.« Es kostete ihn einiges, es auszusprechen, das war deutlich.
    Das Wasser im Kessel begann zu simmern. Niemand achtete darauf.
    Öllinger vergrub das Gesicht in den Händen.
    Katharina nickte langsam. »Aber das ist nicht die Wahrheit, oder?« Täuschte sie sich, oder glitzerten Tränen in Donatus’ Augenwinkeln?
    Sie wartete.
    Endlich schüttelte ihr Bader den Kopf, aber sie wusste nicht, ob es eine Antwort auf ihre Frage war oder ob er einfach nur seine Abwehr deutlich machen wollte.
    Angespannt fuhr er sich mit der Zunge über die Unterlippe. »Bitte, Katharina«, murmelte er. »Zwing mich nicht, das alles noch mal zu durchleben!«

10. Kapitel
    Es ging bereits gegen Mittag, als Albert das gemeinsame Mahl endlich für beendet erklärte. Richard bedauerte einmal mehr, dass sein Pferd lahmte. Sein Bedürfnis, endlich anzukommen, vor allem aber der dringende Wunsch, das elende Geschwätz von Heinrich Kramer nicht mehr hören zu müssen, wuchs von Augenblick zu Augenblick.
    Er hatte ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, und er fragte sich, ob es an Reuthers Braten vom vergangenen Abend lag oder doch eher an der Pastete, die er soeben genossen hatte. Er kam zu dem Schluss, dass es an dem Braten liegen musste, denn die Pastete hatte wirklich erlesen geschmeckt, nach Rindfleisch und Pilzen.
    Albert bestand darauf, Richard und Kramer in die Stadt zu begleiten. Er und die beiden anderen jungen Männer nahmen ihre Pferde am Zügel und gingen vorweg, so dass Richard und Kramer sich notgedrungen nebeneinander wiederfanden. Zu Richards Bedauern schien der Mönch nicht vorzuhaben, ihn mit weiteren Gesprächen über sein Lieblingsthema zu verschonen.
    »Ihr habt mir vorhin meine Frage nicht beantwortet«, begann er.
    Richard unterdrückte einen Fluch. Ob es etwas nützen würde, den Ahnungslosen zu spielen? »Ich weiß nicht, wovon Ihr redet«, sagte er und gab sich keinerlei Mühe, seine Stimme freundlich klingen zu lassen.
    Kramer schien unbeeindruckt. »Ob Ihr an die Existenz von Hexen glaubt, habe ich Euch gefragt.«
    Von der Seite her warf Richard ihm einen Blick zu. Er war um einiges größer als der Mönch, und so musste Kramer zu ihm aufschauen. Doch das schien ihn nicht im Geringsten zu kümmern. Neugierig, fast ein bisschen herausfordernd sah er Richard ins Gesicht.
    Der zuckte die Achseln. Sein Pferd schüttelte den Kopf, und das Zaumzeug klirrte leise. Richard ahnte, worauf der Mönch hinauswollte, und er hatte keine Lust, ihm auf dieses Terrain zu folgen.
    »Euch ist schon klar«, hörte er Alberts fröhliche Stimme von vorn,»dass Ihr Euch verdächtig macht, wenn Ihr ihm nicht antwortet!« Er lachte, als habe er einen guten Scherz gemacht.
    Kramer schüttelte unwillig den Kopf. »Was für ein Unsinn!« Er stolperte über einen im Weg liegenden Ast. Erst, als er schon mehrere Schritte weitergegangen war, fügte er hinzu: »In meinem Buch habe ich sehr genaue Anleitungen darüber niedergeschrieben, wie man Hexen erkennt.«
    In meinem Buch, in meinem Buch, dachte Richard finster. Wenn dieser Kerl noch einmal diese drei Worte aussprach, würde er ihm tatsächlich den dürren Hals umdrehen.
    »Also?« Kramer blieb hartnäckig. »Was denkt Ihr nun?«
    Richard seufzte hörbar. »Ich weiß, dass die Heilige Kirche bis vor kurzem noch den Glauben, es gebe Hexerei, als Ketzerei verurteilt hat.« Er führte sein Pferd um einen weiteren Ast herum. Offenbar hatte in dieser Gegend unlängst ein Sturm gewütet. Mehrere Bäume waren umgestürzt und lagen am Rand des Weges. Man schien sie dorthin gezogen zu haben, damit sie den Pfad nicht blockierten.
    »Das stimmt wohl. Aber wisst Ihr auch, dass der Papst in seiner Bulle Summis desiderantes affectibus zu einem ganz anderen Schluss kommt? Ich habe diese Bulle meinem Buch vorangestellt.« Kramer klopfte auf die Tasche, in der er sein Machwerk verstaut hatte. Sie hing ihm von der Schulter und schlug bei jedem Schritt gegen seine Hüfte. Mit einem Anflug von Häme hoffte Richard, dass das gewichtige Opus ihm blaue Flecken verursachen möge.
    Er überlegte, ob er erwähnen sollte, dass ebenjene Bulle, von der der Mönch sprach, in Italien von den Gegnern der Hexenverfolgung als Waffe ins Feld geführt wurde. Doch dann entschied er sich zu schweigen. Es wäre auf einen rhetorischen Disput hinausgelaufen, und dazu hatte

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