Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Madrapour - Merle, R: Madrapour

Madrapour - Merle, R: Madrapour

Titel: Madrapour - Merle, R: Madrapour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
Vom Netzwerk:
aufschlußreicher Ausdruck, denn Mrs. Banister stellt es so dar, als säße sie im Mittelpunkt des Kreises und wir um sie herum.
    Die erste, allerdings stumme Reaktion kommt von Caramans, der weder sich einschalten noch die Tochter des Herzogs von Boitel ein zweites Mal ohne Antwort lassen will. Mit dem Lächeln eines Mannes von Welt und hochgezogenen Brauen sieht er Manzoni mit einer Miene galanter Komplizenschaft an.
    Diese Ermahnung, seine Pflicht zu tun, läßt Manzoni kalt. Er starrt wie abwesend auf Michous zarte Hand, die Pacaud in seiner behaarten Pranke hält. Kein Zweifel, es ist nur Zärtlichkeit, aber eine Zärtlichkeit, die ihm, Manzoni, entzogen wird, und er entbehrt sie vielleicht zum ersten Mal, seitdem eine ihn abgöttisch liebende Mutter ihn in ihren Armen gewiegt hat.
    Daraufhin antwortet Pacaud Mrs. Banister, aber auf eine für sie wenig befriedigende Weise, schon allein weil er einen Punkt berührt, der die Aufmerksamkeit von ihr ablenkt.
    »Es stimmt«, sagt er, »das war eine schreckliche Kälte. Und mir krampfte sich das Herz zusammen, als ich Madame Murzec in ihrer leichten Wildlederjacke in die eisige Nacht hinausgehen sah.«
    Verlegenes Schweigen. Ein Beweis, daß wir fast alle dieselbe Empfindung wie Pacaud hatten, jedoch nicht wagten, es auszusprechen. An den Blicken, die wir wechseln, beteiligt Manzoni sich nicht, das ihm widerfahrene Unrecht nimmt ihn völlig in Anspruch. Mrs. Banister aber läßt ihre Wut über die Gleichgültigkeit ihres Nachbarn an Pacaud aus und sagt mit schneidender Stimme:
    »Wenn Sie ein so weiches Herz haben, Monsieur Pacaud, hätten Sie Madame Murzec nicht drohen sollen, sie ›rauszuschmeißen‹!«
    “My dear!”
sagt Mrs. Boyd, die gerade aufgewacht ist.
    »Aber das habe ich nie gesagt!« ruft Pacaud aus, ehrlich entrüstet. »Ich habe ihr geraten, sich in die Touristenklasse zurückzuziehen. Blavatski hat ihr nahegelegt, das Flugzeug zu verlassen!«
    »Stimmt«, sagt Blavatski mit kaltem Blick. »Ich war es. Aber ein bißchen später haben Sie genau das von Mrs. Banister zitierte Wort verwendet.«
    »Auf keinen Fall!« protestiert Pacaud mit der Überzeugung des halb gewollten Vergessens.
    »Aber ja!« sagt Mrs. Banister. »Sie haben es verwendet. Später haben Sie sogar gedroht, ihr ein paar Ohrfeigen zu geben! Eine seltsame Drohung gegenüber einer Dame!«
    Madame Edmonde kann die triumphierende Miene von Mrs. Banister nicht ertragen. Sie beugt sich vor und sagt:
    »Die Murzec ist genausowenig eine Dame wie Sie.«
    Mrs. Banister ignoriert diese Bemerkung. Robbie schüttelt seine Locken und meint:
    »Im Grunde ist es doch gleichgültig, wer was gesagt hat! Wir haben alle das Unsrige beigetragen, damit sie geht! Und wir alle tragen die Verantwortung dafür!«
    »Alle, bis auf die Stewardess«, werfe ich ein.
    »Das stimmt«, sagt Robbie.
    »Nein«, sagt die Stewardess verwirrt. »Das stimmt nicht ganz. Ich habe zu Madame Murzec nur gesagt, daß sie das Recht hätte zu bleiben. Ich habe nicht darauf bestanden, daß sie bleibt.«
    An dieser Stelle überrascht mich Blavatski. Dabei hatte er eine gewisse Fähigkeit zum Mitleiden schon bewiesen, als er mit Pacaud, der Stewardess und mir dafür stimmte, daß eine zweite Auslosung ohne Michous Namen stattfinden sollte. Aber noch fällt es mir schwer, ihm diese Eigenschaft zuzuerkennen, vielleicht wegen seiner inquisitorischen Manie.
    »Ich bedauere, vorgeschlagen zu haben, daß Madame Murzec das Flugzeug verläßt«, sagt er mit dumpfer Stimme. »Für mich war es ein Versuch, Druck auf sie auszuüben, damit sie schweigt! Ich war verblüfft, daß sie es wörtlich nahm! Denn allein in der Nacht und bei solcher Kälte auszusteigen, ohne zu wissen wo, das ist für mich eine völlig unverständliche Entscheidung!«
    Caramans, der ein reines Gewissen zu haben glaubt, da er sehr wenig gegen die Murzec aufgetreten ist, schließt sich Blavatskis Selbstkritik nicht an.
    »Ach wissen Sie, sie schien von diesem Inder fasziniert zu sein. Sie wollte ihm möglicherweise folgen und (kurzer Seitenblick und Flunsch in Robbies Richtung) mit ihm … das
Rad der Zeit
verlassen.«
    Diese Deutung ist nicht von der Hand zu weisen, aber zu meiner großen Überraschung pflichtet Robbie ihm nicht bei. Er schweigt und sieht Blavatski mit größter Aufmerksamkeit unverwandt an.
    »Nein, nein«, sagt Blavatski, die Augen hinter den dicken Brillengläsern verborgen, »wir haben sie mit unseren Beschimpfungen vertrieben!«
    Schweigen.
    »Sie

Weitere Kostenlose Bücher