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Maedchen mit begrenzten Moeglichkeiten

Maedchen mit begrenzten Moeglichkeiten

Titel: Maedchen mit begrenzten Moeglichkeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Muriel Spark
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Dichter von heute mitnehmen würde. Andererseits nahm sie eher an, daß er mit Selina ausgehen wollte, und damit hatte es sich. Vermutlich wollte er auch mit Selina schlafen, und da Selina bereits mit zwei Männern geschlafen hatte, sah Jane nicht den geringsten Hinderungsgrund. Es machte sie traurig, zu denken, wie sie es gerade eben tat, daß das ganze Geschwätz über sein Interesse am May of Teck Club, und der Grund dafür, daß sie hier in diesem düsteren Zimmer saßen, einzig und allein sein Wunsch war, mit Selina zu schlafen. «Welche Aperçus würden Sie für besonders wichtig halten?» sagte sie.
    «Was für Aperçus?»
    «In Ihrem Buch», sagte sie, «‹Sabbat-Notizen›. George sucht nach einem Genie, und das müssen Sie sein!»
    «Alles ist wichtig.» Sofort faßte er den Plan, einen Brief von irgend jemand ungeheuer Berühmtem zu fälschen, in dem zu lesen stand, daß sein Buch ein geniales Werk sei. Nicht daß er irgendwie daran glaubte; an eine so allgemeine Kennzeichnung wie ‹genial› pflegte er weder Zeit noch Gedanken zu verschwenden. Hingegen erkannte er sofort, wenn ein Wort ihm nützlich sein konnte, und als er bemerkte, in welche Richtung Janes Frage zielte, faßte er seinen Plan. «Wiederholen Sie mir noch einmal diese köstliche Sache über Haltung, die Selina immer hersagt.»
    «Haltung ist vollkommenes Gleichgewicht, eine Ausgeglichenheit von Körper und Geist, vollkommene Gelassenheit in jeder gesellschaftlichen Situation. Elegante Kleidung, makellose … Herrgott», sagte sie, «ich habe es satt, die paar Fleischstückchen aus der Pastete herauszufischen und dabei noch mit der Gabel von den Kartoffelstückchen zu trennen. Sie haben keine Ahnung, was es heißt, wenn man versucht, gerade genug zu essen, um am Leben zu bleiben und dabei Fett und Kohlehydrate zu vermeiden.»
    Nicholas küßte sie zärtlich. Er spürte, daß vielleicht selbst Jane eine gewisse Süße innewohnen mochte, denn nichts enthüllt eine geheime Süße so sehr wie persönlicher Kummer, der aus einem sonst phlegmatischen Geschöpf hervorbricht.
    «Ich muß meinem Gehirn Nahrung zuführen», meinte Jane.
    Er versprach, daß er versuchen werde, von dem Amerikaner, mit dem er zusammenarbeitete, für sie ein Paar Nylonstrümpfe zu bekommen. Ihre Beine waren nackt und dunkel behaart. Er gab ihr auf der Stelle sechs Abschnitte seiner Kleiderkarte und sagte, daß sie das ihm für die nächste Woche zustehende Ei haben könne.
    «Sie brauchen das Ei selbst für Ihr eigenes Gehirn», meinte Jane.
    «Ich frühstücke in der amerikanischen Kantine», erklärte er, «wir bekommen da Eier und Orangensaft.»
    Sie erklärte sich bereit, das Ei anzunehmen. Die Eierration war zu der Zeit auf eins in der Woche festgesetzt. Es war der Beginn der strengsten Rationierungsperiode, da ja nun auch die befreiten Länder versorgt werden mußten. Nicholas besaß einen einflammigen Gasherd in seinem Schlaf-Wohnzimmer, auf dem er sich ein Abendessen machte, wenn er zu Hause war und gerade ans Abendessen dachte.
    «Sie können auch meinen ganzen Tee haben, ich trinke Kaffee», sagte er, «ich bekomme ihn von den Amerikanern.»
    Auch den Tee nahm sie an. Die Teeration betrug abwechselnd 60 oder 90 Gramm in der Woche. Tee war zum Tauschen gut. Sie merkte, daß sie sich in Nicholas’ Fall wirklich auf die Seite des Autors schlagen und George irgendwie hintergehen mußte. Nicholas war ein wahrer Künstler und hatte auch Gefühl. George war nur ein Verleger, sie mußte Nicholas vor Georges intriganten Geschäftsmethoden warnen.
    «Lassen Sie uns hinuntergehen», schlug Nicholas vor.
    Die Tür ging auf und Rudi Bittesch stand vor ihnen und beobachtete sie einen Augenblick lang. Rudi war immer nüchtern.
    «Rudi», rief Jane mit ungewöhnlicher Begeisterung. Sie war glücklich, daß sie jemanden in diesem Kreis kannte, der ihr nicht von Nicholas vorgestellt worden war. Es war eine Gelegenheit, zu zeigen, daß sie dazugehörte.
    «Nun, Nick», sagte Rudi, «wie geht’s denn immer?»
    Nicholas sagte, daß er an die Amerikaner ausgeliehen sei.
    Rudi lachte wie ein zynischer Onkel und meinte, er hätte auch bei den Amerikanern arbeiten können, wenn er sich hätte verkaufen wollen.
    «Verkaufen, wieso?» fragte Nicholas.
    «Meine Integrität, insofern als ich nur für den Frieden arbeite», erwiderte Rudi. «Komm zurück zur Party und denk nicht mehr daran.»
    Auf der Treppe sagte er zu Nicholas: «Du veröffentlichst ein Buch bei Throvis-Mew, wie ich

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