Mädchen im Schnee
ich mir vorstellen. Politiker eben.« Sie verdrehte die Augen. »Haben sie denn auch was zustande gebracht, oder ist nur geredet worden?«
»Na ja, sie sind sich nicht wirklich einig über die neue Gesamtschule. Ist bei dir hier alles gut gelaufen?«
»Wunderbar. Die beiden verstehen sich so gut. Sie haben den ganzen Nachmittag lang Tischtennis gespielt.«
Diana wedelte mit dem Geschirrtuch Richtung Kellertreppe. Von unten waren das unverwechselbare Pingpong und fröhliches Gejohle zu hören.
»Aber sag mal«, fuhr Diana fort, »weißt du was Neues über diesen Mord an dem Mädchen im Erdkeller?«
»Auch nicht mehr als das, was ich heute in der Zeitung geschrieben habe«, sagte Magdalena, machte den Reißverschluss der Daunenjacke auf und lockerte ihren Schal.
»Ich finde das so schlimm, dass ich schon Alpträume davon habe. Wenn ich aufwache, bin ich total nass geschwitzt. Manchmal musste Stefan schon aufs Sofa ausweichen, weil ich so unruhig schlafe, nicht wahr?«
Diana wandte sich ihrem Mann zu, der in weißem T-Shirt und Arbeitshose aus dem Keller kam.
»Was?«, fragte Stefan erstaunt.
»Ich habe Magdalena gerade erzählt, dass ich von dem Mord solche Alpträume habe, dass du aufs Sofa umziehen musst.«
»Ja, dich kann ich nicht neben mir liegen haben, wenn der Wecker um Viertel nach fünf klingelt.«
Stefan strich Diana über den Arm und verschwand in der Küche.
»Es scheint, die Polizei hat neue Hinweise, aber mehr weiß ich auch nicht«, sagte Magdalena. »Die im Präsidium sind ein bisschen wie Geheimniskrämer.«
Diana verzog das Gesicht.
»Ich kann mir gut vorstellen, wie Christer das macht. Hier trägt er die Nase ganz schön hoch; manchmal fragt man sich schon, ob er einen steifen Nacken hat oder so.«
Magdalena musste über den doch recht treffenden Vergleich lachen.
»Aber er ist auch kompetent«, beeilte sie sich zu sagen. »Gründlich und professionell. Ich bin sicher, dass sie den Fall lösen werden.«
Plötzlich hörte man aus der Küche lautes Gläserklirren.
»Zum Teufel! Muss das immer so verdammt …«
Die Klappe der Spülmaschine wurde so fest zugeknallt, dass der ganze Inhalt schepperte. Magdalena zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
Stefan ging durch den Flur, ohne sich umzusehen, und verschwand wieder im Keller.
»Er baut das Badezimmer um«, erklärte Diana den Aus bruch. »Es soll eine Entspannungsecke mit Sauna und Jacuzzi werden. Ich fand ja, dass wir uns einen Handwerker nehmen sollten, aber Stefan war da anderer Meinung. Und jetzt arbeitet er bis zum Umfallen.«
Dann beugte sie sich vor und flüsterte mit einem Seitenblick zur Treppe:
»Er ist nämlich handwerklich nicht so begabt, wie er glaubt. Ach, übrigens, warte mal kurz.«
Diana verschwand in der Küche und kam mit einem Katalog zurück.
»Ich wollte gerade ein bisschen was bei Jotex bestellen. Die haben superschöne Ostergardinen. Vielleicht möchtest du ja auch was. Schau doch mal rein. Ich kann diese Woche noch dort anrufen und bestellen.«
»Danke, das ist nett.«
Magdalena nahm den zerfledderten Katalog entgegen.
»Ja, stimmt schon, bei mir zu Hause fehlen immer noch ein paar Gardinen. Nur gut, wenn ich da mal einen Tritt kriege«, sagte sie. Dann rief sie Nils.
Als Sonya aufwachte, war es still in der Wohnung. So leise sie konnte, stieg sie aus dem Bett, schlich zur Tür und legte sich auf den Bauch. Doch. Da draußen sah alles dunkel aus.
Jetzt, dachte sie. Jetzt ist es so weit. Guter Gott, hilf mir.
Sie zog sich Strümpfe an und den Pullover über das Nachthemd. Die dünne, braune Jacke und die Schuhe waren im Schrank. Nachdem sie sich angezogen hatte, hob sie die Matratze hoch und nahm die Gabel.
Ihre Hände zitterten, als sie den Haken ins Schlüsselloch steckte und versuchte, den Schlüssel hinauszuschieben. Obwohl sie nur ganz leichte Bewegungen machte, hatte sie den Eindruck, das Kratzen müsste bis in Kostas Zimmer zu hören sein.
Pling!
Nie hätte sie gedacht, dass ein Schlüssel so laut sein konnte, wenn er im Flur über den Fußboden glitt.
Sonya sprang ins Bett zurück und horchte. Ihr Herz schlug so schnell, dass ihr übel wurde.
Als sie nichts von Kosta hörte, zwang sie sich, erneut zum Schlüsselloch zu gehen. Wieder steckte sie den Haken in das Loch und unternahm ein paar Versuche, ihn darin herumzudrehen, aber irgendetwas bot Widerstand. Wie sehr sie sich auch bemühte, es ging nicht.
Ein paar Minuten später gab sie auf und setzte sich aufs Bett. Sie wog den Haken in
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