Mädchen im Schnee
doch da fiel schon die Tür ins Schloss.
Magdalena räumte ab und wischte den Tisch ab. Dann holte sie ihre Lieblingstasse heraus, die mit den kitschigen großen Rosen, und füllte ein Tee-Ei mit Sir William, ihrer Spezialmischung aus Stockholm. Es waren nur noch ein paar Löffel in der Tüte. Ich werde jemanden bitten müssen, mir welchen zu kaufen, dachte sie und füllte die Tasse mit kochendem Wasser. Vielleicht kann Ann-Sofie mir helfen.
Sie setzte sich wieder an den Küchentisch und sah sich um. Endlich fing das Haus an, sich richtig wie ihr eigenes anzufühlen. Wenn sie nachmittags nach der Arbeit heimkam, roch es fast schon nach Zuhause.
Die Zeitung lag noch auf der Anrichte. Magdalena befeuchtete ihren Finger und blätterte schnell zu der Befragung mit dem kleinen Foto von Petter vor.
Natürlich hatte er auch als Fünfundzwanzigjähriger schon gut ausgesehen, aber jetzt … Schon seinem schwarzweißen Blick aus der Zeitung zu begegnen genügte, um sie wieder erröten zu lassen.
Am Abend zuvor hatte Magdalena, als Nils eingeschla fen war, mit dem Laptop auf dem Schoß im Bett gesessen. Erst hatte sie sich eingeredet, sie sei bei Ebay auf der Jagd nach einem charmanten, leicht abgenutzten Küchensofa, das besser in die neue Küche passen würde als die Ameisenstühle, deren Anblick sie inzwischen nicht mehr ertragen konnte. Doch kaum hatte sie den Computer hochgefahren, da hatten die Finger angefangen, ganz andere Sachen zu machen. Klickten auf diverse Such maschinen und Facebook. Sogar im staatlichen Personen- und Adressregister hatte sie nachgeschlagen. Auch Malin hatte sie nachgeschaut, die wohnte inzwischen in Uddeholm. Magdalena war erstaunt gewesen, wie sie sich gefreut hatte, als sie das feststellte.
Plötzlich klingelte das Telefon. Als Magdalena Ludvigs Stimme vernahm, lehnte sie sich zurück und schloss die Augen. Ich kann das nicht!
»Nils ist bei einem Freund zum Spielen; ich werde ihn bitten, dich anzurufen, wenn er nach Hause kommt«, sagte sie kurz angebunden.
»Schon in Ordnung. Ich wollte eigentlich mit dir über das Wochenende reden.«
»Ja, was denn?«
»Wann kommt Nils am Freitag an?«
Magdalena hatte ihm die Bus-Zeiten schon mehrfach aufgesagt, aber Ludvig schien die Information nicht aufnehmen zu können. Doch da sie das Gespräch so schnell wie möglich abschließen wollte, versuchte sie, ihren Ärger zu verbergen, und sagte nur:
»Der Bus ist um 18 Uhr am Hauptbahnhof und fährt am Sonntag um 14 Uhr wieder Richtung Filipstad ab.«
»Richtung Filipstad?«
Jetzt konnte Magdalena sich nicht länger beherrschen.
»Ludvig, bitte, ich hab dir doch schon mehrfach erklärt, dass der Direktbus nach Filipstad das Schnellste und Einfachste ist.«
»Ich kann mich nicht erinnern, dass du das gesagt hast.«
Magdalena konnte nicht antworten, also fuhr Ludvig fort:
»Ich gehe mal davon aus, dass du in Zukunft für diese Reisekosten aufkommen wirst – schließlich hast du be schlossen wegzuziehen.«
»Keine Sorge. Es wäre doch zu traurig, wenn du, um deinen Sohn zu treffen, pleitegehen würdest. Wenn weiter nichts ist, dann muss ich jetzt auflegen. Bis später.«
Magdalena drückte das Gespräch weg, noch ehe Ludvig antworten konnte.
Ich bin es so leid, das alles leid zu sein, dachte sie. Und wütend zu sein.
Vielleicht sollte sie doch am Samstag mit Jeanette und Lisa ins Florenz gehen, damit sie mal ein bisschen unter Leute kam.
Petra stellte die Zahnbürste ins Glas, wischte sich den Mund ab und verließ das Badezimmer.
»Gute Nacht, Hannes, und schlaf gut«, sagte sie, als sie an seinem Zimmer vorbeikam.
»Gute Nacht!«, rief er.
Umarmungen gab es inzwischen nicht mehr.
Die Tür zu Nellies Zimmer war schon den ganzen Abend lang zu.
»Ja?«, war genervt von drinnen zu hören, als Petra klopfte. »Was gibt’s?«
Petra machte die Tür auf und trat ein.
»Ich wollte nur gute Nacht sagen.«
»Okay«, sagte Nellie und klappte den Bildschirm von ihrem Laptop herunter. »Gute Nacht.«
Sie saß im Schneidersitz in Jogginghosen und lila Hemd auf dem nachlässig gemachten Bett. Der Schreibtisch war ein einziges Chaos aus Schulbüchern, Schminksachen und Haarprodukten.
»Was machst du?«, fragte Petra.
»Lernen.«
Sie hatten über die Weihnachtsferien Hausaufgaben bekommen. Da blieb nicht viel von den Ferien, dachte Petra.
»Braucht man dazu nicht Bücher?«
Auf Nellies Bett lag, abgesehen von dem Computer, nichts.
»Hab nur eine Pause gemacht.«
»Es ist schon spät,
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