rüberschob, der sofort mit unglaublicher Schnelligkeit zu tippen und zu klicken begann.
Petra klopfte mit dem Zeigefingerknöchel an die Tür. Beide drehten sich kurz um, schauten aber gleich wieder auf den Bildschirm.
»Findet ihr was?«, fragte sie und machte ein paar Schritte ins Zimmer.
»Tja, sie ist bei Facebook drin, war aber nicht sonderlich aktiv«, sagte Urban. »Vierzehn Freunde. Das ist nicht viel. Dann hat sie ein Konto beim Bildertagebuch, aber da war sie auch nicht viel unterwegs.«
»Und der Blog?«
»Den haben wir gefunden. Er heißt ›Schwarze Spur‹. Kannst du ihn mal aufrufen, Folke?«
Folke loggte sich in Heddas Blog ein, der passenderweise einen schwarzen Hintergrund und weißen Text hatte. Ganz oben auf der Seite war ein Bild von einer verwelkten Rose.
»Oje«, sagte Petra, »wann hat sie den denn angefangen?«
»Anfang November.« Folke warf Petra einen schnellen Blick über die Schulter zu. »Der erste Beitrag ist vom dritten November, und der ist nicht sonderlich aufheiternd.«
Folke scrollte rauf und runter. Lange Textpassagen wechselten sich mit dem einen oder anderen Gedicht ab.
Petra ging zu Urbans Schreibtisch und nahm sich von einem gelben Blöckchen einen Post-it-Zettel, dann beugte sie sich vor und schrieb die Blogadresse ab. Das muss ich mir näher anschauen, dachte sie.
»Wie war das mit ihren Mails?«, fragte sie.
»Die haben wir noch nicht ganz geschafft«, meinte Urban. »Aber man kann schon mal festhalten, dass sie erstaunlich viele Mails an die Adresse
[email protected] geschickt hat. Können wir davon ausgehen, dass es sich dabei um den besagten Fredrik handelt?«
»Das können wir«, meinte Petra. »Gibt es Antworten?«
»Nicht in derselben Anzahl«, erwiderte Urban.
»Das hab ich mir gedacht.«
Petra ging in den Aufenthaltsraum, goss sich eine Tasse Kaffee ein, die sie mit in ihr Zimmer nahm, setzte sich an den Schreibtisch und schaltete den Computer ein. Den Post-it-Zettel machte sie an der Unterkante des Bildschirms fest und klickte sich dann in Heddas Blog.
Während sie ein paar Schlucke Kaffee nahm, scrollte sie auf dem Bildschirm herunter und konnte schnell feststellen, dass es sich um einen sehr privaten Blog handelte, der wahrscheinlich nicht dazu gedacht war, von vielen gelesen zu werden. Sämtliche Beiträge waren ohne Kommentare, und Heddas Vorstellung ihrer eigenen Person war sehr knapp ausgefallen. Alles, was unter der Rubrik »über mich« stand, war, dass sie weiblich war, sechzehn Jahre und im Sternzeichen Widder geboren.
3 . November
Ich erinnere mich an dich.
Wenn ich einschlafe, erinnere ich mich,
an deine Wärme und deinen Blick,
Wenn ich aufwache, erinnere ich mich,
wie es sich anfühlte, als du mich umarmt hast,
mich zusammengehalten hast.
/H
5 . November
Warum sieht keiner, wie es mir geht? Warum sieht keiner, dass ich nicht mehr atmen kann, dass ich am Ertrinken bin? Warum geben sich alle mit meinem müden Lächeln und meinen Lügen zufrieden?
Das ist natürlich das Leichteste, aber ich werde es niemals verzeihen.
Wie soll man bloß das ganze lange Leben überstehen? Das sinnlose Leben.
/H
13 . November
Komm, grausamer Tod, eines Abends und nimm mich.
Meine Freude ist so klein, meine Trauer so bitterlich.
Betritt das düstre Zimmer, wo im Schein der Lampe nur
ich bedenke das Leben beim trägen Schlag der Uhr.
Schreite leise, dass ich dich nicht höre, geh dicht hinter meinem Rücken,
damit sicher ich entschlafe, musst meine Augen du zudrücken.
Aber schnell, sanft und freundlich, sonst fürchte ich sehr
Dass ein schlimmer Gedanke den Schlaf mir beschwert.
Ja, schnell, wenn ich atme, lass das Herz stehen still
Oh Tod, ich bin dir dankbar – du tust schon, was ich will.
Meine Freude ist so klein, meine Seele so verloren hier.
Komm, grausamer Tod, eines Abends, schleiche leise zu mir.
Wenn es doch so einfach wäre …
/H
Ob es so gewesen war?, fragte sich Petra. Hatte Hedda sich das Leben genommen? Sollte der ganze Blog vielleicht ein einziger Abschiedsbrief sein? Das könnte sein, aber in dem Fall hätte sie doch wahrscheinlich eine Nachricht hinterlassen.
Das arme, unglückliche Mädchen, dachte Petra. Wie sonderbar, dass ihre Eltern nichts gemerkt hatten. So gut kennt man seine Kinder doch, dass man es ahnt, wenn es ihnen nicht gut geht, oder?
19 . November
Gestern Abend habe ich eine von Mamas Tabletten geklaut, als sie gerade »Desperate Housewives« geguckt hat. Papa hatte Dienst.