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Madrapour - Merle, R: Madrapour

Madrapour - Merle, R: Madrapour

Titel: Madrapour - Merle, R: Madrapour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ich mit zornbebender Stimme. »Ich erinnere Sie, Blavatski, an einen juristischen Grundsatz: nicht die Stewardess muß ihre Unschuld beweisen, sondern Sie müssen ihre Komplizenschaft beweisen.«
    »Aber ich habe niemals behauptet …«
    Ich falle ihm ins Wort.
    »Aber ja! Und ob Sie es behauptet haben! Madame Murzecreicht Ihnen nicht! Sie suchen sich jetzt einen anderen Sündenbock und wollen die Stewardess zur Schuldigen stempeln.«
    Robbie lächelt.
    »Sergius hat recht, Blavatski, selbst wenn er seine eigenen Gründe hat, die Unschuld zu verteidigen. Ich wiederhole, das alles ist absurd, Ihre Untersuchung ist abwegig! Die Tatsache allein, daß die Stewardess da ist, macht alle Ihre Vermutungen über die Komplizenschaft der Stewardess zunichte! Sie ist nicht mit dem Inder mitgegangen. Sie sitzt mit uns in demselben Boot und ist demselben Schicksal ausgeliefert.«
    Er gibt dem Wort »Schicksal« eine Betonung, bei der Resignation und Fatalismus mitschwingen, und seine Feststellung wirkt beinahe lähmend auf uns, selbst auf Blavatski, der sich über die Anfechtbarkeit der Indizien, auf die er seine »Untersuchung« gründet, durchaus im klaren sein muß.
    Caramans macht daraufhin eine sehr bezeichnende Bemerkung: was er sagt, ist nicht falsch, geht aber an der wirklichen Frage vorbei.
    »Mr. Blavatski«, sagt er, »ich möchte Ihre Aufmerksamkeit auf folgende Tatsache lenken: Sie sind durch nichts autorisiert, gegenüber einer Französin in einem französischen Flugzeug den Untersuchungsrichter zu spielen. Und Sie sind ebensowenig berechtigt, aus eigener Machtbefugnis hier eine
leadership
wahrzunehmen, die Ihnen niemand zugesteht.«
    »Ich habe wie jeder andere das Recht, Fragen zu stellen!« sagt Blavatski mit zornfunkelnden Augen, doch gelingt es ihm auf bewundernswerte Weise, sich unter Kontrolle zu halten und sogar eine gewisse Umgänglichkeit an den Tag zu legen.
    »Das Recht haben Sie, aber Sie mißbrauchen es«, sagt Caramans, der froh ist, eine alte Rechnung begleichen zu können, ohne es allzusehr merken zu lassen. »Ich sage Ihnen in aller Freundschaft, Mr. Blavatski, daß Sie an einer typisch amerikanischen Krankheit leiden: dem Interventionismus.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ich meine damit, daß Sie sich ständig einmischen. Wie der CIA. Und zwar genauso unüberlegt. Beispiel: Sie machen einen Putsch in Athen und setzen dort die Obristen ein. Wenige Jahre später machen Sie dann einen Putsch auf Zypern. Ergebnis: Wut in Athen, und Ihre griechischen Obristen werden verabschiedet. Ihr zweiter Putsch hebt den ersten auf.«
    »Was soll dieses dumme Gerede?« schreit Blavatski unbeherrscht. »Ich habe weder mit Athen noch mit Zypern etwas zu schaffen!«
    »Und mit uns auch nicht«, sagt Caramans, die Lippen zusammenkneifend. Und er schweigt mit abweisender, steifer Miene, wie eine Katze, die sich von der Welt absondert und den Schwanz um die Pfoten ringelt.
    »Das alles bringt uns nicht weiter!« sagt Blavatski und steuert angriffslustiger denn je wieder auf sein Ziel los. »Kehren wir zur Stewardess zurück, denn darum geht es ja. Ich behaupte nicht, daß sie eine Komplizin des Inders ist. Aber wenn sie es wäre …«
    »Sie haben auch nicht das Recht, eine solche Vermutung öffentlich auszusprechen!« sage ich wütend. »Sie verdächtigen die Stewardess und tun ihr damit größtes Unrecht!«
    »Mr. Sergius«, sagt die Stewardess mit ruhiger Stimme, »ich fühle mich von diesen Unterstellungen keineswegs betroffen. Lassen Sie Mr. Blavatski den Glauben, daß er noch seinen Beruf ausübt; denn offensichtlich bereitet ihm das Vergnügen.«
    Obwohl die Stewardess diese Bemerkung ohne jegliche Hinterhältigkeit macht, wirkt sie auf Blavatski viel nachhaltiger als meine Proteste. Er blinzelt hinter seinen dicken Brillengläsern, und als er seinen Angriff fortsetzt, geschieht es ohne großen Elan, nur weil er nun einmal in Fahrt ist.
    »Nehmen wir an, die Stewardess wäre eine Komplizin des Inders«, sagt er matt. »Sie ist zwar hier, aber wer hindert sie nach der Ankunft, sich wieder mit dem Inder in Verbindung zu setzen, um ihren Anteil an der Beute zu bekommen?«
    Robbie bricht in schallendes Gelächter aus, und alle Augen richten sich auf ihn.
    Er ist ohnehin eine auffällige Erscheinung, allein schon durch seine Kleidung. Mit seiner hellgrünen Hose, seinem azurblauen Hemd und seinem orangefarbenen Halstuch ist er unbestritten das farbigste Element des Kreises. Und wenn er sich amüsiert, bekommt seine

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