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Mädchen im Schnee

Mädchen im Schnee

Titel: Mädchen im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Schulman
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Flasche mit dem Zeigefinger abzufummeln.
    »Was dagegen, wenn ich mich setze?«
    Als Jens aufsah, hatte sich der Mann, der erst hinten im Lokal gesessen hatte, auf den Hocker neben ihn geschwungen. Er war um die fünfzig, trug Jeans und Jackett, das Hemd war aufgeknöpft. Das grau melierte Haar war kurzgeschnitten. Er hob den Zeigefinger.
    »Das Übliche?«, fragte der Mann an der Bar und begann, ohne die Antwort abzuwarten, ein großes Starkbier zu zapfen.
    »Aha, Sie sind Stammgast«, sagte Jens.
    »Doch, in der letzten Zeit war ich jede Woche ein paar Nächte hier.«
    »Und was machen Sie hier?«, fragte Jens.
    »Computerausbilder für das Arbeitsamt. Ich heiße übrigens Tomas.«
    Er streckte die Hand aus.
    »Emil«, sagte Jens und schüttelte die Hand.
    »Ich habe jetzt auch mit Kursen angefangen, wie man eine Bewerbung schreibt und so«, fuhr Tomas fort. »Und positives Denken. Das ist wichtig.«
    »Das positive Denken?«
    Mit Schaudern erinnerte sich Jens an einen sogenannten Kurs zur Arbeitssuche, den er vor einem Jahr zwischen zwei Vertretungsstellen hatte absolvieren müssen. Weder früher noch später hatte er etwas so Erniedrigendes erlebt.
    »Ja, es ist wichtig, dass man sich nicht verachtet, nur weil man keinen Job hat. Man ist deshalb ja kein schlechterer Mensch.«
    Das kannst du laut sagen, dachte Jens und sagte:
    »Ich persönlich bin sicher, dass die Arbeitslosen zum Arbeitsamt kommen, weil sie einen Job suchen, und nicht, weil sie wollen, dass ihnen psychologische Hilfe aufgezwungen wird.«
    Der Mann machte eine abwehrende Geste.
    »Also, ich habe keine Ahnung. Das Arbeitsamt bucht mich und bezahlt mich auch. Ich bin ja froh, dass sie meine netten, kleinen Vorträge wollen, da bin ich wenigstens nicht arbeitslos.«
    »Dann prost«, sagte Jens und schlug mit seiner Flasche an Tomas’ Glas.
    »Und selbst?«, fragte Tomas. »Was machst du?«
    »Berater. Ich arbeite mit beschlussunterstützenden Lösungen.«
    Nannte sein Schwager das nicht immer so?
    »Beschlussunterwas …?«
    »Dabei geht es darum, dem Unternehmen zu helfen, seine eigene Tätigkeit kennenzulernen. Datenlager anzulegen. Und ungefähr an dem Punkt höre ich dann auch auf, über meinen Job zu reden.«
    Tomas lächelte.
    »Das kann ich verstehen. Das heißt, du bist auch ziemlich viel auf Reisen?«
    »Ja«, sagte Jens. »Leider. Ich hasse das. Du nicht?«
    »Sowohl als auch«, sagte der andere. »Manchmal ist es auch schön, wieder von zu Hause wegzukommen.«
    »Hast du Familie?«
    Tomas nickte.
    »Dann bist du nicht so ganz der Richtige für meine Frage«, sagte Jens, »aber …«
    »Was denn?«
    »Ich fühle mich einfach manchmal einsam, wenn ich so auf Reisen bin. Du hast nicht zufällig mal gehört, wo man hier in der Stadt … Gesellschaft kaufen könnte? Versteh mich bitte nicht falsch, aber ich habe schließlich keine Familie, und …«
    »Sex?«, fragte Tomas. »Prostituierte? Ist das die Gesellschaft, auf die du hinauswillst?«
    Jens versuchte seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Gibt es jetzt wieder Schläge?, dachte er und nickte leicht.
    Wortlos zog Tomas seine Brieftasche hervor und nahm eine alte Quittung heraus.
    »Hast du einen Stift?«
    Als Jens den Kopf schüttelte, stellte Tomas dieselbe Frage dem Barkeeper, der wortlos einen Stift vor ihn auf den Tresen legte.
    Sollte es wirklich funktionieren?
    Tomas kritzelte etwas auf die Quittung und flüsterte:
    »Du musst in der Pizzeria Florenz anrufen und die Pizza Nummer 105 bestellen, eine Paradiso Spezial – ich schreibe das hier auf, damit du es nicht vergisst.«
    Dann schob er Jens den Zettel rüber.
    »Man kann sie sich auch liefern lassen.«
    Als Jens anrief, lag Magdalena in Trainingsanzug und Wollsocken auf dem Sofa, den Laptop auf dem Schoß. Nils war gerade eingeschlafen.
    »Ich habe es geschafft«, sagte er. »Es hat doch noch geklappt.«
    »Ehrlich!«
    Magdalena stellte den Laptop auf den Couchtisch.
    »Ja, ich glaube, ich hab’s«, sagte er.
    »Das ist ja super. Erzähl!«
    Jetzt saß sie kerzengerade im Schneidersitz.
    »Ich habe heute Abend an der Bar im Hagfors Hotel gesessen. Jetzt bin ich gerade auf meinem Zimmer. Jedenfalls war kaum ein Mensch da, aber am Ende bin ich mit einem Typen zusammengekommen, der eine Art Coach beim Arbeitsamt ist, ein Handelsreisender in Sachen positives Denken.«
    Magdalena grinste.
    »Aber ich muss schon sagen, dass er dafür ziemlich uncharismatisch war. Ich hätte ja gedacht, dass diese Leute mehr Ausstrahlung hätten, mehr

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