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Maedchen mit begrenzten Moeglichkeiten

Maedchen mit begrenzten Moeglichkeiten

Titel: Maedchen mit begrenzten Moeglichkeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Muriel Spark
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Mädchen mit ihrem Charme und ihrer Anmut in dem brauntapezierten Salon, Selina, die wie eine weich aufgerollte Schärpe in ihrem Sessel lag, all das wurde Nicholas in einem gratis geboten. Monate der Langeweile hatten ihn bereitgemacht, sich von einer Erfahrung berauschen zu lassen, die ihn zu anderer Zeit gelangweilt hätte.
    Ein paar Tage darauf nahm er Jane zu einer Party mit, wo sie ein paar Leute kennenlernte, die sie schon lange kennenlernen wollte: junge Dichter in Kordhosen und junge Dichterinnen mit langem Haar bis zur Taille, oder wenigstens weibliche Wesen, die den Dichtern ihre Gedichte auf der Maschine abschrieben und mit ihnen schliefen – was beinahe auf das gleiche hinauskam. Nicholas nahm Jane auch zum Supper bei Bertorelli mit und dann zu einer Dichterlesung in einem gemieteten Saal in der Fulham Road und schließlich zu einer Party mit Leuten, die er bei der Lesung aufgesammelt hatte. Einer der Dichter, der Ansehen genoß, hatte gerade eine Anstellung bei der Associated News in der Fleet Street bekommen, der zu Ehren er sich ein Paar hochelegante schweinslederne Handschuhe zugelegt hatte. Er stellte sie stolz zur Schau. Auf der Dichterlesung herrschte die Stimmung einer Widerstandsbewegung gegen die Welt. Die Dichter schienen einander mit einem geheimen Instinkt fast wie auf Verabredung zu verstehen und es war offenbar, daß der Dichter mit den Handschuhen in seinem neuen Büro in der Fleet Street oder irgend woanders diese poetischen Handschuhe niemals so freimütig hätte vorzeigen und auch nicht hätte hoffen können, damit auf soviel Verständnis zu stoßen wie hier.
    Ein paar von ihnen waren gerade aus nichtkämpfenden Einheiten entlassen worden, einige waren aus ersichtlichen Gründen nicht diensttauglich gewesen – etwa eines nervösen Gesichtszuckens, schlechter Augen oder eines lahmen Beines wegen. Andere waren noch in ihrer Frontuniform. Nicholas war seit dem Monat nach Dünkirchen, wo er mit einer Verwundung am Daumen davongekommen war, nicht mehr bei der Armee gewesen. Auf Grund eines leichten Nervenschocks wurde er einen Monat nach Dünkirchen aus der Armee entlassen.
    Nicholas hielt sich merklich abseits bei diesem Dichtertreffen. Aber obwohl er seine Freunde mit entschiedener Zurückhaltung begrüßte, wollte er offensichtlich Jane den Spaß nicht verderben. Vielmehr lag ihm daran, wie ihr später am Abend aufging, von ihr wieder in den May of Teck Club eingeladen zu werden.
    Dichter lasen ihre Gedichte, jeder zwei, und fanden Beifall. Manche dieser Dichter sollten scheitern und in wenigen Jahren schon im Niemandsland der Kneipen von Soho verschwinden, wo sie dann zu den bekannten Versagern des literarischen Lebens zählten. Einige vielseitig Begabte strauchelten rechtzeitig, weil es ihnen an Ausdauer fehlte, sie gaben auf und nahmen eine Beschäftigung in der Werbung oder im Verlagswesen an und haßten von da ab Literaten mehr als alles andere. Einige andere hatten Erfolg und entwickelten sich sehr widersprüchlich. Sie fuhren keineswegs alle fort, Gedichte oder gar nur Gedichte zu schreiben.
    Einer dieser jungen Dichter, Ernest Claymore, wurde späterhin in den sechziger Jahren ein Börsenmakler mit mystischen Neigungen. Er verbrachte die Woche in dringenden Geschäften in der City, drei Wochenenden in seinem Landhaus – einem weitläufigen Gebäude mit vierzehn Zimmern, wo er keine Notiz von seiner Frau nahm und allein in seinem Arbeitszimmer seine Gedanken niederschrieb – und ein Wochenende im Monat in der Abgeschiedenheit eines Klosters. In den sechziger Jahren las Ernest Claymore jede Woche ein Buch und dies im Bett, ehe er einschlief, und schrieb gelegentlich einen Brief an die Presse, in dem er zu einer Buchkritik Stellung nahm:
    «Sir, vielleicht fehlt es mir an Verstand. Ich habe Ihre Rezension gelesen von …»
    Er brachte drei kurze philosophische Bücher heraus, die wirklich jeder verstehen konnte. Zu dem Zeitpunkt aber, um den es sich hier handelt, den Sommer 1945, war er ein dunkeläugiger junger Dichter auf einer Dichterlesung und hatte gerade seinen zweiten Beitrag mit heiserem Nachdruck vorgetragen:
     
    Ich in zerquälter Nacht der Tauben-Laube
    aufleuchtet mir der Pfad vom Liebesgrab,
    unendlich den beredten Schoß erneuernd,
    die frische und notwendige Rose, entblößend
    mein …
     
    Er gehörte der kosmischen Richtung an. Jane, die aus seiner Erscheinung und seinem Verhalten schloß, daß er orthosexuell war, wurde unsicher, ob sie ihn zum Zwecke einer

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