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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Kleidung. Im Dreck lag er, und im ersten Moment dachte sie, er sei tot. Sie begann zu schreien, wie sie noch nie in ihrem Leben geschrien hatte.

13. Kapitel
    Ein schrilles Kreischen durchschnitt die Finsternis, die Richard umhüllte, und langsam taumelte sein Geist aus der Ohnmacht empor. Das Erste, was er zu deuten wusste, war ein scharfer Schmerz in seiner Schulter, das Zweite waren bohrende Kopfschmerzen. Im Rhythmus des Kreischens, das an- und abschwoll wie das Geschrei von Schweinen im Schlachthaus, pulsierte sein gesamter Schädel.
    Nur mit Mühe konnte er die Augen aufschlagen. Er lag auf dem Rücken.
    Vor ihm stand jemand. Sein Blick war verschwommen, der Blickwinkel ungünstig, aber als sich die Nebel vor seinen Augen langsam zu heben begannen, erkannte er, dass es eine Frau war. Sie kreischte, als sei der Leibhaftige hinter ihr her.
    Richard atmete ein. Sein Kopf lag im Dreck, das war das Nächste, was er wahrnahm. Er setzte sich hin und schrie auf, als sich Schmerz mit grimmiger Wut in seine Schulter krallte. In seinem Leib, direkt unter dem Schlüsselbein, dort, wo der Knochen des Armes ansetzte, steckte ein Messer! Ohne darüber nachzudenken, was er tat, griff er danach und zog es heraus.
    Die Frau verstummte. Erschrocken wich sie vor ihm zurück. Aus großen, panischen Augen starrte sie ihn an, dann kreischte sie erneut, noch immer schrill und voller Entsetzen. Wie eine Sirene aus den alten Sagen.
    Richards Oberkörper schwankte. Seine Seite fühlte sich an wie in flüssiges Feuer getaucht, und nur mit äußerster Anstrengung schaffte er es, bei Bewusstsein zu bleiben.
    Seine gesamte linke Seite war voller Blut.
    Das Hemd klebte an seiner Brust, beide Hände waren dunkelrot, auch die rechte, in der er noch immer das Messer hielt. Er ließ es fallen. Seine Finger klebten aneinander.
    »Ich …«, ächzte er und brach ab. Seine Stimme schien ihm nichtmehr zu gehören. Er wollte Luft holen, aber es fühlte sich an, als sei er unter Wasser. Der Blick der Frau glitt über ihn hinweg, blieb an etwas hinter ihm hängen, und ein solcher Horror erschien in ihren Augen, dass Richard sich umwandte.
    Übelkeit wallte in ihm auf. Er konnte den Schwächeanfall auf sich zurollen spüren. Er kämpfte dagegen an, indem er beide Hände fest in den feuchten, übelriechenden Boden stemmte und den Kopf hängen ließ. Als sich sein Blick wieder klärte, sah er die Leiche.
    Auf dem Rücken lag sie da, die Augen weit aufgerissen, das Gesicht erstarrt in einer Maske des Todes. Blutig rot klaffte ein tiefer Schnitt in ihrer Kehle, und in einem Anflug von Klarheit erkannte Richard, dass das Weiße, was er in der Wunde sehen konnte, ein Rückenwirbel war. Wieder wurde ihm schlecht. Für den Moment vergaß er den bohrenden Schmerz in seiner Seite.
    Er rappelte sich hoch auf die Knie, dann auf die Füße. Schwankend stand er da, und sein Blick fiel auf sein Schwert. Halb verborgen unter dem Leib der Toten lag es, und ihr Blut hatte die Schneide dunkel gefärbt.
    Richards Herz setzte einen Schlag aus. Was war hier geschehen? Schmerz und Übelkeit überrollten ihn jetzt in Wellen, sein Schädel drohte zu bersten. Vornübergebeugt krallte er beide Hände um die Schläfen.
    Die Erinnerung verschwamm im Nebel
    »Mörder!«
    Das eine Wort, das die Frau ihm entgegenschleuderte, hallte in seinem schmerzenden Kopf wider. Er bückte sich, langte nach dem Schwertgriff, kämpfte gegen die Schwäche an. Der Griff war glitschig und klebrig vom Blut.
    Mit der Klinge in der Hand richtete Richard sich nun vollends auf. Er wandte sich zu der Frau um.
    In ihrem Blick hatte sich die Panik in Hass verwandelt. Sie streckte einen Finger nach Richard aus. Eigenartig dürr wirkte er, fast wie ein Knochen. »Mörder!«, gellte sie zum zweiten Mal.
    Und da begriff Richard, dass sie ihn für den Mann hielt, der dieses Blutbad hier angerichtet hatte.
    Er starrte auf die blutige Klinge in seiner Hand, als gehörte sein Arm nicht zu ihm. Er wollte etwas sagen, aber seine Kehle war wiezugeschnürt. So richtete er nur den Blick auf die Frau, schüttelte den Kopf.
    »Hierher!«, schrie sie. »Mörder!«
    Richard taumelte einige Schritte vorwärts. Er musste weg von hier!
    Als die Glocken der Stadt den nahen Sonnenaufgang ankündigten, erwachte Katharina verwirrt aus einem unruhigen Schlaf, in dem Richard sie diesmal nicht nur berührt und geküsst hatte. Sie wischte sich über das Gesicht, fand es tränennass und versuchte, sich zu orientieren. Ihr fiel ein, dass

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