Maechtig, mutig und genial
Exekution von zahlreichen Bürgermeistern in den Konfliktzonen verantwortlich gewesen zu sein. Sie bat hierfür öffentlich um Verzeihung.
Die Kommandantin mit den Kampfnamen Josefina, Tiburcia und María wurde am 5. Juli 1976 auf der Landstraße, die von der im Osten des Landes gelegenen Stadt San Miguel in die Hauptstadt San Salvador führt, von mehreren bewaffneten Männern in Zivil überfallen und entführt. Es stellte sich heraus, dass es sich um Angehörige der politischen Polizei handelte, die sie in die Hauptstadt, in das Hauptquartier der Nationalgarde, brachten. Ein ehemaliger Kampfgefährte hatte sie aus Rache verraten. Er war desertiert, und als Kommandierende der östlichen Front ihrer Truppe hatte Ana Guadalupe ihndeshalb in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Sie wurde nackt in Isolationshaft gehalten, man verband ihr über Wochen die Augen, schlug und vergewaltigte sie, ließ sie hungern und traktierte sie und ihre Mitgefangenen wiederholt mit Elektroschocks. Sie berichtet darüber ausführlich in ihrem 1982 erschienenen Buch
Die geheimen Kerker El Salvadors
.
Am 27. Januar 1977 entführte ein Kommando der ERP den Direktor der salvadorianischen Fremdenverkehrsbehörde, Roberto Poma. Poma gehörte einer der »14 Familien« an, der kleinen Oberschicht, die große Teile des Grundbesitzes hielten – und halten – und das Land seit Jahrzehnten beherrschen. Für Pomas Freilassung verlangte die Guerilla zwei Millionen Dollar und die Ausreise Ana Guadalupes und eines weiteren Guerilleros der ERP nach Algerien. Wenige Tage später flogen die beiden über Spanien nach Algier.
In Algerien knüpfte Ana Guadalupe erste Kontakte zu anderen Befreiungsbewegungen. Nach vier Monaten ging sie dann nach Paris, wo sie das erste Solidaritätskomitee für den Befreiungskampf El Salvadors gründete. Wie sie feststellen konnte, wusste im Ausland niemand etwas über die wirtschaftliche und soziale Situation in El Salvador, und so begann die FMLN auf ihr Betreiben, Informationsmaterial zu erarbeiten, und bemühte sich nun, nach dem Modell der Sandinisten in Nicaragua die Solidaritätsarbeit zu systematisieren. Ana Guadalupes Buch über ihre Haft war Teil der internationalen Kampagne der FMLN, es sollte auf die eklatante Verletzung der Menschenrechte seitens der Militärregierung aufmerksam machen.
Ende des Jahres ging Ana Guadalupe zunächst nach Venezuela, und dann ließ sie sich auf Anordnung der ERP in Tegucigalpa, der Hauptstadt des Nachbarlandes Honduras nieder, von wo aus sie sich 1978 und 1979 dem Aufbau einer geheimen Auslandsorganisation widmete, die die Versorgung der Guerilla sicherstellen sollte. Sie intensivierte aber auch die internationale Solidaritätsarbeit sowie die diplomatischen Kontakte mit ausländischen Regierungen.
Sie kehrte in dieser Zeit einige Male nach El Salvador zurück und trat sogar bei einer spektakulären Demonstration auf, für die die FMLN die Universität besetzt hatte. Ana Guadalupe avancierte zur Ikone der Guerilla: Im Inland wurde bei Manifestationen ihr stilisiertes Konterfei, auf dem sie stolz die Waffe emporreckt, die linke Hand selbstbewusst in die Hüfte stemmt und wie Che Guevara auf Alberto Kordas berühmten Foto visionär ins Weite schaut, durch die Straßen getragen. Sie war zur Volksheldin geworden, zu einer Art Superfrau. Im Ausland war sie als einziges weibliches Mitglied der neugegründeten politisch-diplomatischen Kommission des nun enger zusammenarbeitenden Guerillabündnisses FMLN das Gesicht der Bewegung, etwa für die Kampagne »Waffen für El Salvador«, die die Berliner
Tageszeitung
im November 1980 ins Leben rief. Ana Guadalupe zählte mittlerweile auch zum siebenköpfigen nationalen Führungsgremium der ERP, als eine von insgesamt drei Frauen. Sie selbst bezifferte in einem Interview die Anzahl der Frauen in der Guerilla ihres Landes mit 30 Prozent. Heute wendet sie sich gegen Quotenregelungen für Frauen, fordert aber bessere Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie Stipendien, damit Frauen sich qualifizieren können.
Ab 1980 intensivierten sich die bewaffneten Auseinandersetzungen in El Salvador und entwickelten sich zu einem blutigen Bürgerkrieg, nicht zuletzt, weil die USA nach dem Sieg der Sandinisten in Nicaragua 1979 begonnen hatten, El Salvadors Militärjunta sowie sämtliche rechten Regierungen der Region massiv mit Waffen, Material und Ausbildern zu unterstützen. Die demokratischen Kräfte des Landes – Christdemokraten,
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