Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
Haus rührte sich nichts. Auch während des zweimaligen Vorbeigehens war nichts zu bemerken.
Der Saab stand fast eine Meile entfernt in einer halb fertiggebauten Stichstraße – ein Friedhof aus Betonfundamenten und angefangenen Holzhäusern, die nach dem Zusammenbruch des Immobilienmarktes nicht fertiggestellt worden waren. Das bedeutete zwar einen längeren Spaziergang, aber sollte etwas schiefgehen, so war eine Flucht zu Fuß erfolgversprechender als der Versuch, unbemerkt mit dem Saab aus Coles Straße abzuhauen.
Dritter Kontrollgang am Haus entlang: immer noch nichts.
Es wurde Zeit.
Die Auffahrt hinaufschlendern, Hände in den Jackentaschen vergraben. Nicht hetzen – ein mitternächtlicher Spaziergang. Mütze tief ziehen, Kragen hochschlagen. Die Handschuhe, das Klebeband und den Schraubenzieher in der linken Tasche, die Schere in der rechten. Der Mitternachtssnack für den Hund in einer Plastiktüte am Handgelenk.
Um das Haus herumgehen, einen Blick durch das Garagenfenster werfen. Leer. Also war Sergeant Cole noch damit beschäftigt, den Mord an Rose McNamara aufzuklären. Schön, wofür zahlte man schließlich Steuern?
Der Junge hatte bestimmt abgeschlossen, nachdem er den Hund zurückgebracht hatte, trotzdem einmal an der Klinke rütteln. Vergebens. Es dauerte zehn Sekunden, bis das beste Fenster ausgespäht war. Auf der Rückseite des Hauses neben der Garage über einer Reihe dürrer Fliederbüsche in einem Kiesbett. Der Kies war praktisch, verringerte er doch das Risiko, Fußabdrücke zu hinterlassen.
Jetzt aber schnell. Man konnte ja nicht wissen, wann der blöde Hund zu bellen anfing oder irgendein Nachbar mit Schlafstörungen zufällig aus dem Fenster sah.
Das Fenster war leicht aufzubrechen. Ein paar Klebebandstreifen auf das Glas kleben, damit die Scherben nicht klirrten, dann den Schraubenzieher an der richtigen Stelle am Rahmen ansetzen und hebeln. Das Haus war schon älter, die Fenster ebenfalls, keine von diesen dreifach isolierten modernen Rahmen.
Tock-tock. Warten. Der Hund?
Nichts.
Tock. Tock-tock.
Das Glas zerbrach. Nach einem kräftigen Stoß mit dem Ellbogen fielen auch die restlichen Scherben aus dem Rahmen, zusammengehalten von dem Klebeband. Noch immer kein Hund in Sicht, aber durch den leeren Fensterrahmen drang nun ein schwaches Jaulen aus dem Hausinneren. Rasch hineinschlüpfen, bevor jemand etwas hörte oder sah. Das Fleisch bereithalten.
Der Raum lag fast vollständig im Dunkeln. Langsam, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzen. Jetzt bloß nicht über etwas stolpern.
Aber da war nichts, der Raum war leer. Keine Möbel. Noch nicht einmal ein Teppich oder ein anderer Fußbodenbelag auf den nackten Bohlen, als wäre alles für eine Renovierung entfernt worden.
Das Jaulen wurde lauter, dann folgte ein Scharren. Mist, der Hund versuchte, in den Raum zu gelangen. Okay, das Fleisch so halten, dass er es unter der Tür hindurch riechen konnte. Sorg dafür, dass er nur an das Fleisch denkt, wenn du die Tür öffnest.
Es lief traumhaft. Der Hund trottete herein und legte den Kopf schief. Hinter ihm fiel schwaches Licht vom Flur ins Zimmer. Dem Tier hing die Zunge aus dem Maul, und sein Stummelschwanz wackelte zur Begrüßung wie eine Hula-Tänzerin.
Blöde Töle. Der Hund ließ sich auf dem nackten Holzfußboden nieder und machte sich über das Fleisch her, als hätte er schon seit Wochen nichts mehr zu fressen bekommen. Zumindest kein Steak. Zur Hölle, die Schmerztabletten im Fleisch – es waren genug, um einen erwachsenen Mann umzuhauen – wären vermutlich gar nicht nötig gewesen. Was für eine Verschwendung des teuren Medikaments.
Trotzdem war es besser, den Hund ruhigzustellen und hinter verschlossenen Türen zu wissen. Ein Punkt weniger, um den man sich Gedanken machen musste.
Lass den Hund fressen und schließ die Tür. Dani Cole mochte jetzt noch arbeiten, aber es war schon spät. Bald würde sie nach Hause kommen.
Also, mach dich an die Arbeit und sorge dafür, dass sie die Nachricht versteht.
Es war fast Mitternacht, als Freeling die .22er-Kugel aus Sanders’ Kopf in die Metallschale fallen ließ, wo sie klirrend aufprallte.
»Ganz schön heftig«, sagte er und reichte Dani die Schale. Sie erstarrte. Diese Patronen hielten nicht sehr gut, wenn sie etwas Hartes wie einen Schädel durchschlugen. Neun-Millimeter-Geschosse hingegen – das wusste sie aus erster Hand – konnten einem Mann den gesamten Hinterkopf wegpusten und sich anschließend
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