Madonna
er nicht die geringste Lust.
Also zuckte er nur die Achseln.
»Eure Wortwahl lässt in der Tat darauf schließen, dass Ihr zu den Skeptikern gehört, was die Existenz von Hexen angeht. Wie jedoch steht Ihr zu der Existenz von Dämonen, dazu habt Ihr Euch bisher noch gar nicht geäußert!«
Vor ihnen lachte Albert erneut, und Richard verfluchte den jungen Mann. Nehmt meinen Platz ein, wenn Euch dieses einseitige Wortgefecht so viel Vergnügen bereitet!, dachte er grimmig.
Sie überquerten einen Bachlauf, der ihren Weg kreuzte. Dann kamen sie an eine Weggabelung, an der ihnen wiederum ein Steinkreuz mit dem Nürnberger Wappen die Richtung wies.
»Nun?« Kramers Frage machte Richard klar, dass er seit mehreren Minuten geschwiegen hatte.
»Ihr seid eine Plage!«, beschwerte Richard sich.
»Manche Plagen sind eine Prüfung Gottes!«, spöttelte Albert.
Der Mönch beachtete ihn nicht, sondern wartete weiterhin mit herausfordernder Miene auf eine Antwort.
»Ja«, sagte Richard endlich gedehnt. »Ich glaube, dass es Dämonen gibt, aber ich …«
»Seht Ihr!« Triumphierend lächelte Kramer ihn an. »Wenn Ihr das schon einmal begriffen habt, dann ist es doch auch gar nicht mehr schwer, zu akzeptieren, dass diese Wesenheiten sich eines menschlichen Körpers bemächtigen können. Und: zack!« Er stieß die Faust in die Luft, als könne er so einen seiner Dämonen fangen. »Haben wir eine Hexe!«
Obwohl er noch eben versucht hatte, einem Disput auszuweichen, ärgerte Richard sich nun darüber, dass der Mönch ihn nicht hatte ausreden lassen. Aber was hatte er auch erwartet? Kramer gehörte ganz offensichtlich nicht zu den Menschen, die in feinen Abstufungen dachten. Für ihn glaubte man entweder an die Existenz von Hexen und Dämonen, oder aber man tat es nicht. Die Zweifel, die Richard empfand, würde dieser Mönch niemals im Leben nachvollziehen können, und so versagte Richard es sich, sie zu äußern. Er unterdrückte ein bitteres Auflachen. Es wäre sowieso keine gute Idee gewesen, ausgerechnet einem Hexenjäger zu erklären, dass er manchmal nichts mehr fürchtete als die Dämonen seiner eigenen Seele.
»Vielleicht habt Ihr recht«, murmelte er aus diesem Grund nur.
»Habe ich«, nickte der Mönch.
»Pater!« Einer von Alberts Begleitern wandte sich zu ihnen um. »Wenn Ihr wirklich so versiert seid in den Fragen der Hexerei, könnt Ihr dann erklären, wie man sich vor ihnen schützen kann?«
Kramer schaute nachdenklich. Dann beschleunigte er seine Schritte etwas, schloss zu den jungen Männern auf und begann nun mit ihnen ein längeres Gespräch über sein Lieblingsthema.
Richard seufzte. Er versuchte, nicht hinzuhören, sondern seineGedanken auf andere Dinge zu richten. Sein baldiges Wiedersehen mit Katharina. Ein feines Kribbeln rann ihm den Rücken hinunter, doch es wurde hinweggefegt, als er Kramer sagen hörte: »Dämonen, mein Lieber, sind in der Lage, das Erinnerungsvermögen eines Mannes zu beeinflussen. Wir können uns nicht sicher sein, dass das, woran wir uns zu erinnern glauben, auch wirklich geschehen ist.«
»Aber wie …«, setzte Albert zu einer Frage an.
Richard unterdrückte einen Fluch.
Als vor ihnen endlich die Mauern von Nürnberg auftauchten, begrüßte er die Fahnen auf den Zinnen wie ein Ertrinkender das rettende Ufer.
Am späten Nachmittag – Mechthild hatte sich mit der Hilfe einer der anderen Pfründnerinnen gerade ein wenig hingelegt – klopfte es an ihrer Kammertür.
»Immer herein!«, rief sie.
Die Tür schwang auf, und einer der Scholaren, ein junger Mann namens Johannes, streckte den Kopf ins Zimmer. Er war blass, und an seinem Gesichtsausdruck konnte Mechthild ohne Schwierigkeiten erkennen, dass er schlechte Nachrichten brachte.
Sie stemmte sich auf die Ellenbogen.
»Entschuldigt, dass ich Euch störe«, murmelte Johannes, »aber Dr. Spindler hat uns gebeten, alle Bewohner des Spitals zusammenzutrommeln.«
Mühsam setzte Mechthild sich aufrecht hin. Sie musste dazu eines ihrer gelähmten Beine mit beiden Händen umfassen und bequemer hinlegen. »Was ist passiert?«
»Etwas Schlimmes.« Mit diesen Worten zog Johannes den Kopf zurück und ging weiter, um an der nächsten Tür zu klopfen. Dann jedoch, nachdem er auch der Frau, die in der Nachbarkammer wohnte, seinen Spruch aufgesagt hatte, kehrte er zu Mechthild zurück. Diesmal betrat er ihre Kammer. »Ich soll Euch runter ins Refektorium tragen, hat der Doktor gesagt.«
Er beugte sich zu ihr hinunter, so dass sie
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