Mädchen im Schnee
ihre Facebook-Seite und änderte zum ersten Mal seit mehreren Wochen den Status in »ist glücklich«. Magdalena Hansson ist glücklich . Aber mit Punkt. Kein Ausrufungszeichen. Man musste ja nicht übertreiben.
Dann klappte sie den Laptop schwungvoll zu.
12
Als Magdalena am Montagmorgen die Länstidningen durchblätterte und dabei auf den großen Artikel von Linus Saxberg stieß, mit der Überschrift »Mädchen im Erdkeller sexuellen Übergriffen ausgesetzt«, wurde sie von einer Woge der Scham übermannt. Sie hasste es zu verlieren, und das hier war nichts anderes als eine Demütigung.
Der Text, der zwar lediglich auf einer Quelle in Polizeikreisen beruhte, war sowohl sachlich als auch strukturiert aufgebaut. Wie der Konkurrent vermeldete, hatte das tote Mädchen mehrere Verletzungen im Unterleib. Die meisten davon waren zum Teil schon verheilt, was darauf hindeutete, dass sie während einer längeren Zeit Übergriffen ausgesetzt gewesen war, wie die Quelle erklärte.
Magdalena las den Rest des Artikels quer und blieb sitzen.
Verdammt! VERDAMMT !
Wie sollte sie da wieder aufschließen? Und was für eine gesprächige Quelle hatte Saxberg da nur aufgetan?
Das Telefon klingelte und riss Magdalena aus ihren Überlegungen.
» Värmlandsbladet , Magdalena Hansson.«
»Hier Bertilsson.«
Muss der jetzt anrufen, wo ich noch nicht mal einen schlauen Plan habe?
»Das waren ja interessante Informationen in der Länstid ningen über das Mädchen im Erdkeller«, sagte Bertilsson rasch. »Du hattest nichts davon gehört?«
»Nein.«
»Du hast doch recht gute Kontakte ins Präsidium, Magdalena. Bleib an der Sache dran; wir dürfen die von der LT nicht davonrennen lassen.«
Magdalena versuchte, Bertilssons Tonfall zu deuten, aber es war schwer zu sagen, ob er enttäuscht war. Wenn sämtliche Kommunikation per Telefon und Mail zu ge schehen hatte, gingen die Nuancen leicht verloren, das war ein großer Nachteil.
»Was hast du sonst noch auf dem Schirm heute?«, fragte Bertilsson.
»Ich muss mal nachsehen.«
Magdalena rollte zum Hängeordner mit der Wiedervorlage und schaute in die Tagesmappe. Da lag ein Zettel. Magdalena las:
»Valter und Maja Aronsson feiern um ein Uhr zusammen mit Kindern, Enkeln und Urenkeln im Servicehaus in Råda ihren fünfundsiebzigsten Hochzeitstag. Ja, da sollte ich wohl mal vorbeischauen.«
»Das denke ich auch. Fünfundsiebzig Jahre! Alle Achtung, kann man da nur sagen. Das wird einen hübschen Artikel für die letzte Seite geben. Mach aber auch mit dem Mord weiter.«
»Natürlich.«
Magdalena legte auf. Ich muss mir etwas ausdenken, dachte sie. Das geht so nicht.
Ein Mädchen wird mehreren sexuellen Übergriffen ausgesetzt, dann wird sie erschossen und in einem Erdkeller abgelegt. Was konnte da nur geschehen sein? Ein schiefgelaufener Internetflirt? Inzest? Aber niemand wusste, wer sie war, niemand vermisste sie. Magdalena dachte nach. Konnte das mit Menschenhandel zu tun haben? Organisierte Prostitution? Nein, instinktiv schob sie den Gedanken weg. Nicht so weit draußen auf dem Land.
Aber was war es dann? Hatte jemand eine Frau importiert, mit der er dann nicht zufrieden gewesen war? Alle möglichen Gedanken schossen ihr durch den Kopf, einer erschien ihr noch absurder als der andere.
Ich kann auf jeden Fall mal damit anfangen, Petra Wilander anzurufen, dachte Magdalena. Die ist in Ordnung.
»Dieser Mord an dem Mädchen ist zwar nicht meine Baustelle, aber ich habe gerade einen Anruf erhalten, der was sein könnte«, sagte Urban Bratt, als er Sven Munthers Zimmer betrat.
»Lass hören«, sagte Munther und sah vom Bildschirm auf.
»Da war eine Dame am Telefon, die auf den Straßen bei dem Hof da oben ein unbekanntes Auto gesehen hat.«
Munther nahm die Brille ab und lehnte sich zurück.
»Es soll sich um einen dunkelblauen oder dunkelgrünen Volvo handeln, der am Silvesterabend höllisch schnell den Schotterweg unterhalb des Hauses, in dem das Mädchen gefunden wurde, heruntergefahren ist, und zwar so schnell, dass er auf die falsche Seite geriet. Die Frau musste ausweichen, und ehe sie sich’s versah, saß sie mit ihrem Toyota in einer Schneewehe fest. Der Fahrer des Volvo machte sich allerdings nicht die Mühe anzuhalten, sondern raste mit unverminderter Geschwindigkeit weiter. Zum Glück hatte die Dame einen Wagen mit Vierradantrieb, und es gelang ihr, wieder freizukommen.«
Plötzlich sah Munther ein wenig frischer aus.
»Das müssen wir unbedingt verfolgen«, sagte
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