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Mädchen und der Leibarzt

Mädchen und der Leibarzt

Titel: Mädchen und der Leibarzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Beerwald
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Perücke zu tragen.«
    War Gregor noch recht bei Sinnen? Wie konnte er einfach so beim Äskulap hereinspazieren?
    »Sie empfahlen mir noch ganz andere Dinge, und ich habe mich daran gehalten.«
    »Das freut mich. Allerdings hatte ich noch nicht mit Ihrem Erscheinen gerechnet.«
    Gregor kam näher. »Im Gegenteil. Es wird höchste Zeit.«
    Der Äskulap räusperte sich. »Man hat Sie also aus der Armee entlassen? Der Krieg ist doch keineswegs zu Ende! Aber sprechen wir nicht in Gegenwart eines Weibes über politische Dinge. Kommen Sie doch heute Abend wieder.«
    »Ich habe vor Helena keine Geheimnisse. Ich bewohne mit ihr zusammen die Bibliothek.«
    »Was Sie nicht sagen!«, tat der Leibarzt erstaunt. In die Stille hinein goss er sich Wein in seinen Zinnbecher und schüttete dabei einen Schluck daneben. Fluchend wischte er mit dem Samtärmel über die Tischplatte, hielt dann aber mitten in der Bewegung inne. Ein kaum sichtbares Lächeln umspielte seine Lippen. »Sodann haben Sie wohl schon vom tragischen Tod unseres Stiftskanzlers erfahren?«

    »Sebastian? Nein! Um Gottes willen – wann ist er gestorben? «
    »Heute Nacht.«
    »Aber er hatte doch nur eine kleine Wunde am Kopf. Stand es so schlecht um ihn? Helena, davon hast du mir gar nichts erzählt!«
    Der Leibarzt griff sich seinen Weinbecher und setzte sich auf seinen Lehnstuhl. »Sie wird ihre Gründe dafür gehabt haben. Es hat wohl nur eine geahnt, dass es Sebastians letzte Nacht sein würde.«
    »Aber Helena hat sich bis zuletzt um ihn gekümmert«, setzte Gregor zur Verteidigung an, ohne zu bemerken, dass er ihre Lage dadurch nur verschlimmerte. »Sie ist wirklich eifrig. Trotzdem hatte ich mir schon Sorgen gemacht, weil sie erst so spät am Abend wiederkam.«
    »So, so. Sind Sie sicher, dass es noch vor Mitternacht war?«
    »Gewiss doch. Warum?«
    »Nun, bei Helenas Eifer hätte es schließlich auch leicht nach Mitternacht werden können, nicht wahr?« Er sah Gregor mit einem gewinnenden Lächeln an. »Ich halte viel von ihr.«
    Gregor nahm ihn beim Wort. »Genau darum bin ich gekommen. Ich stelle mich Ihnen und Helena für den Blatternversuch zur Verfügung. Eine künstliche Mitteilung der Melkerknoten hat bereits auf mein eigenes Betreiben hin stattgefunden.« Demonstrativ krempelte er den Ärmel hoch und ignorierte dabei Helenas entsetztes Gesicht.
    »Ich wusste ja schon immer, dass bei Ihnen im Hirn etwas nicht stimmt, werter Graf von Herberstein! Wie konnten Sie nur?« Angewidert schüttelte der Äskulap den Kopf.
»Aber da wir nun schon einmal so weit sind, und wenn Helena meint, ihren Ruf damit noch retten zu können, dann soll mir das recht sein. Ich werde ihr nicht im Wege stehen. Helena kann meinetwegen sofort in die Stadt gehen und beim elenden Chirurgen Blattern kaufen.«

    An diesem Vormittag war Aurelia spät dran. Der Äskulap saß bereits hinter seinem Schreibtisch und sah ihr lächelnd entgegen.
    »Schön, dass Sie endlich kommen. Mein kleiner Freund und ich haben Sie bereits erwartet.«
    »Lassen Sie Ihre Hose herunter, damit ich Hand anlegen kann. Ich will es hinter mich bringen.«
    »Oh, nur nicht so eilig, werte Gräfin. Im Gegensatz zu Helena wissen Sie wohl nicht, wie man einen Mann umgarnt?«
    »Seien Sie still!«
    Der Leibarzt ließ seinen Blick zur Tür schweifen. »Da hat Helena eine gute Partie gemacht, nicht wahr? Hätte ich ihr gar nicht zugetraut. Allenthalben ist es ganz schön mutig von ihr, ihren Gregor dem Blatternversuch zu unterziehen.«
    Aurelia blieb die Luft weg.
    »Allerdings ist der werte Graf bereits derart blind vor Liebe, dass er die Gefahr für sein Leben nicht mehr sieht. Aber die Liebe schrieb schon immer die besten Dramen, nicht wahr, werte Gräfin von Hohenstein?«
    »Warum lassen Sie Gregor in sein Unglück rennen? Warum verhindern Sie das nicht?«
    »Sollte ich ihn stattdessen wegen Fahnenflucht anzeigen? Wäre Ihnen das lieber?«

    Aurelia fixierte ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Wenn er den Versuch überlebt, würden Sie das doch ohnehin tun.«
    »Was Sie mir nicht alles zutrauen, werte Gräfin! Dabei könnte ich das junge Glück der beiden doch niemals zerstören. Diese Liebe, für die Helena dem Sohn eines bekannten Medicus’ ziemlich abrupt den Laufpass gegeben hat … Aber wer könnte ihr das verdenken? Helena von Herberstein klingt wirklich allemal besser als Helena Roth, finden Sie nicht auch?«
    »Helena war verlobt?«
    »Wohlan werte Gräfin, das wären Sie auch beinahe gewesen. Aber eben

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