Mächtig gewaltig, Egon - Jensen, J: Mächtig gewaltig, Egon
ganz beklommen: Warum hast du dein Talent denn vierzig Jahre lange vor uns versteckt?«
Nur einmal versuchte Ove aus eigenem Antrieb, einen Regisseur vom Art-Cinema zu überzeugen, ihm eine Rolle zu geben. 1954 bat er Carl Th. Dreyer, ob er nicht in seinem Film »Das Wort« mitspielen dürfe. Er erhielt einen Antwortbrief mit dem Wortlaut, dass die letzten Vorkehrungen für den Film getroffen seien und man in diesem Film leider keine Verwendung für seine Mitwirkung habe. Der Brief war von Carl Th. Dreyer persönlich unterschrieben, Oves mitgesandtes Foto beigelegt.
Ove liebte die experimentellen und künstlerischen Filme, die kaum in Dänemark produziert wurden. Deshalb liebte er auch Carl Th. Dreyer. Leider war die Bewunderung nicht gegenseitig.
Dass Ove keine weiteren dramatischen Hauptrollen bekam, ist sicherlich nicht nur seiner Festlegung aufs leichte Unterhaltungsfach geschuldet – im Theater machte er sich ja auch einen Namen als Charakterdarsteller. Die Situation im dänischen Film allgemein spielte ebenfalls eine Rolle. Bis in die Neunziger und sogar innerhalb des Dogma-Films spielten mehrere Regisseure mit dem Gedanken, ihn für größere Rollen zu besetzen. Dass aus diesen Projekten nichts wurde, lag in den meisten Fällen an fehlendem Geld. Kostspielige Kooperationen mit dem Ausland waren seltener und die dänische Filmwelt keineswegs so global orientiert wie heute. Außerdem entstanden damals pro Jahr nur zehn bis zwölf Filme. Gegenwartsdramen für Erwachsene bekamen kaum Filmförderung, während Komödien und Kinderfilme reichlich bedacht wurden.
Es wäre interessant gewesen zu sehen, was neue Regisseure aus Ove Sprogøe herausgeholt hätten. »Der verschwundene Kanzleirat« war 1971 eine Offenbarung, und es regnete Bodil-Preise, weil es einfach nicht viele andere gute Filme gab.
1999 erhielt Ove Sprogøe den Ehren-Bodil, was einer seiner letzten öffentlichen Auftritte bleiben sollte. In seiner Dankesrede erklärte er launig, dass er sich freue, mit »all den anderen Idioten« feiern zu können, womit er auf den Lars-von-Trier-Film »Die Idioten« anspielte, der drei Bodil-Preise gewonnen hatte. Ulrich Thomsen und Thomas Vinterberg bekamen je einen Bodil für ihre Arbeit im und am Film »Das Fest«.
Dieser Film wurde ein international anerkannter Art-Cinema-Hit, und als Thomas Vinterberg 2001 den nächsten, »It’s all about love«, machen wollte, war sein Budget schon auf 40 Millionen Kronen (umgerechnet fünfeinhalb Millionen Euro) angewachsen, so dass er sich leisten konnte, mit großen Hollywood-Schauspielern zu arbeiten. Dabei lernte er eine ganz andere Art von Filmemachen kennen. Immer wieder zögerten die Schauspieler mit ihren Agenten als Schutzschild die Zeit für die Lektüre des Drehbuchs hinaus. So entschied sich Vinterberg für eine unerwartete Lösung: »Im Film gibt es eine Göttergestalt, die ich den Mann im Flugzeug nenne. Irgendwann hatte ich die Idee, dass Ove Sprogøe die Rolle spielen sollte. Er strahlt Geborgenheit und Klarheit aus und war für mich in meiner ganzen Kindheit so eine Art Göttergestalt.«
Vinterberg schlug das Telefonbuch auf, und da stand: »Ove Sprogøe, Schauspieler«. Der Regisseur konnte förmlich hören, wie Sprogøes fünischer Dialekt auf Englisch in diesem international hochkarätig besetzten Film einen leichten polnischen Klang ergeben würde. Er wählte die Nummer und hatte sofort den Schauspieler am Apparat.
»Ja, hier Ove Sprogøe.«
Vinterberg merkte, dass Sprogøe ihn kannte und »Festen« gesehen hatte. Er erzählte von »It’s all about love« und der Rolle als Mann im Flugzeug und wartete gespannt die Antwort ab.
»Das ist nett von dir, aber ich spiele nicht mehr. And I don’t speak English. Good luck«, kam es mit freundlichem, trockenem Humor, bevor der Hörer aufgelegt wurde.
Nicht mal eine halbe Stunde hatte es von Vinterbergs Idee bis zu der Absage gedauert.
Wenig später war Thomas Vinterberg zu einer Party bei Sean Penn in Hollywood eingeladen. Auch Penn hatte sein Drehbuch gelesen und wollte den Mann im Flugzeug gern spielen. »I want to put my name in the hat for the man on the plane«, sagte er. »Und da dachte ich«, erzählt Vinterberg, »wenn ich schon nicht Ove Sprogøe bekommen kann, tut es eben auch ein Sean Penn.«
Als dänische Filme Ende der neunziger Jahre mit den ersten Dogma-Filmen plötzlich Mode wurden und international Aufmerksamkeit erregten, war Ove Sprogøe bereits zu alt. Vinterberg ist sicher,
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