Mädchen im Schnee
den Parkplatz waren grau von altem Grus.
Immerhin hatte er nach der langen, schlaflosen Nacht entschieden, was er tun würde.
Christer nahm das tragbare Telefon aus der Ladestation auf dem Fensterbrett und wählte die Nummer seiner Eltern. Bengt war am Apparat.
»Du rufst ja früh an«, sagte er. »Ist irgendetwas passiert?«
Christer hatte, seit er Bengt mit der Dose aus der Apotheke konfrontiert hatte, nicht mehr mit seinem Vater gesprochen. Das hier wird wahrscheinlich das letzte Mal für eine ziemlich lange Zeit sein, dass ich mit ihm rede, dachte er und sagte:
»Ja, kann man sagen.«
»Aha, und was ist los?«, fragte Bengt verunsichert.
»Mama hat mich gestern gebeten, euer Auto zu waschen.«
»Ja, und?«
»Ich habe auf dem Sitz Blutflecken entdeckt.«
»Was sagst du da?«
Christer hörte, wie Bengt nach Luft rang.
»Ich weiß nicht, ob dir klar ist, dass die Polizei im Zusammenhang mit dem Mord an dem Mädchen im Erdkeller nach eurem Automodell sucht.«
Bengt schwieg. Christer versuchte sich seinen Gesichtsausdruck vorzustellen. Ob Gunvor in der Nähe war?
»Du glaubst doch wohl nicht …«
»Woher soll ich noch wissen, was ich glauben soll? Eines Tages muss ich feststellen, dass mein eigener Vater zu Prostituierten geht, dann finde ich Blutspuren in seinem Auto.« Die Stimme schlug ins Falsett um. »Ich kann damit nicht umgehen; ist dir das klar? Mach, was du willst. Entweder machst du das Auto sauber, oder du denkst mal darüber nach, wie diese Flecke da reingekommen sein könnten, und lässt die Polizei eine technische Untersuchung durchführen.«
Bengt schwieg noch immer.
»Wie gesagt, mach, was du willst«, sagte Christer. »Ich kann jedenfalls nicht mehr.«
Dann legte er auf.
Ich habe gar nichts von den Haaren gesagt, dachte er.
Magdalena saß im Schneidersitz in Nils’ Zimmer auf der Erde. Nils hatte Lego-Tüte Nummer sieben aufgemacht und alle Teile ausgeschüttet. Petter saß konzentriert über dem Plan.
»Gut, dann gucken wir mal. Wir sollen mit so einer grauen Platte anfangen.« Petter zeigte auf das Bild im Heft. »Kannst du so eine finden?«
»Hier ist sie!«, rief Nils und hielt das Teil hoch.
Die große Polizeistation mit Garage und Gefängnis, ein Weihnachtsgeschenk von Opa, nahm langsam Form an. Magdalena zog die Knie unters Kinn, schlang die Arme um ihre Beine und sah einfach zu.
»Das nächste Teil ist so ein langer Achter hier«, fuhr Petter fort und zeigte darauf.
Nils kroch näher ran, um das Bild anzuschauen, eher er den Haufen mit den Bausteinen durchsuchte. Schnell fand er das richtige Teil.
»Perfekt. Das kannst du hier einsetzen«, erklärte Petter, strich sich die Haare hinter das Ohr und warf Magdalena einen Blick zu.
Sie lächelte.
Unten in der Küche klingelte ihr Handy, sie stand auf und lief die Treppe hinunter. Vielleicht ließ Jens endlich von sich hören. Sie hatte im Laufe des Vormittags schon versucht ihn anzurufen und ihm eine SMS geschickt, aber keine Antwort bekommen.
Ja, er war es.
»Hallosan. Wie ist es gestern gelaufen?«, fragte sie und machte die Tür hinter sich zu.
»Kein Erfolg.«
Jens klang erschöpft und enttäuscht.
Shit, dachte Magdalena. So ein Mist.
»Ich muss heute leider nach Hause fahren, aber ich versuche, in ein paar Tagen noch mal wiederzukommen. Wir kriegen das schon hin.«
»Klar kriegen wir das hin. Fahr vorsichtig! Wir reden morgen noch mal.«
Magdalena war enttäuscht. Aus irgendeinem Grund hatte sie angenommen, dass Jens schon etwas Brauchbares herausfinden würde.
Na gut, dachte sie und stieg die Treppe hinauf.
»Sieh mal, Mama, ein Gefängnis«, sagte Nils und machte zwei Gittertore auf und zu.
»Ja, tatsächlich«, sagte Magdalena und setzte sich wieder dazu.
»Hier müssen alle Verbrecher sitzen. Oder?«
»Doch, da müssen alle Verbrecher sitzen.«
Petra Wilander saß mit der Fernbedienung in der Hand und einer Decke um den Schultern in der Sofaecke und zappte durch die Programme. Sollte es wirklich auf keinem einzigen Kanal einen netten Film geben? Vielleicht eine romantische Komödie? Sie wollte dem Sonntagabend so viel Erholung und Energie abgewinnen, wie sie nur konnte.
Morgen ging es wieder weiter mit dem Stress und der Jagd nach dem Mörder.
Lasse kam frisch geduscht ins Wohnzimmer.
»Wie war’s?«, fragte Petra.
»Doch, ganz gut. Ich bin ein bisschen nach hinten weggerutscht, aber die Loipen waren schön. Ganz neu gespurt.«
Er setzte sich neben sie aufs Sofa.
Ich sollte auch mal
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