Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
sein Mund stand weit offen. Die Augen waren verdreht, so dass sie nur das Weiße darin sehen konnte. Sie wollte weglaufen, so schnell und weit es ging. Doch dann fiel ihr ein, dass er eine Waffe hatte. Und ein Handy. Und Autoschlüssel.
Die Waffe steckte in seinem Hosenbund. Sie zerrte daran und stieß zischend den Atem aus, als es ihr endlich gelungen war, sie loszubekommen. Dann suchte sie in seiner Hosentasche nach dem Handy und den Schlüsseln. Nichts. Mit etwas Anstrengung gelang es ihr, ihn so weit zu drehen, dass sie an die andere Hosentasche kam. Doch auch da wurde sie nicht fündig.
Monika stöhnte auf, als das Baby in ihrem Bauch zu treten anfing. Sie legte eine Hand schützend auf ihren Unterleib. Er hatte das Handy nicht bei sich, also musste sie rasch von hier verschwinden. Sie nahm die Waffe und humpelte die Treppe hinunter. Die kleinere Spiegelscherbe hatte sie noch immer in der Tasche.
Neben der Tür hingen ein paar Jacken, und sie entschied sich für die dickste davon, falls sie länger draußen unterwegs sein sollte. Sie zog sie an und verstaute die Waffe in einer der großen Taschen. Dann fiel ihr Blick auf den rettenden Schlüssel, der an einem Haken neben der Tür hing.
Sie griff danach. Er war mit einem texanischen Rinderkopf bedruckt und gehörte zu dem Van. Monika erinnerte sich nicht an viel von ihrer Fahrt hierher, aber das war ohne Bedeutung. Was auch immer es für ein Fahrzeug war, es würde sie von hier fortbringen.
Sie streichelte ihren Bauch. Keine Sorge, kleiner Mann, sagte sie. Wir fahren jetzt nach Hause.
Sie durchsuchte gerade das Erdgeschoss – irgendwo musste doch das Handy des Eismanns liegen –, als sie von oben ein Poltern hörte. Monika blieb wie angewurzelt stehen. Nein, das konnte nicht sein.
Sie zog sich die Jacke enger um den Körper und schlich zurück in den Flur. Vorsichtig spähte sie die Treppe hinauf. Das Poltern kehrte regelmäßig wieder, und so begann sie, sich langsam rückwärts auf die Tür zuzubewegen, ein Gebet auf den Lippen, das sie unablässig wiederholte, bis sie ihn tatsächlich sah. Er konnte laufen und kam die Treppe herab auf sie zu.
Es war wie in einem Horrorfilm. Zu schlimm, um wahr zu sein. Und doch war es so. Monika wich weiter zurück, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie stieß mit der Hüfte gegen die Tür, wandte sich um und wollte den Knauf drehen, aber ihre blutigen Hände waren zu glitschig und rutschten ab. Der Knauf wollte sich einfach nicht bewegen lassen. Sie wirbelte herum und sah, dass der Eismann die Treppe bereits zur Hälfte geschafft hatte. Seine Beine waren stocksteif, und mit einer Hand hielt er sich die Kehle, während er die andere nach ihr ausstreckte.
Monikas Magen zog sich zusammen, das Baby bewegte sich, und ihr Kreuz schmerzte höllisch. Die Knie gaben unter ihr nach, und sie sank zu Boden, während der Eismann unaufhörlich näher kam. Monika krümmte sich vor Schmerz, und in diesem Augenblick spürte sie den harten Gegenstand zwischen ihrem Bauch und dem Oberschenkel.
Die Pistole.
Sie hörte auf zu schluchzen und griff mit zitternder Hand in die Tasche. Der Eismann strauchelte, doch er blieb auf den Beinen und war jetzt fast bei ihr. Endlich gelang es ihr, einen Finger um den Abzug zu legen.
Sie zog die Waffe aus der Tasche, zielte – und drückte ab. Wieder, wieder und wieder.
43
V on den Averys würden sie nichts mehr erfahren, wenigstens heute Abend nicht mehr.
»Lass sie schmoren, Mitch«, sagte Dani. »Gib ihrem Anwalt die Möglichkeit, sie über die Strafen aufzuklären, die ihnen drohen, weil sie ein Kind gekauft haben. Und über das Verfahren, das sie wegen des plötzlichen Kindstods noch auszustehen haben.«
»Das muss wohl so gewesen sein, wenn man das echte Alter des Kindes bedenkt«, stellte Mitch fest.
»Möglich. Aber die Nachforschungen werden ihnen nicht gefallen.« Sie überlegte kurz. »Dafür, dass du in humanitärer Mission die Welt bereist, hast du den bösen Cop eben sehr überzeugend rübergebracht. Ich habe mich fast ein wenig vor dir gefürchtet.«
»Ich bin vor allem stinksauer.«
Da war er nicht der Einzige. Chief Gibson hatte mehr als eine gereizte Nachricht auf Danis Mailbox hinterlassen. Dani übersprang sie und hörte sich den Rest an. Eine Mitteilung, dass sich Brad Harper tatsächlich gerade in seinem Strandhaus in New Jersey aufhielt und auch zu dem Zeitpunkt dort gewesen war, als man auf Dani geschossen hatte. Die nächste stammte von Greg Holmes, der
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